Der Showmann
22.11.2024 Sport, RingenRingen, Nationalliga A, Halbfinal: Die Freiämter vor dem Rückkampf in Kriessern (Samstag, 19 Uhr)
Saya Brunner ist erst 19 Jahre jung. Doch er ist jetzt schon ein Publikumsliebling. «Ich kann es kaum erwarten, wieder auf die Matte zu stehen», sagt er ...
Ringen, Nationalliga A, Halbfinal: Die Freiämter vor dem Rückkampf in Kriessern (Samstag, 19 Uhr)
Saya Brunner ist erst 19 Jahre jung. Doch er ist jetzt schon ein Publikumsliebling. «Ich kann es kaum erwarten, wieder auf die Matte zu stehen», sagt er vor dem Rückkampf in Kriessern. Die Freiämter haben zehn Punkte Vorsprung, «aber es ist noch nichts entschieden», so die grosse Nachwuchshoffnung der Freiämter.
Stefan Sprenger
Schon als kleiner Junge war er energiegeladen. Fast ein bisschen zu viel. Deshalb haben seine Eltern Nadia und Reto gemeinsam mit der Schule in Auw entschieden, dass er seine Power irgendwo rauslassen muss. Und Saya Brunner ging zur Ringerstaffel Freiamt.
Bald vielleicht Spitzensport-RS
Rückblickend ein einschneidender Entscheid. Lebensverändernd. «Es tat mir gut, von Anfang an. Bis heute», sagt Saya Brunner, der bei der Marcel Küng Haustechnik in Beinwil/Freiamt im 4. Lehrjahr seiner sportlichen Sanitärlehre steckt. Denn er steckt nicht nur voller Energie, sondern er ist auch talentiert und mit Ehrgeiz dabei. In wenigen Monaten steht ein weiterer, wegweisender Entscheid an. Der Rüstenschwiler, der vor zwei Wochen 19 Jahre jung wurde, ist im Qualifikationsverfahren für die Spitzensport-Rekrutenschule. Wenn er die Zusage erhält, wird er im Herbst 2025 seinen ganzen Fokus auf den Ringsport legen. So oder so: Er träumt von grossen Dingen. «Olympia. Weil jeder Sportler von Olympia träumt. Wenn ich da auf der Matte stehen könnte, am grössten Sportanlass der Welt, das wäre ein gigantischer Traum, der in Erfüllung geht.»
«Fussballer kriegen Aufmerksamkeit – wir nicht»
Doch nun steht morgen Samstag (19 Uhr) in der Mehrzweckhalle Kriessern erst der Halbfinal-Rückkampf der Nationalliga A auf dem Programm. Die Freiämter siegten zu Hause mit 23:13. «10 Punkte Vorsprung sind natürlich viel, es lief optimal. Aber wir haben noch nichts geschafft, wir müssen unbedingt am Boden bleiben und erneut eine starke Leistung zeigen», sagt Saya Brunner.
Er selbst konnte im Duell bis 70 kg Greco gegen seinen Konkurrenten Dorien Hutter 2:1-Teampunkte holen – und gewinnen. Auffällig: Als Saya Brunner die Matte betritt und danach den Sieg bejubelt, werden die euphorischen Freiämter Fans noch ein wenig lauter als sonst.
«Ich geniesse es»
Saya Brunner, ein Showman, geniesst das Bad in der Ekstase offensichtlich. «Das Ringen ist eine Randsportart. Die Fussballer kriegen ganz oft eine grosse Aufmerksamkeit, wir nicht. Und wenn wir dann im Mittelpunkt stehen und viele Menschen dabei sind, dann gibt mir das viel zurück. Es ist eine Bestätigung für das tägliche harte Training. Es ist schön, ich geniesse es, wenn die Leute uns schätzen und feiern.»
Zu der grossen Unterstützung am letzten Samstag in der Murianer Bachmattenhalle mit 700 Fans sagt er: «Unsere Fans sind einfach grandios. Im Fanklub auf der Tribüne kenne ich vermutlich jeden persönlich. Aus meinem Umfeld waren enorm viele Menschen da. Es war ein euphorischer Abend.»
Der euphorische Abend brachte den Freiämtern einen 10-Punkte-Polster vor dem Rückkrampf ein. «Dennoch müssen wir mit Bedacht nach Kriessern reisen und bescheiden bleiben. Im Sport kann sich das Blatt schnell wenden. Es ist erst fertig, wenn alle 20 Kämpfe gerungen sind. Und aktuell ist erst Halbzeit.»
Er selbst freut sich riesig auf den Rückkampf im Hexenkessel von Kriessern. «Diese Woche wollte fast nicht vergehen. Ich kann es kaum erwarten. Am liebsten wäre ich am letzten Sonntagmorgen schon wieder auf die Matte gestanden.» Saya Brunner braucht wohl keine Extra-Motivation für seinen Einsatz.
