Eine Spende zum Abschluss
20.09.2024 BremgartenDer Verein «Gemeinsam und solidarisch Bremgarten» (GSB) löst sich auf
Der Verein GSB wurde während Corona gegründet, um in Zeiten von Kontakteinschränkungen und Lockdowns für Solidarität und willkommene Hilfe unter Nachbarn zu ...
Der Verein «Gemeinsam und solidarisch Bremgarten» (GSB) löst sich auf
Der Verein GSB wurde während Corona gegründet, um in Zeiten von Kontakteinschränkungen und Lockdowns für Solidarität und willkommene Hilfe unter Nachbarn zu sorgen. Glücklicherweise haben sich die Bedingungen geändert. Engagement brauchts zwar weiterhin – doch die Verantwortlichen haben sich entschieden, ihre Kräfte andernorts zu bündeln.
Marco Huwyler
Die Solidarität war beispiellos im Frühjahr 2020. Eine Bremgarter Facebook-Gruppe wurde gegründet, um während der Pandemie praktische Nachbarschaftshilfe im Alltag zu organisieren – und in kurzer Zeit meldeten sich 500 Freiwillige. «Die Hilfsbereitschaft unserer Mitmenschen war beeindruckend», sagt Stefan Dietrich. «Das hat mich damals berührt.»
Gemeinsam mit seinen Mitstreitern aus Bremgarten und Zufikon gründete er daraufhin den Verein «Gemeinsam und solidarisch Bremgarten». Bis zu 80 regelmässige freiwillige Helfer leisteten daraufhin durch die Corona-Seuchenzeit wertvolle Dienste in der Region. Vor allem für die damalige «Risikogruppe». Einkauf, Entsorgungen, Erledigungen, Gassi gehen mit dem Hund oder auch einmal einfach ein Gespräch – bei einem Maskentreffen oder telefonisch. All jene Dinge organisierte und koordinierte der GSB in der Region. Darüber hinaus lancierte man verschiedene Aktionen, an denen Spenden gesammelt wurden und die anderen sozialen Einrichtungen und Initiativen zugute kamen. Kurzum: der GSB war ein Vorzeigebeispiel für Solidarität und gelebte Gemeinschaft in schwierigen Zeiten. Und so wurde er auch wahrgenommen. Schweizweit gar. Unter anderem berichtete «10 vor 10» über die organisierte Bremgarter Nachbarschaftshilfe.
KISS statt GSB
Nun, wo Masken, Abstandsregeln und massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens glücklicherweise wie etwas aus längst vergangenen Schreckenszeiten anmuten, hat man schon länger nichts mehr vom GSB gehört. Der Verein war zuletzt ein wenig eingeschlafen. Das bestätigt auch Daniela Gamper, gemeinsam mit Dietrich beim GSB an vorderster Front dabei. Wie andere Mitglieder hatte sich Gamper zuletzt anderen Engagements zugewandt. Sie ist Co-Geschäftsleiterin von KISS Reusstal-Mutschellen. Und genau in jene Genossenschaft sollen die Ressourcen des GSB in Zukunft auch fliessen. «Denn im Grunde genommen ist KISS etwas Ähnliches wie der GSB in Nicht-Pandemie-Zeiten. Mit ganz anderen Möglichkeiten.» Schweizweit organisiert. Mit einem breiten Netzwerk, starker Verankerung und viel Knowhow. So sei KISS, während die Aktivitäten des GSB weniger wurden, wieder erblüht findet Gamper. «Man ist nach Corona förmlich aus einem Dornröschenschlaf erwacht und nimmt heute wieder eine wichtige und wahrgenommene Funktion punkto Nachbarschaftshilfe wahr», sagt sie. Auch Dietrich, ebenfalls KISS-Mitglied, will sich künftig dort noch mehr einbringen – und auch sein politisches Gewicht zugunsten der Anerkennung und Förderung der Genossenschaft einbringen.
Plattform vorerst gescheitert
In einer idealen Welt würde sich der GSB deshalb allerdings nicht aufzulösen brauchen. Denn sowohl Dietrich als auch Gamper sind davon überzeugt, dass der Verein auch heute noch eine wichtige Funktion einnehmen könnte. Denn als unabhängiger, unverbrauchter und unvoreingenommener sozialer Verein, der mit vielen anderen gemeinsame Sache machte, hat man gemerkt, wie viele verschiedene gute und löbliche Aktionen und Organisationen es in der Region gibt. Bloss an der überlokalen Koordination hapert es. Viele wissen nicht voneinander – und sprechen sich dementsprechend nicht untereinander ab. Ganz zu schweigen davon, dass auch die Zielgruppe bei Weitem nicht Kenntnis von allen Angeboten hat. «Hier wäre es wünschenswert, dass es eine zentrale Plattform gibt, wo alle Fäden zusammenlaufen», sagt Dietrich.
Innerhalb des GSB gab es deshalb Bemühungen, in der Post-Corona-Ära jene neue, wichtige Scharnierfunktion sein zu wollen. Zweimal hat der GSB in den vergangenen Monaten deshalb verschiedenste Freiwilligenorganisationen der Region zu Treffen geladen. «Die Resonanz und der Austausch waren super», sagt Dietrich. Bloss konnten die finanziellen und personellen Ressourcen für den Aufbau einer solchen Plattform vom GSB dann doch nicht gestemmt werden. Man war letztlich sogar weit davon entfernt. «Und so mussten wir der Realität ins Auge blicken und zugeben, dass das wohl vorerst nichts wird mit der Zukunft des GSB als zentrale Koordinationsstelle aller sozialen Einrichtungen und Projekte», sagt Gamper. Deshalb beschloss man, den Verein nun aufzulösen – und mit den verbliebenen Geldern stattdessen andernorts Gutes zu bewirken.
Mit dem Geld werden Eier gekauft
Zum Handkuss kommt bei der Auflösung des GSB die Organisation «Aufgetischt statt weggeworfen» (ASW), die wöchentlich in Oberlunkhofen und Bremgarten Lebensmittel vor dem Foodwaste rettet und an Bedürftige verteilt. «Wir haben die Organisation bereits einmal mit einer Spende unterstützt, gute Erfahrungen gemacht und finden ASW eine tolle Sache», sagt Gamper. Gemeinsam mit Dietrich überreichte sie deshalb gleichzeitig mit der Kommunikation der Auflösung des GSB einen Scheck an ASW, den man dort in der Person von Doris Peier gerne in Empfang nahm. «Wir werden davon wohl vor allem ergänzende Lebensmittel besorgen, die selten bei der bald ablaufenden Ware der Grossverteiler dabei sind, aber von unseren Bedürftigen sehr geschätzt werden», sagt Peier, Regionalleiterin des ASW. Sie denkt dabei vor allem an Eier. «Sie sind sehr gerne gesehen, weil sie relativ lange haltbar sind und von allen gemocht werden – unabhängig von Nationen und Religionen.» Mit den 1000 Franken, die der ASW vom GSB nun erhält, können die Gaben der Organisation eine ganze Weile aufgewertet werden.
Der Geist lebt hoffentlich weiter
Dietrich und Gamper engagieren sich derweil weiterhin für eine solidarische Bremgarter Gemeinschaft. Beim KISS und andernorts. «Es ist schön, dass der gute Gedanke, den wir damals hatten, zu einer so schönen Geschichte wie dem GSB geführt hat.» Der Verein mag nun Vergangenheit sein, aber die Hilfsbereitschaft und der Gemeinwille, anderen, die es brauchen, in schlechten Zeiten zu helfen, werden überdauern und sich andernorts wieder zeigen. Davon sind die beiden überzeugt.