Ein leiser Abgang
28.07.2023 BremgartenRücktritt im Stadtrat
Theo Rau verlässt die Bremgarter Regierung
In Bremgarten kommt es im November zu einer Ersatzwahl um einen Stadtratssitz. Nach acht Jahren sieht Mitte-Politiker Theo Rau den Zeitpunkt für seinen Abgang ...
Rücktritt im Stadtrat
Theo Rau verlässt die Bremgarter Regierung
In Bremgarten kommt es im November zu einer Ersatzwahl um einen Stadtratssitz. Nach acht Jahren sieht Mitte-Politiker Theo Rau den Zeitpunkt für seinen Abgang gekommen.
In der Halbzeit der laufenden Legislatur kommt es in der Bremgarter Regierung zu einem Wechsel. Mitte-Stadtrat Theo Rau hat seinen Rücktritt per Ende Jahr angekündigt. Damit verlässt ein Stadtratsmitglied das Kollegium, das nie für laute Töne bekannt gewesen ist. Rau wird von Kollegen, Weggefährten und Mitstreitern als stiller Schaffer bezeichnet, der sich selbst nie in den Vordergrund stellen wollte. «Ich verstand das Amt immer als Dienst an die Menschen in Bremgarten», sagt der 68-Jährige, der sich in Zukunft vermehrt seiner Familie und seinen Hobbys widmen möchte.
Der frühzeitige Abgang Raus ist in Absprache mit dem Kollegium und seiner Partei erfolgt. Rau möchte damit einer zahlenmässig geballten Vakanz im Bremgarter Stadtrat im Hinblick auf die kommenden Gesamterneuerungswahlen vorbeugen. Ein neues Regierungsmitglied soll zwei Jahre lang die Gelegenheit erhalten, sich im Rahmen des eingespielten Gremiums in die Materie einzuarbeiten. --huy
Theo Rau (Die Mitte) tritt Ende Jahr als Stadtrat zurück
Nach acht Jahren in der Bremgarter Regierung nimmt Theo Rau am Ende dieses Jahres den Hut. Damit kommt es im November zu einer Ersatzwahl im Bremgarter Stadtrat.
Marco Huwyler
Die Art, wie er abtritt, passt irgendwie zu Theo Rau. Während andere solche Ereignisse öffentlichkeitswirksam zu inszenieren wissen, sich in bedeutungsschwangeren Worten zitieren lassen und ausschweifend auf das Erreichte in der Amtszeit zurückblicken, beschränkt sich die Bekanntgabe des Rücktritts von Rau auf ein dünnes Communiqué von ein paar wenigen Sätzen. Das Schreiben kommt ohne Wortmeldung des Betreffenden aus. Der Rücktritt erfolgt mitten in den Sommerferien. Eine ruhige Zeit, die auch Rau selbst gerade für eine wohlverdiente Auszeit nutzt.
Wir erreichen ihn schliesslich in London. «Die Welt dreht sich nicht um den Bremgarter Stadtrat», lacht er am Telefon. «Deshalb braucht es kein grosses Aufsehen um den Rücktritt. Trotz meiner Abwesenheit war nun der richtige Zeitpunkt für die Bekanntgabe.» Denn der Kanton habe den Erhalt und die formale Gültigkeit des Rücktrittsschreibens in diesen Tagen bestätigt. «Das Ganze bis nach den Ferien unter Verschluss zu halten, hätte keinen Sinn gemacht. Weshalb auch?»
Das Lob des Ammanns
Theo Rau hat sein Amt als Bremgarter Stadtrat im Januar 2016 angetreten. Damals trat er die Nachfolge von Bernadette Sutter an und übernahm von ihr das Ressort Soziales und Gesundheit. Wenn er im Januar 2024 abtritt, wird Rau auf acht Jahre im Gremium zurückblicken. Und doch wird sich die Bevölkerung an wenig Haftbares von seiner Person zurückerinnern. Für die breite Öffentlichkeit war Rau selten wirklich greifund spürbar. Seine spärlichen öffentlichen Auftritte stets nüchtern und sachlich. Durch grosses Brimborium und markige Worte ist er nie aufgefallen. Das Repräsentative, das ja auch zu den Aufgaben eines Stadtrats gehört, war nie das seine. Wenn zu derlei Zweck an irgendeinem Anlass anwesend, dann überliess er die Reden anderen.
Intern aber war Rau nicht bloss ein Mauerblümchen, sondern hat durchaus Spuren hinterlassen. Die Einführung und Etablierung der Tagesstrukturen in Bremgarten etwa. Die Neubesetzung der Leitung des KESD, an der er mitwirkte. Oder das Vorantreiben der Modernisierung und Umgestaltung der Regionalen Alterszentren Bärenmatt und Burkertsmatt.
Für Stadtammann Raymond Tellenbach ist klar, dass Rau Fussstapfen hinterlässt, die nicht so mir nichts dir nichts wieder ausgefüllt werden dürften. «Er hat sich durch akribische Arbeit über die Jahre ein grosses spezifisches Wissen und viel Kompetenz angeeignet. Der Abgang von diesem Know-how wird sicherlich eine Weile schmerzen», sagt er. «Hinzu kommt seine Dossiersicherheit, sein guter Umgang mit Zahlen, die stets verantwortungsvolle Budgetierung und sein konsensorientiertes Wesen als Teamplayer, das die Arbeit mit ihm für den ganzen Stadtrat und die Verwaltung immer sehr angenehm machte.»
