Die Hoffnung nicht verlieren
25.02.2025 Mutschellen, WidenAn das Gute glauben
Das «Gebet für den Frieden» schenkt Hoffnung
Seit exakt drei Jahren versucht Russland, sein Nachbarland Ukraine gewaltsam unter seine Kontrolle zu bringen. Kurz nach dem russischen Überfall wurde in Widen ein ...
An das Gute glauben
Das «Gebet für den Frieden» schenkt Hoffnung
Seit exakt drei Jahren versucht Russland, sein Nachbarland Ukraine gewaltsam unter seine Kontrolle zu bringen. Kurz nach dem russischen Überfall wurde in Widen ein Mahnfeuer für den Frieden angezündet. Daraus wuchs das «Gebet für den Frieden», welches jeweils am Dienstagabend an wechselnden Orten in Bremgarten, Zufikon, dem Mutschellen oder im Kelleramt durchgeführt wird. Hier treffen sich Menschen, um ihre Ängste und Sorgen vor dem Krieg zu formulieren und um all derer zu gedenken, denen es schlechter als ihnen geht. Gemeinsam stärken sie sich in der Hoffnung, dass Frieden möglich ist. --rwi
Seit fast drei Jahren treffen sich jede Woche Menschen an verschiedenen Ort für das «Gebet für den Frieden»
Gestern vor drei Jahren begann der russische Überfall auf die Ukraine. Bereits ein paar Tage später fand in Widen eine Mahnwache für Frieden statt. Daraus ist ein wöchentliches «Gebet für den Frieden» geworden, das jedes Mal an einem anderen Ort in Bremgarten, auf dem Mutschellen oder im Kelleramt stattfindet. Die Redaktion besuchte eines.
Roger Wetli
Die Stimmung in der katholischen Kirche in Rudolfstetten ist freundlich, demütig und schon fast fröhlich. Und dies trotz des schweren Themas, wieso sich an diesem Dienstagabend rund 15 Personen treffen. Drei Kerzen brennen in der dunklen Kirche. Bald sollten noch mehr leuchten.
In Worte fassen
«Ich bin manchmal sehr ratlos», erklärt eine Frau. Sie hat soeben eine Kerze angezündet und versucht, ihre Angst in Worte zu fassen. «Als Kind habe ich erfahren, wie die Russen Länder überfallen haben. Seit drei Jahren geschieht dies wieder. Wo führt das hin?» Sie wünsche sich, dass Europa zusammenrücke. Diese Worte formuliert die Frau, nachdem Mitinitiantin Marie Eve Morf die Teilnehmenden am «Gebet für den Frieden» um einen Moment der Stille gebeten hatte. Zuvor zündete sie je drei Kerzen im Namen der Dreifaltigkeit an. Morf sang mit den Anwesenden und las einen Text der Hoffnung. «Herr, öffne unsere Augen, unsere Ohren und Herzen. Hilf uns, dass wir uns nicht weigern, die Schwachen und Armen zu verteidigen, weil wir den Zorn der Starken und Reichen fürchten.» Jetzt gerade würden Pläne für die Ukraine von einzelnen Regierungen geschmiedet. «Wir bitten um einen gerechten Frieden weltweit in den mit Schmerz gefluteten Gebieten.»
Die Teilnehmer singen das bekannte Lied «Kumbaya, My Lord». Der wohlige Klang vermischt sich mit den eigenen Gedanken und sorgt für ein Streicheln der Seele. In der danach angeleiteten Stille werden Gedanken gesponnen. «Ich bete für die Personen, die in den Kriegsgebieten entscheiden dürfen. Ich bete, dass sie diese Entscheidungen in einem Geist der Ehrfurcht füreinander und die Menschen fällen», formuliert es eine Frau und zündet dazu eine Kerze an. Eine andere Person bittet für all die Personen, die nicht bitten. «Mach diesen Kriegen ein Ende», formuliert ein Anwesender. «Gib allen Soldaten, die einen Krieg ausüben, den sie nicht wollen, die Möglichkeit, nach Hause zu gehen und mit ihren schrecklichen Erlebnissen zurechtzukommen.» Ein weiterer Anwesender denkt an all die kleinen Kriege, die man tagtäglich führt. «Sorg dafür, dass wir Frieden schliessen.»
Das gemeinsame «Vaterunser» transportiert all diese Bitten in den Raum und die Welt hinaus. Das «Gebet für den Frieden» ist zu Ende. Die Anwesenden reden noch ein wenig miteinander. Dann ziehen sie davon. «Ich nehme an diesem Gebet so oft wie möglich teil», erklärt ein Mann. «Es tut mir gut. Was aktuell auf der Welt geschieht, macht mich sprachlos. Hier kann ich meine Sorgen mit anderen teilen und einem grossen Du abgeben.» Auch Marie Eve Morf ist zufrieden. «Mir bedeuten diese Anlässe viel. Es ist eine unkomplizierte Möglichkeit, zusammenzustehen und zu merken, dass man nicht allein an das Gute glaubt.»
Ende nicht in Sicht
«Gebet für den Frieden» soll so lange wie nötig durchgeführt werden
Seit fast drei Jahren laden der Pastoralraum am Mutschellen, der Pastoralraum Reusstal-Bremgarten und die reformierte Kirche Bremgarten-Mutschellen zum «Gebet für den Frieden» ein. Dieser findet jedes Mal an einem anderen Ort in Bremgarten, im Kelleramt oder auf dem Mutschellen statt. «Es kommen meistens zwischen 10 und 18 Personen», weiss Monika Kern von der reformierten Kirche. Sie initiierte zusammen mit Ruedi Bertschi und Barbara und Robert Weinbuch ab März 2022 die ersten Mahnwachen. Damals standen alle um ein Feuer herum. «Marie Eve Morf und Jacqueline Villiger übernahmen den Anlass», schaut Monika Kern zurück: «Die Motivation war, etwas gegen die Machtlosigkeit zu tun, die dieser Angriff Russlands ausgelöst hat. Der zweite Grund ist, die geflüchteten Menschen, die wir auch kennengelernt haben, moralisch zu unterstützen und mit ihnen zu beten», so Kern.
Auch Jaqueline Villiger empfindet, das «Gebet für den Frieden» als stärkend. Besonders berührt die drei Frauen, wenn am Anlass Ukrainer auftauchen. Jacqueline Villiger und Marie Eve Morf möchten dafür sorgen, dass dieses «Gebet für den Frieden» nicht einschläft. Morf wünscht sich, dass sie an jedem Ort eine Person finden, welche das «Gebet für den Frieden» vorbereitet. «Es muss nicht aufwendig sein.»
Einig sind sich die Initiantinnen darin, dass sie es aufgrund der aktuellen Weltlage wohl noch länger durchführen werden. Villiger ist dankbar: «Es gab schon Momente, in denen ich mich fragte, ob überhaupt jemand kommen würde, weil die Menschen genug hatten von diesen Kriegen – und in solchen Momenten hatten wir jedes Mal erheblich mehr Teilnehmende als sonst.» --rwi