Einmal mehr einzigartig
12.08.2025 Musik, BremgartenBremgarten tanzt und feiert
«Festival i de Marktgass» zieht rund 2500 Menschen in die Altstadt – schreibt aber Verlust
Trotz Konkurrenz aus nah und fern lockte das FIDM auch 2025 wieder zahlreiche Besucher in die Bremgarter Gassen. ...
Bremgarten tanzt und feiert
«Festival i de Marktgass» zieht rund 2500 Menschen in die Altstadt – schreibt aber Verlust
Trotz Konkurrenz aus nah und fern lockte das FIDM auch 2025 wieder zahlreiche Besucher in die Bremgarter Gassen.
Marco Huwyler
Noch am Freitagabend war Nico Schulthess optimistisch. Die Marktgasse war voll. Das Wetter stimmte. «Ich bin zuversichtlich, dass wir es dieses Mal schaffen.» Doch zwei Tage später muss der Programmverantwortliche konstatieren – es reicht auch dieses Jahr nicht zu einer schwarzen Null beim FIDM. «Das ist schade», sagt er. Denn ansonsten sei mal wieder vieles so gewesen, wie man sich dies im Vorfeld ausgemalt hat. Das «Festival i de Marktgass» (FIDM) war auch 2025 ein Ort der Begegnung. Ein Anlass, an dem sich verschiedene Generationen zu einem Musikfest treffen, das Raum für ganz verschiedene musikalische Stilrichtungen bietet.
Ein Ort der Begegnung
«Wir wollen ein solcher Berührungspunkt sein», sagt Schulthess. «Ein Ort, an dem Begegnungen hergestellt werden, zwischen der Schweizer Musikszene und einer Schweizer Kleinstadt.» Wobei Bremgarten für Schulthess natürlich nicht irgendeine Kleinstadt ist, sondern eine, die ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen vom OK sehr am Herzen liegt. Jetzt ist erst mal Durchschnaufen angesagt. Dann startet man einen neuen Anlauf im nächsten Jahr in Richtung schwarze Null.
Das «Festival i de Marktgass» (FIDM) verzaubert auch dieses Jahr ganz viele Menschen
Bremgartens Altstadt wurde am Wochenende zum Festivalgelände. Vor unvergleichlicher Kulisse steckten sich Künstler und Besucher gegenseitig an mit positivem Vibe und guter Laune. Damit sind die Veranstalter glücklich. Sorgen bereitet aber die finanzielle Schieflage.
Marco Huwyler
«Hunderttausende tanzen an Streetparade um Zürcher Seebecken.» So lautet die grosse Eventschlagzeile dieses Wochenendes. Die Züge Richtung Zürich sind proppenvoll. Und doch sind es nicht alle Feierlustigen, die den zweifelhaften Vergnügungs-Verlockungen aus dem Nachbarkanton erliegen. Einige Hundert nehmen den umgekehrten Weg. Und in Bremgarten selbst, weiss der Kenner selbstredend, dass es sich lohnt, hierzubleiben.
Das, was die Menschen im Städtli Anfang August jeweils erleben, ist zwar vielleicht nicht so ausgeflippt und schrill, aber umso wärmer und herzlicher. «Ich komme gerade aus Zürich. Doch ich muss euch ehrlich sagen – ich bin jetzt tausendmal lieber hier», sagte am Samstagabend «Davey 6000», ein Rapper, der als Sidekick von LCone zum ersten Mal überhaupt in Bremgarten weilte. Nun mag das ja ein Künstler standardmässig so sagen, wenn er irgendwo auftritt. Schliesslich will man jenen schmeicheln, die einen umjubeln sollen. Doch das Feedback an jener Stelle ist aufrichtig. «LCone hat es im Anschluss auch uns gegenüber nochmals wiederholt», lächelt Nico Schulthess, Programmverantwortlicher des FIDM. «Es ist immer besonders schön, das von den Künstlern selbst zu hören.» Denn die meisten, die beim FIDM auftreten, geniessen ihr Konzert in Bremgarten tatsächlich.