Auch darüber hinaus schätzt Tellenbach seinen Kollegen persönlich sehr. «Theo kann zuhören und analysieren, bevor er selbst mit Sprechen beginnt. Unter den Politikern ist das keine Selbstverständlichkeit», lacht der Stadtammann. «Zudem besitzt er einen feinen Humor. Oft schwingt bei ihm eine angenehme Prise Ironie mit, die vieles entkrampft. Theos Art werden wir im Stadtrat auf jeden Fall vermissen.»
Zum Wohle des Gremiums
Dass Rau nun mitten in der Legislatur zurücktritt, hat nur am Rande mit Amtsmüdigkeit zu tun. «Letztlich war es ein rationaler Entscheid, der über Monate in mir gereift ist und bereits seit einiger Zeit feststeht», sagt der Mitte-Politiker. Wenn es nur um seine Person gegangen wäre, dann hätte er wohl die Amtsperiode beendet. «Denn die Arbeit mache ich bis heute gerne für Bremgarten.»
Dass er dennoch vorzeitig abtritt, habe vielmehr mit der Konstellation im Gremium zu tun. «Neben mir gibt es noch andere Stadträte, die zur nächsten Legislatur nicht mehr antreten dürften (Raymond Tellenbach und Doris Stöckli, Anm. d. Red.)», sagt Rau. «Und ich bin davon überzeugt, dass es für ein Gremium nicht gut wäre, wenn gleich ein Grossteil davon auf einen Schlag neu besetzt werden müsste.» Durch seinen Rücktritt werde es nun voraussichtlich möglich, einen weiteren etablierten und in der Sache sattelfesten Stadtrat für die Gesamterneuerungswahlen 2026 antreten zu lassen, der seine Sporen in einem eingespielten Gremium bereits zwei Jahre lang abverdienen konnte. «Für die Stabilität Bremgartens ist das wichtig», zeigt sich Rau überzeugt.
Partei vorbereitet
Sowohl mit dem Stadtrat als auch mit seiner eigenen Partei hat der Mitte-Politiker seinen Rücktritt abgesprochen. «Wir werden auf jeden Fall nicht auf dem falschen Fuss erwischt», sagt Karin Koch Wick. Auch für die Bremgarter Mitte-Co-Präsidentin ist der Abgang von Rau durchaus ein Verlust. «Unser Austausch war immer gut und angenehm», sagt sie. «Soweit ich das von aussen beurteilen kann, hatte Theo sein Departement stets im Griff. Wenn Gesundheit und Soziales wenig Schlagzeilen macht, ist das in der Regel ein gutes Zeichen.»
Mit wem die Mitte die entstandene Lücke schliessen will, soll wohlüberlegt sein. «Natürlich werden wir versuchen, unseren einzigen Stadtratssitz zu halten, und einen Kandidaten stellen», sagt Koch Wick. Gedanken über die Besetzung habe man sich dank der Transparenz Raus schon seit Längerem gemacht. «Wir haben Optionen. Konkrete Namen kann ich aber erst nach unserer Nominationsversammlung bekannt geben, die wir in den nächsten Tagen einberufen werden.»
Kampfwahl wahrscheinlich
Koch Wick erwartet nicht, dass die Mitte die einzige Partei sein wird, die sich um den frei werdenden Sitz bemüht. «Auch wenn wir darauf aus unserer Sicht einen berechtigten Anspruch haben, sind Gegenkandidaturen natürlich legitim.» Zu erwarten dürfte eine solche zum Beispiel aus der Ecke der GLP sein. Deren Ortspartei-Co-Präsident Sandro Schmid war bereits an den letzten Gesamterneuerungswahlen angetreten und verpasste damals die Wahl als Fünftplatzierter hinter den Amtierenden nur sehr knapp. Lediglich 176 Stimmen fehlten damals auf Theo Rau. Gegen einen unbekannten neuen Kandidaten dürfte er sich daher berechtigte Chancen ausmalen.
Ebenso dürfte man sich aufseiten der SVP gut überlegen, ob man die Gelegenheit nutzen möchte, einen neuen Anlauf Richtung bürgerlichen Sitz in der Bremgarter Regierung zu unternehmen.
Kleiner Erfolg zum Abschluss?
Die Ersatzwahl wird aller Voraussicht nach auf den November dieses Jahres terminiert. Aufgrund der National- und Ständeratswahlen ist der übliche Termin Ende Oktober bereits anderweitig besetzt.
Theo Rau freut sich derweil nach seinen Ferien auf den Endspurt im Bremgarter Stadtrat. «Ich hoffe, dass wir bis zum Ende meiner Amtszeit noch die Baueingabe fürs Alterszentrum Bärenmatt einreichen können. Das wäre ein schöner Abschluss.» Falls nicht, wäre dies für den 68-Jährigen aber kein Beinbruch. «Wichtiger ist, dass sich die Arbeit im Hintergrund auf dem richtigen Weg befindet», sagt er. Wenn sich diese erst in den kommenden Jahren für seinen Nachfolger bezahlt mache, dann sei es eben so. Schliesslich würde dies auch fast besser zu Theo Rau passen.