«Ein Kilo Sägemehl gefressen»
12.08.2025 Sport, SchwingenSchwingen, Nordwestschweizerisches: Zwei Kränze, ein Glanzauftritt von Pascal Joho und das Scheitern von Jonas Wüthrich
Joel Strebel verpasst im letzten Gang einen Spitzenplatz und Pascal Joho schwingt sich luftig zum Kranzgewinn. Das NWS-Teilverbandsfest in ...
Schwingen, Nordwestschweizerisches: Zwei Kränze, ein Glanzauftritt von Pascal Joho und das Scheitern von Jonas Wüthrich
Joel Strebel verpasst im letzten Gang einen Spitzenplatz und Pascal Joho schwingt sich luftig zum Kranzgewinn. Das NWS-Teilverbandsfest in Lenzburg ist für die Freiämter erfolgreich. Jedoch verpasst Jonas Wüthrich sein Ziel deutlich.
Stefan Sprenger
«Ich bin jetzt ein Migroskind», sagt Pascal Joho lachend. Er hat sich im Gabentempel einen Gutschein über 1000 Franken von der Migros geholt. «Ein Lebendpreis wäre noch geiler gewesen», so der 21-Jährige. Dazu fehlt am Ende nur wenig. Fünf Lebendpreise gibt es am Nordwestschweizerischen zu holen. Joho, auf Rang 4c (57.25 Punkte) klassiert, darf als siebter Schwinger in den Gabentempel einlaufen. Vor ihm sind nur Eidgenossen klassiert – und die sahnen sich natürlich die Lebendpreise ab.
Nur Ott und Staudenmann sind zu stark für Joho
Pascal Joho zeigt eine Glanzleistung. Der Teilverbandskranzer holt sich vier Mal die Maximalnote ab. Er schwingt, wie er ist. Locker, kraftvoll, spassig. Und das alles trotz eher schwieriger Vorgeschichte. Ende Juni hat er sich zum zweiten Mal in seiner jungen Karriere die Schulter ausgekugelt. «Die Heilung verlief bestens», sagt der Versicherungskaufmann. Ende Juli startet er mit dem Schwingtraining und entscheidet sich dann für den Start am Nordwestschweizerischen in Lenzburg. Sein Fazit: «Schulter gehalten. Kranz gemacht. Freude gehabt. Ziel erreicht.»
Er sei «absolut zufrieden», wie der Sarmenstorfer sagt. In Lenzburg kennt er viele Gesichter, natürlich sind viele Freiämter vor Ort. Und die Arena dreht auf, als er bereits im 2. Gang gegen den späteren Festsieger Damian Ott antreten darf. «Der ist enorm unangenehm. Gegen Ott habe ich absolut nicht gerne geschwungen. Deshalb war der Gang auch relativ schnell vorbei», sagt Joho. Ott gewinnt – und Joho atmet Sägemehl ein, als er sich über die Brücke retten will. «Ich habe ein Kilo Sägemehl gefressen», meint er. Im 4. Gang kriegt er mit Fabian Staudenmann erneut einen Gast – und erneut ein grobes Kaliber. Doch dieses Mal ist es ein richtiger Fight. Joho wehrt sich stark, das Publikum feuert ihn an. «Gegen Staudenmann habe ich mich einiges wohler gefühlt, doch irgendwann haben mich die Kräfte verlassen und ich habe verloren.» Mit Ott und Staudenmann kriegt Joho zwei der gröbsten Brocken am NWS-Fest zugeteilt. Irgendwie eine Ehre. «Gegen zwei Königsanwärter anzutreten am selben Fest ist doch cool. Ich hätte gerne einen gestellt – aber die Enttäuschung hält sich in Grenzen», sagt Joho, der sich seinen dritten Kranz in dieser Saison holt.
Joel Strebel: «Einen von beiden muss ich nehmen»
Ebenfalls seinen dritten Kranz holt sich Joel Strebel aus Aristau. Der Eidgenosse muss im 1. Gang gegen Fabian Staudenmann antreten. Er greift an, der starke Berner Gast «spickt ihn raus» und gewinnt. «Das hat genervt. Aber es ging weiter», sagt Strebel. Danach holt er sich vier Siege, drei Mal mit der Maximalnote. Im 6. Gang geht es gegen einen weiteren Eidgenossen: Adrian Walther. Der Freiämter holt sich in der Startphase fast den Sieg, doch Walther kann sich retten. Strebel verliert danach auch dieses Duell. «Staudenmann oder Walther – einen von beiden muss ich nehmen», meint er. Mit 56.75 Punkten landet er auf Rang 6e. «Ich bin gesund, ich habe den Kranz, es war ein tolles Fest bei bestem Wetter. Deshalb bin ich zufrieden.» Am Kranz schnuppert auch Philip Joho. Der Sarmenstorfer holt sich drei Siege und verliert gegen die beiden Eidgenossen Lars Voggensperger und Adrian Odermatt. Im letzten Gang hat er gegen den Kranzer Timo Gisler die Chance auf den Kranz – falls er mit der Maximalnote gewinnen würde. Doch Joho stellt und beendet das Fest mit 55.75 Punkten auf Rang 9d. Ordentlich. Aber es wäre wohl mehr drin gelegen. «Es war ein toller Tag, ich freue mich für meinen Bruder Pascal, es lief mir nicht so schlecht. Ich bin im Grossen und Ganzen zufrieden», so Philip Joho.
