Die Gunst der Stunde
08.08.2025 Bremgarten, BaugewerbeWas hinter dem aktuellen Bauprojekt vor der Altstadt steckt
Seit Ende Juni wird zu Fusse des Spittelturms emsig gearbeitet. Es ist ein Tiefbauprojekt mit vier beteiligten Parteien, das hier Verwirklichung findet. Anstoss und Zentrum des Ganzen: das «Bijou», ...
Was hinter dem aktuellen Bauprojekt vor der Altstadt steckt
Seit Ende Juni wird zu Fusse des Spittelturms emsig gearbeitet. Es ist ein Tiefbauprojekt mit vier beteiligten Parteien, das hier Verwirklichung findet. Anstoss und Zentrum des Ganzen: das «Bijou», welches an das Fernwärmenetz Bremgartens angeschlossen wird.
Marco Huwyler
Wer sich in Bremgarten diesen Sommer früh in die Ferien verabschiedet hat, dürfte bei seiner Heimkehr ins Städtli durchaus ein bisschen erschrocken sein – sofern er sich nicht im Voraus informierte. Der Eingang der pittoresken Altstadt gleicht nämlich seit Wochen einer Grossbaustelle. Der Reussweg von Oberstadt bis zum «Bijou» ist komplett aufgerissen und gesperrt. Und vor dem Spittelturm klafft ein riesiges Loch. Noch bis Ende dieses Monats ist das so. Dann werden die zweimonatigen Arbeiten abgeschlossen sein.
Ein ganzes Bündel von baulichen Massnahmen
Was ist es denn, was dermassen auffällige und grossflächige Arbeiten an prominenter Bremgarter Lage zur Folge hat? Diese Frage hörte Walter Beer, der städtische Fachspezialist für Infrastruktur, in den letzten Wochen viele Male. «Zumal das Projekt viele am Rande tangiert», wie er weiss. Die Pétanque-Spieler etwa, denen der Magazincontainer der Baufirma auf ihrem geliebten Kiesplatz in die Quere kommt. Gleiches Problem hat die Spielbar, welche sich an ihren lauschigen Sommerabenden mit bauenden Nachbarn konfrontiert sieht, die Raum einnehmen. Und in diesen Tagen ist es auch das «Festival i de Marktgass» (FIDM), dem das grosse Gebaue vor der Altstadt in die Quere kommt.
«Wir haben aber noch mit jedem eine gangbare Lösung gefunden», lächelt Beer. «Im Allgemeinen ist das Verständnis von allen sehr gross.» Zumal die Sommerferien als Zeitpunkt für die Durchführung ideal seien – wie auch die daheimgebliebene Bevölkerung in der Regel einsieht.
Zurück aber zur Frage nach dem Weshalb: «Es ist gleich ein Bündel an Massnahmen, die hier umgesetzt werden», weiss Beer. Am Ursprung stand das Bedürfnis des «Bijou» nach einer neuen Heizung. Das altehrwürdige Restaurant am Reussufer möchte seine in die Jahre gekommene Ölheizung ersetzen – und künftig seine Räumlichkeiten mit Fernwärme heizen.
Dafür muss das Gebäude ans Bremgarter Fernwärmenetz angeschlossen werden. Was nicht ganz leicht ist, denn dafür braucht es einen neuen Anschluss vom Obertorplatz aus mit unterirdischen Leitungen den ganzen Reussweg hinunter. Logisch, dass man angesichts solcher umfassender, aufwendiger Arbeiten nach Synergien suchte. Die AEW beschloss im Zuge dessen auch die Stromleitungen inklusive der zentralen Verteilkabine zu erneuern. Bereits vor rund eineinhalb Jahren wurde die Stadt Bremgarten zudem von der AEW über das anstehende Projekt informiert. Und bei der Stadt nutzte man die Gunst der Stunde. «Denn der Strassenbelag des Reusswegs schrie ohnehin nach einer Sanierung», erklärt Beer. Ein entsprechendes Projekt fand in Vergangenheit auch immer wieder Eingang in den städtischen Investitionsplan – wurde aber jeweils zurückgestellt. Nun aber war der ideale Zeitpunkt gekommen, die Strasse umfassend zu sanieren – inklusive der Strassenbeleuchtung. Im Zuge dessen werden überdies auch die in die Jahre gekommenen Wasserleitungen erneuert.
Alle konnten Kosten sparen
So ergeben sich zahlreiche am Projekt beteiligte Akteure. Die Einwohnergemeinde ist für den Wasseranschluss zuständig. Dafür schlagen rund 100 000 Franken zu Buche. Die Ortsbürgergemeinde, als Eigentümerin der Promenade und des Reusswegs, übernimmt die Sanierungskosten für Strasse und deren Beleuchtung von rund 75 000 Franken. Und nochmals rund 150 000 Franken sind für die Erneuerung der Stromleitungen und Verteilerkabine sowie die Verlegung des neuen Fernwärmeanschlusses des «Bijou» nötig. Hätte man nur einzelne dieser Projektteile isoliert umgesetzt, wären die Kosten dafür markant höher gewesen.
Unter dem Gleis durchgebohrt
So machte es für alle Parteien Sinn, die knapp zwei Monate im Hochsommer für umfassende Arbeiten vor Bremgartens Altstadt zu nutzen. Zugute kam dem Projekt überdies der Umstand, dass auch die AVA während dreieinhalb Wochen die Gleisanlagen sanieren liess (Vgl. dazu BBA vom 31.7.) und deshalb keine Züge auf dem Obertorplatz verkehrten. «Das hat uns die Zufahrt und die Arbeit im entsprechenden Zeitraum erheblich erleichtert», erklärt Beer.
Ansonsten sei es durchaus diffizil, solche Arbeiten direkt neben dem Bahnbetrieb durchzuführen – zumal die Anschlüsse unter die Gleise gelegt werden müssen. Zu diesem Zweck war vom Zugangsloch vor dem Spittelturm mittels Horizontal-Pressrohrvortrieb unter der Zugstrecke ein Stollen gebohrt worden, durch den man die Leitungen zum Reussweg legte – und von dort weiter bis zum «Bijou» inklusive Katzenturm. Das ist mittlerweile vollbracht. Der Reussweg bereits wieder aufgeschüttet. Nun müssen noch die Anschlussarbeiten vor dem Spittelturm abgeschlossen und der Strassenbelag gelegt werden. Bis Ende August sind dann die Arbeiten abgeschlossen – und der Altstadteingang ist wieder so einladend wie eh und je.
Vorwärts mit Fernwärme
Das Projekt ist auch im Kontext eines umfassenden Infrastrukturvorhabens zu betrachten, mit dem «eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Versorgung Bremgartens» angestrebt wird, wie die AEW mitteilt. Dank geringer Emissionen sind Fernwärmeanlagen umweltfreundlich und weitestgehend CO2-neutral oder gar CO2-frei. Ziel ist, in den nächsten Jahren möglichst viele Fernwärmeanschlüsse auf Stadtgebiet zu realisieren und damit den Anteil fossiler Energieträger zu ersetzen. «Pro Jahr kommen derzeit zirka 10 bis 15 Liegenschaften in Bremgarten dazu», erklärt die AEW. Mittlerweile sind über 350 Liegenschaften auf Stadtgebiet erschlossen. In den nächsten Monaten und Jahren stehen weitere entsprechende Projekte in Bremgarten an. «Wir planen Erweiterungen an der Zürcherstrasse, Bibenlos, Oberebene und im Comoli-Areal», schreibt die AEW auf Anfrage. --huy