Ein wegweisender Herbst
31.12.2024 BremgartenPolitrückblick: Wie Bremgarten im Oktober und November Weichen stellte
Gleich zweimal war das Casino diesen Herbst wegen Gemeindeversammlungen proppenvoll. Die BNO, Steuern und Grossprojekte – der Souverän fällte einige Entscheidungen mit viel ...
Politrückblick: Wie Bremgarten im Oktober und November Weichen stellte
Gleich zweimal war das Casino diesen Herbst wegen Gemeindeversammlungen proppenvoll. Die BNO, Steuern und Grossprojekte – der Souverän fällte einige Entscheidungen mit viel Gewicht.
Der politisch aktive Ortsbürger Bremgartens erlebte diesen Herbst den maximalen Kontrast. Die ganze Bandbreite, wie Gemeindeversammlungen nun mal so so sein können. Am 19. November war man an der Ortsbürger- «Gmeind» unter sich. Viel Platz, ein Getränk vor sich auf ausladenden, hübsch gedeckten Tischen mit Respektsabstand zum Nachbarn. Eine gemütliche Tafelrunde fast, an der man das Geschäftliche rasch hinter sich brachte.
Ein paar Tage davor und danach aber erlebte man im Casino an ausserordentlichen und ordentlichen Einwohnergemeindeversammlungen das Gegenteil. Ein proppenvolles, eng bestuhltes Veranstaltungslokal, wo stundenlang diskutiert, debattiert und informiert wurde. Wobei das nicht nur daran lag, dass es ungleich mehr Einwohner als Ortsbürger gibt. Sondern vor allem daran, dass das zu Entscheidende ungleich brisanter war.
Erfolg für Stadtrat
Sieben Jahre lang hatten Experten, Anspruchsgruppen, Stadtrat und Kanton an einem neuen Regelwerk gearbeitet, das die Spielregeln für die Raumentwicklung auf städtischem Boden – und damit den Gestaltungsrahmen der Zukunft festlegt. Rückschläge (verlorene Abstimmung Teilrevision Oberebene), Gesetzesänderungen und Teilhabe der Bevölkerung inklusive. Vor der ausserordentlichen «Gmeind» am 24. Oktober hatten die Verantwortlichen deshalb verständlicherweise ein wenig Muffensausen.
Mit einer Kommunikationsoffensive sondergleichen (eigens dafür konzipierte Website, Presseinfos, Informationsveranstaltungen) versuchte man deshalb im Vorfeld Widerstände zu antizipieren und ernst zu nehmen, damit der Gegenwind am Tag der Entscheidung möglichst klein ist. Und – die Rechnung ging auf. Trotz Diskussionen und Änderungsanträgen war die finale Abstimmung schliesslich eine klare Sache. Mit 260 Ja- zu bloss 29-Nein-Stimmen verabschiedete der Souverän die neue BNO. Ein wichtiges Geschäft und Legislaturziel hatte der Stadtrat damit bereits vor der regulären Gemeindeversammlung durchgebracht.
Angespannte Finanzlage
Gross danach die Erleichterung beim Stadtrat. Doch komplette Entspannung dürfte sich wohl bei keinem der fünf Ratsmitglieder eingestellt haben. Denn das Gremium wusste da natürlich bereits, was man den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern rund einen Monat später würde zumuten müssen. Die Stadtfinanzen sind angespannt – und blieben dies auch nach einer Steuererhöhung um drei Prozent auf dieses Jahr hin. Ständig steigende gebundene Ausgaben, stagnierende Steuereinnahmen und ein grösserer Investitionsstau führen dazu, dass weitere Steuererhöhungen im Städtli unausweichlich sind.
Die Ankündigung, auf nächstes Jahr den Steuerfuss um sieben Prozentpunkte auf 104 Prozent anheben zu wollen, führte deshalb zwar zu einem Raunen im Städtli – aber nicht zu nennenswertem Widerstand. Selbst traditionell und in Vergangenheit Steuererhöhungen gegenüber kritisch eingestellte Ortsparteien wie die FDP und die SVP verzichteten auf Opposition. Und so wird die Abstimmung fürs Budget 2025 mit höherem Steuerfuss eine klare Sache. Von 347 Stimmberechtigten stimmen bloss 48 gegen die geplante Steuererhöhung.
Keine neue Sportanlage
Der schiefe Stadthaushalt führt aber trotzdem zu einer vorläufigen Ablehnung, die der Stadtrat als Niederlage verbuchen muss und der die Betroffenen schmerzt. Der Planungskredit für die Sportanlage Bärenmatte wird am Abend des 28. November im Zuge der Stimmung irgendwo den Sparhebel ansetzen zu müssen, nicht gesprochen.
Stattdessen wird das Grossprojekt mit einer neuen Dreifachturnhalle, Parkhaus und neuem Kunstrasen per angenommenem Rückweisungsantrag auf unbestimmte Zeit zurückgestellt. Aus finanzpolitischer Sicht wohl richtig. Und doch trifft es jene, die für den Investitionsstau und das wachsende Stadtdefizit am wenigsten können. Die Bremgarter Kinder, welche damit weiterhin in einer veralteten, ausgelasteten Infrastruktur Sport betreiben müssen. Auch der grösste Bremgarter Verein ist von der Rückweisung seiner neuen Heimat stark tangiert. Weshalb der FCB-Präsident im Anschluss frustriert von einem «Entscheid gegen die Jugend» spricht (vgl. BBA vom 17.12.).
Vieles im Gange
Während auf der Bärenmatte Stagnation herrscht, geht es derweil andernorts vorwärts. Hermetschwil-Staffeln erhält bis in drei Jahren ein komplett neues Schulhaus. Die Mauer vor der berühmten Bremgarter Skyline wird im kommenden Jahr aufwendig saniert. Und die Schulraumplanung 2035 wird mit Hochdruck vorangetrieben. Alles Weichenstellungen, welche der Souverän mit seinem Ja zu entsprechenden Traktanden diesen Herbst aufgleiste.
Inwiefern und mit welchem Geld diese und weitere Projekte vorangetrieben werden können, wird 2025 zeigen. Für den Stadtrat steht allerdings bereits heute fest, dass dies nur über weitere Steuererhöhungen möglich sein wird. Ein entsprechender Antrag wird nächsten Herbst wohl wieder folgen. Womit bereits jetzt klar scheint, dass auch dieser wieder politisch äusserst interessant werden dürfte. Zumal in jenen Wochen auch noch die Stadtrats-Gesamterneuerungswahlen anstehen. --huy