Enttäuschend ist Jonas Wüthrich aus Waltenschwil. Mit einer starken Leistung wollte er sich einen Platz am Eidgenössischen Ende August sichern.
Er holt sich drei Siege und drei Niederlagen (zwei davon gegen Kranzer). Zu wenig. «Leistung ungenügend. In den wichtigen Gängen konnte ich nicht liefern», sagt der 22-Jährige selbstkritisch. Die Gründe sind für ihn klar. «Es war vor allem leichtsinniges Handeln. In den wichtigen Duellen im 2. und 5. Gang wollte ich am Ende unbedingt und irgendwie den Sieg. Doch ich habe nicht sauber angegriffen und bin in den Konter gelaufen und habe verloren.» Bitter und unglücklich: Den 2. Gang verliert er gleichzeitig mit dem «Stopp» des Kampfrichters, den 5. Gang 10 Sekunden vor Schluss. Wüthrich darf aber weiter auf seinen Bubentraum hoffen. Er ist erster Ersatz beim Eidgenössischen in Mollis.
ESAF-Selektion
21 Jahre alt und schon beim zweiten Eidgenössischen dabei: Pascal Joho ist selektioniert für das ESAF in Mollis. Ebenso sein Bruder Philip (23). Nebst den Sarmenstorfer Brüdern ist natürlich auch Eidgenosse Joel Strebel am Schwing-Höhepunkt Ende August dabei. Jonas Wüthrich (Waltenschwil) wäre erster Ersatz. Der Nordwestschweizer Schwingverband hat die Selektion nach dem NWS-Fest bekannt geben. 30 Schwinger sind selektioniert, 15 davon aus dem Kanton Aargau. Total sind 274 Schwinger am ESAF.
«Ein tolles Fest»
OK-Vizepräsident Martin Buchmann
5500 Zuschauer, bestes Wetter. Das «Nordwestschweizerische» in Lenzburg lief bestens. Martin Buchmann zieht Bilanz.
Buchmann ist ein halber Freiämter. Seine Frau stammt ursprünglich aus Wohlen, er arbeitete in Villmergen und spielte beim TV Wohlen vor 20 Jahren Handball. Heute ist er Präsident des SK Lenzburg und Vizepräsident des Teilverbandsfestes vom letzten Sonntag. Am Montagmorgen sagt Buchmann: «Heute früh sind alle Helfer mit einem lachenden Gesicht zum Abbau gekommen. Das zeigt, wie toll es war. Egal ob Besucher, Schwinger oder das OK – ich glaube, es erlebten alle ein tolles, friedliches und reibungsloses Fest. Die Feedbacks sind bislang alle positiv.»
Von einigen Schwingern war zu hören, der Gabentempel sei nicht ganz so üppig wie an anderen Teilverbandsfesten. Buchmann: «Wir haben fünf Lebendpreise, normalerweise sind es weniger. Der Gabentempel hat einen Wert von 130 000 Franken. Ich glaube, das ist üppig genug.»
Mit Nick Alpiger stand der Lokalmatador und Klubmitglied des SK Lenzburg im Schlussgang, den er gegen Damian Ott verlor. «Er hätte es so gerne gewonnen. Umso erstaunlicher, dass Nick nur wenige Minuten nach der Siegerehrung in Arbeitsmontur in der Arena steht und gemeinsam mit allen Klubmitgliedern beginnt aufzuräumen. Das war für mich der Moment des ganzen Schwingfestes, einfach sackstark», sagt Martin Buchmann (dessen Sohn Moritz übrigens die ESAF-Selektion schaffte).
Alles klappte gut, selbst das Bankett zur Mittagszeit für total 1200 Menschen hat funktioniert. «Es war ein Haufen Arbeit, aber es hat sich gelohnt», so Buchmann. --spr