Musikalische Vielfalt
Die besondere Atmosphäre des ebenso besonderen Festivals inmitten der Altstadt verfehlte auch 2025 ihre Wirkung auf die Anwesenden nicht. Überall Lächeln in den Gesichtern. Familien, Jugendliche und ältere Semester, die Seite an Seite Teil eines fröhlichen und friedlichen Musikfestes sind. Eines überdies, das punkto musikalische Vielfalt besticht und so fast alle Geschmäcker bedient. Wobei es den meisten hier gar nicht so darauf ankommt, welche Stilrichtung auf einer der beiden Bühnen gerade zum Besten gegeben wird. «Man lässt sich darauf ein, auch wenn man manches noch nicht kennt», sagt Schulthess. Am FIDM geniesst der Gast bewusst auch das Entdecken und die Abwechslung – zumal diese bei der Musik nicht aufhört. Dank Festbänken, Foodständen und ergänzenden Angeboten ist das FIDM auch stets ein kleines Volksfest. Eines, für das entsprechend unterschiedlichste Besucher auf den Beinen sind.
10 000 Franken Defizit
Geschätzte 2500 Individuen versammelten sich am Freitag und Samstag in der Marktgasse. 1900 von ihnen haben für ihren Besuch am FIDM ein Bändeli gelöst, wie es der Fairness entspricht. «Das ist okay, aber nicht überragend», sagt Schulthess. Zumal das System mit drei unterschiedlichen Kaufpreisen nicht zu so viel Goodwill führte wie erhofft. Der freiwillige Höchstpreis mit dem Label «unterstützend», war abgeschlagen der am wenigsten gewählte. Zusammen mit dem Fakt, dass auch nicht so viel konsumiert wurde, wie erhofft und den organisatorischen Dienstleistungen rund um den Anlass, die auch auf dieses Jahr hin nochmals teurer geworden sind, resultiert aus der FIDM-Ausgabe 2025 ein Defizit von knapp 10 000 Franken. «Das ist natürlich nicht das, was wir uns erhofft haben», sagt Schulthess.
Immerhin sieht er das OK auf dem richtigen Weg. Denn im Vorjahr hatte das Defizit rund 30 000 Franken betragen Die eingeschlagenen Massnahmen haben sich also bewährt. «Auf nächstes Jahr hin müssen wir aber schauen, dass wir irgendwie wieder in die positiven Zahlen kommen.» Seit Corona war das beim FIDM nie mehr der Fall. Nur so können aber irgendwann jene privaten Darlehen zurückbezahlt werden, die das FIDM zuletzt über Wasser hielten. Und nur so ist gesichert, dass es das Bremgarter Festival auch weiterhin gibt.
Ein Heimkommen ...
Trotz finanzieller Schieflage denkt das OK aktuell indes nicht ans Aufgeben. Zu viel Herzblut steckt im FIDM. «Für mich ist es stets wie ein Heimkommen. Ein Teil meiner Identität», sagt Nico Schulthess. Eine Rückkehr auch zu seiner Mutter, die in der Altstadt lebt. Zu seinen Freunden im OK, die hier wohnen oder mal in der Region gewohnt haben und wie Schulthess für das FIDM jeweils zurückkommen. «Es ist wirklich ein grossartiges Team, das wir hier haben. Positive Menschen, die ähnlich ticken und dem Anlass so viel Energie und Charakter geben.» Das möchten weder Schulthess noch seine Gefährten missen. Und so nehmen sie den grossen Aufwand Jahr für Jahr auf sich, obwohl sie damit keinen Rappen verdienen. «Es sind die Emotionen, mit denen wir entlöhnt werden», sagt Schulthess. Letztlich tue man dies auch aus Liebe zu Bremgarten und den Menschen hier.
... auch für Musiker
Da geht es den Organisatoren im Übrigen wie «Annie Taylor». Die Rockband war Headliner am Freitagabend. Und Frontsängerin Gini Jungi stimmte irgendwann im Verlaufe des launigen Konzerts ein Liebeslied an. «Ein Liebeslied für Bremgarten». Seite an Seite mit ihrem Bassisten Michael Mutter, der hier in der Altstadt aufwuchs. Auch für ihn war es ein Heimkommen. Er genoss seinen Auftritt an alter Wirkungsstätte vollumfänglich. Und war damit in bester Gesellschaft an diesem einzigartigen Festival.