Eine ganz andere Welt
03.11.2023 AristauAristau: Daniela Krucker macht Führungen im Bruno-Weber-Park – dem grössten Skulpturenpark des Landes
Er ist einer der ganz grossen Künstler der jüngsten Schweizer Geschichte. Sein Gesamtwerk ist im grössten Schweizer Skulpturenpark zu ...
Aristau: Daniela Krucker macht Führungen im Bruno-Weber-Park – dem grössten Skulpturenpark des Landes
Er ist einer der ganz grossen Künstler der jüngsten Schweizer Geschichte. Sein Gesamtwerk ist im grössten Schweizer Skulpturenpark zu sehen, im Bruno-Weber-Park in Dietikon und Spreitenbach. Daniela Krucker aus Aristau macht dort seit rund 20 Jahren Führungen und kannte den Künstler persönlich.
Annemarie Keusch
«Diese Schlange.» Daniela Krucker bleibt stehen. Das tut sie immer wieder. Über jedes einzelne Kunstwerk hat sie etwas zu erzählen. Über die Apérokatze, über den Vogel, in dem ein Grill integriert ist. «Es ist mehr als Kunst», sagt Daniela Krucker. Immer wieder sind es vor allem Kinder, die fasziniert sind vom Frosch, in dessen lange Arme ein Alphorn integriert ist. 15 000 Quadratmeter misst der Park, in dem Bruno Webers Gesamtkunstwerk ausgestellt ist. Die vielen kleinen Details, aber auch die riesigen Skulpturen. «Hier tauchen die Leute in eine andere Welt ein. Das ist immer wieder aufs Neue spürbar», sagt Daniela Krucker. Sie hat das schon oft erlebt, bei jeder einzelnen Führung.
20 Jahre sind vergangen, seit sie zufällig mit dem Bruno-Weber-Park in Verbindung kam. «Ich spielte beim grossen Freilichttheater ‹Der heilige Burkard und die bösen Weiber von Muri› mit. Dort lernte ich jemanden kennen, der hier Führungen macht», erzählt Daniela Krucker. Kurz danach folgte der erste Besuch im Skulpturenpark, die erste Begegnung mit Bruno Weber. «Die Sympathie war beidseitig gleich da. Viel Zeit verging nicht, bis zur ersten Führung», sagt sie. Mittlerweile sind diese Führungen selten geworden, Daniela Krucker hilft aus, wenn Not am Mann ist. Die Faszination für diesen Ort, diese Kunst aber, sie ist nach wie vor gross.
Bildende Kunst durch Weber erst kennengelernt
Bruno Webers bunte Welt möglichst vielen Leuten zeigen, das hat Daniela Krucker immer gefallen. «Er liebte die Architektur, Skulpturen, die Natur. Das alles ist hier spürbar.» Die Symbiose von Kunst und Natur ist es, die die Aristauerin an Webers Kunst besonders fasziniert. «Wenn ich hier bin, kann ich abschalten. Dann geht es mir gut.» Genau das beobachte sie auch bei den zahlreichen Gästen.
«Sein Credo war es immer, dass die Besucher bei einer Führung spätestens nach fünf Minuten im Park ein Lächeln im Gesicht haben. Das gelingt fast immer.» Und doch, bildende Kunst spielte in Daniela Kruckers Leben vorher keine Rolle. «Ich habe selber Musik gemacht», sagt sie, die einst Mitgründerin der Freiämter Formation «Ilsah» war. Mit drei anderen Frauen vereinte sie als «Spootzönder» Musik und Comedy auf der Bühne. «In die bildende Kunst bin ich erst hier richtig hineingewachsen.» Sie habe sich eingelesen und vor allem die vielen Gespräche mit Bruno Weber genutzt, um ihn und seine Kunst kennenzulernen und zu verstehen.
Vor Leute hinzustehen, sie mitzureissen, für Daniela Krucker war dies damals neu, wirklich schwer fiel es ihr aber nicht. «Wir Appenzeller sind generell gesellige Leute», sagt sie und lacht. Noch immer verrät ihr Dialekt ihre Herkunft, obwohl sie seit 35 Jahren in Aristau lebt. «Wir kamen zufällig ins Freiamt, als wir auf der Suche waren nach einem Eigenheim», sagt sie. Die Natur gefalle ihr besonders. «Und an den Nebel gewöhnt man sich.»
Auch die Rehbank in Muri ist sein Werk
Tristes Grau, das gibts im Skulpturenpark, der auf Spreitenbacher Boden liegt, kaum. Vielmehr dominieren starke Farben. Auch Daniela Krucker trägt immer Farbe, wenn sie hier ist. «Einmal kam ich in einer weissen Bluse und Bruno Weber sprach mich darauf an, gar keine Farbe zu tragen. Seither achte ich darauf», sagt sie. Und auch den Gürtel, dessen Schnalle er gestaltet hat, trägt sie immer, wenn sie hier ist. Es sind Erinnerungen an den 2011 verstorbenen Künstler, wie sie an ganz vielen Orten in der Schweiz, aber auch im Ausland stehen, Teil von Weltausstellungen waren. «Die Rehbank auf dem Klosterhof in Muri zum Beispiel ist von ihm», sagt Daniela Krucker.
Früher führte sie teilweise täglich Gruppen durch den Park. Schulklassen, Vereine, Kunststudentinnen und -studenten. «Die Bandbreite an Menschen, die gerne in Bruno Webers Kunst eintauchen, ist riesig.» Vor allem während der Pandemie boomten die Führungen. Auch jetzt ist das fünfköpfige Team gefordert. «Es ist schön, dass das Interesse nicht abreisst», sagt Daniela Krucker. Sie selber ist mittlerweile kürzergetreten. «Die Zeit fehlt», sagt sie, die sich im Kino Mansarde in Muri engagiert, ebenso in der Programmkommission der Volkshochschule Oberes Freiamt.
Laufend Restaurationen nötig
Antonio Gaudí in Spanien, Niki de Saint Phalle in Italien, Bruno Weber in der Schweiz. Ihre Pärke sind drei Gesamtkunstwerke. Dass der grösste Skulpturenpark des Landes seine Kunst erlebbar macht, «das ist sehr wichtig». Hier könne man Bruno Webers Geist, seine Kreativität spüren, die Kombination von Kunst und Natur, die auch ihr so gefällt. «Was mich zudem fasziniert, ist die Zeitlosigkeit», sagt Krucker. Die Aktualität gehe nie verloren. Noch immer kommen Studentinnen und Studenten aus halb Europa hierhin, um in Bruno Webers Werk einzutauchen. Ein indischer Architekt, der nur zwei Tage in der Schweiz weilte, wollte kürzlich unbedingt den Park besuchen.
Aber obwohl Bruno Weber Patina mochte, braucht sein Gesamtkunstwerk Pflege, aktuell hat beispielsweise die Schlangenbrücke eine Restauration nötig. Daniela Krucker weiss, dass der Aufwand dafür gross ist, die Kosten ebenso. «Aber dieser Park ist es mehr als wert, erhalten zu werden», sagt sie. Allein schon das grosse Besucherinteresse beweise dies. Und die Veränderung, die sie bei allen Gästen schon nach kürzester Zeit feststelle, die Entspannung, die Faszination, ebenso.