Seine Name erinnert an Andy Hug
Übrigens hat er seinen Namen in Anlehnung an die Freiämter Kampfsportlegende Andy Hug erhalten. Als im Jahr 1994 der Sohn von Andy Hug zur Welt kam, nannte er ihn Seya. Elf Jahre später erblickt ein weiteres Kind im Freiamt das Licht der Welt. Silvia Gutknecht aus Rudolfsstetten wurde das Gotti und meinte, dass Seya ein hübscher Name sei. Die Eltern machten dann ein Saya daraus. Andy Hug – im Jahr 2000 an akuter Leukämie verstorben – und sein Sohn Seya wurden so die Namensinspiration für Saya Brunner. Obwohl eigentlich kein Bezug zu einer Kampfsportart vorhanden war, kriegte Saya Brunner schon zur Geburt einen Fight-Spirit mit auf seinen Lebensweg.
Gedanken an Final
Der Ringer sagt, er hat schon ein paar Gedanken an den Final gehabt. «Das Final ist jetzt greifbar. Und natürlich würden wir Willisau, den Schweizer Rekordmeister, gerne herausfordern. Ich glaube sogar, dass würde ein heisses und ebenbürtiges Duell geben.» Aber sobald er diese Worte gesagt hat, macht er sofort eine Kehrtwende: «Es spielt aber keine Rolle. Noch nicht. Es geht nun um Kriessern. Wir müssen alle unsere beste Leistung zeigen. Und so können wir uns den Finaleinzug verdienen.»
Saya Brunner, der wegen seiner überschüssigen Energie als Kind zur Ringerstaffel Freiamt fand, könnte in den kommenden Kämpfen eine entscheidende Rolle einnehmen. Er hat in dieser Saison noch keinen einzigen Kampf verloren. Der Showman, der Publikumsliebling, er ist mittlerweile auch ein Leistungsträger.
Keine «Spielchen»
Kriessern versucht alles. Sogar ein paar psychologische Tricks. Denn der Vorbericht des Rückkampfs hat einen Hauch von Übertriebenheit. «RS Kriessern versucht das Unmögliche» oder «nichts zu verlieren, alles zu gewinnen» sind Sätze, die der Verein auf seiner Homepage veröffentlicht. Durch den 23:13-Sieg am letzten Wochenende im Hinkampf in Muri haben die Freiämter Ringer ein schönes Polster von 10 Punkten. Das ist viel, allerdings weit entfernt von «unmöglich».
Pascal Strebel, Trainer der Ringerstaffel Freiamt, sagt augenzwinkernd: «Das sind die Spielchen von Kriessern.» Und darauf will er sich nicht einlassen. «Wir schauen auf uns. Wir geben unser Bestes. Egal ob wir 10 Punkte vorne oder 10 Punkte hinten sind.»
«Team, das nicht aufgibt, versprochen»
Auffällig ist auch, dass Kriessern im Vorbericht aus dem ringerischen Nähkästchen zu plaudern scheint. «Nicht zum Einsatz kamen im Hinkampf Levin Meier, Sandro Hungerbühler oder auch Damian Dietsche. Alle drei sind Kandidaten für die Aufstellung am Samstag, zumal der Stilartenwechsel Möglichkeiten für Umstellungen bei den Kriessnern bietet», heisst es. Auch hier winkt Strebel ab. Es kann sein, dass es so kommt, er nimmt es zur Kenntniss. Und Strebel sagt: «Am Boden bleiben, gut vorbereiten und in Kriessern so auftreten wie beim Hinkampf bei uns in Muri. 10 Punkte Vorsprung sind schön und gut, aber es kann drehen. Es braucht erneut eine Topleistung von uns.» Das Team habe gut trainiert und «es ist alles, wie es sein muss».
Die RS Kriessern meint in ihrem Vorbericht: «Für den neutralen Beobachter ist nur schwer vorstellbar, dass die 10 Punkte Differenz noch wettgemacht werden können», zumal die beiden Leistungsträger David Loher und Fritz Reber weiterhin ausfallen. «Innerhalb der Mannschaft und auch im Umfeld der RS Kriessern hat man den Final noch nicht abgeschrieben.» Thomas Gächter, Trainer von Kriessern, sagte bereits Minuten nach dem 23:13 in Muri: «Es sind nochmals zehn Kämpfe. Das müssen wir wettmachen. Das ist schnell passiert. Ich habe ein Team, das nicht aufgibt. Versprochen.» Die Freiämter sind also gewarnt. Auf die Spielchen von Kriessern lassen sich die Freiämter aber nicht ein. --spr