Der Mann der Decken
02.02.2024 BremgartenDie Decken der Region
Guy Millwater verkauft seine Firma
Guy Millwater hat an zahlreichen prominenten Gebäuden im Freiamt und darüber hinaus mitgewirkt. Nun hat er einen Nachfolger für sein Unternehmen gefunden.
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Die Decken der Region
Guy Millwater verkauft seine Firma
Guy Millwater hat an zahlreichen prominenten Gebäuden im Freiamt und darüber hinaus mitgewirkt. Nun hat er einen Nachfolger für sein Unternehmen gefunden.
Auf den ersten Blick ist alles wie immer. Guy Millwater empfängt seine Gäste im Büro über der Lagerhalle in der Oberebene. Doch bei der BID Millwater AG hat sich auf dieses Jahr einiges geändert. Denn seit dem 1. Januar ist der Firmenmitgründer nicht mehr der Inhaber des Geschäfts, das sich auf Deckeninstallationen aller Art spezialisiert hat. Nach fast vier Jahrzehnten in der Branche blickt er zurück und spricht über die Herausforderungen der Gegenwart. --huy
Bericht Seite 5
Besitzerwechsel bei BID: Guy Millwater gibt sein Lebenswerk in neue Hände
Vor 38 Jahren hat Guy Millwater gemeinsam mit seinem Vater eine Firma für Deckensysteme gegründet und ist damit durchgestartet. Nun hat er den Familienbetrieb verkauft. Mit einem Mix aus Erleichterung und Wehmut blickt er auf das Erreichte zurück.
Marco Huwyler
Guy Millwater ist momentan am Ausmisten. Schliesslich will Platz gemacht sein für den frischen Wind, der in diesen Tagen bei BID Einzug hält. Dabei stösst der 64-Jährige zuweilen auf erstaunliche Fundstücke. «Plötzlich hielt ich meinen Lehrvertrag von 1975 in den Händen», berichtet er lachend. Millwater war damals der erste Lehrling von Urs Hüssers Schreinerei auf dem Mutschellen. Eine Firma, die mittlerweile bekanntlich von Bremgarten aus ein weltweiter Player geworden ist. «Ich musste gleich rüber zu Barbara und es ihr zeigen», lächelt Millwater. Gemeinsam schwelgten die heutige Hüsser-Geschäftsführerin und der einstige Stift in Erinnerungen.
Die Region geprägt
Ein Schreinerlehrling freilich, der es in der Baubranche selbst ziemlich weit bringen sollte. Man sieht es zwar nicht auf den ersten Blick, aber Guy Millwaters Wirken ist in der Region omnipräsent. Sehr unwahrscheinlich, dass man in diesen Gefilden noch nie ein Gebäude betreten hat, das von ihm mitgeprägt wurde. Denn es sind nicht nur zahlreiche, sondern vor allem auch bedeutende Immobilien. Schulen, Turnhallen, Restaurants, Mehrzweckräume, Hallenbäder, Bürokomplexe – blickt man zur Decke, sieht man Millwaters Werk. In Bremgarten zum Beispiel unter anderem im Casino, dem Stadtschulhaus oder Teilen der St. Josef-Stiftung. «Es gibt fast keine Gebäudeart, die wir nicht gemacht haben», lächelt Millwater.
Das Know-how in diesem Bereich wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Von klein auf konnte er einem der Besten der Branche über die Schultern schauen. Denn Guy Millwaters Vater Roy, ursprünglich aus England, leistete in der Schweiz Pionierarbeit im Gebiet der Deckeninstallationen. Und auch wenn Guy ursprünglich einen anderen Weg verfolgen wollte, trat er schliesslich in die Fussstapfen seines Vaters – beziehungsweise gesellte er sich nach einigen Lehr- und Wanderjahren an dessen Seite. «Ich war 26, als er mich fragte, ob ich nicht ins Geschäft einsteigen möchte», erzählt Millwater. «Und ich konnte mir das zwar vorstellen, aber nicht mit seinem damaligen Geschäftspartner», lacht er. So gründeten Vater und Sohn 1986 kurzerhand auf eigene Faust eine neue Firma: die BID-Millwater-Company.
Zu Beginn arbeiteten die beiden von einer ehemaligen Wohnung über dem heutigen Denner-Gebäude in Widen. Roy im Büro, Guy als Handwerker. Doch Firma und Mitarbeiterbestand wuchsen, dank Qualität und Netzwerk der beiden, rasch. Die Büro-Wohnung wurde zu klein. «Vor allem war es mühsam, dass wir vor Ort kein Lager hatten», erinnert sich Millwater. Über einen Umweg eines zweiten Standorts in Widen wurde die BID so schliesslich im Industriegebiet Bremgartens heimisch. «Hier hat es immer wunderbar gepasst», sagt Millwater. «Bremgarten ist eine tolle Drehscheibe für ein Handwerkerunternehmen.»
Business wurde immer härter
1998 musste sich Roy Millwater aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Seither leitete Guy Millwater die Firma alleine. In den 38 Jahren seit der Gründung wuchs die Deckenfirma langsam und stetig – mit kleinen Dellen. «In den 90er-Jahren musste ich einmal drei Angestellte entlassen, weil wir zu wenig Aufträge hatten. Das tat mir sehr weh damals», sagt Millwater. Glücklicherweise eine einmalige Ausnahme in fast vier Jahrzehnten. Meistens waren die Auftragsbücher so voll, dass der Chef auch mal interessante Projekte ausschlagen musste. «Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist und weiterhin läuft», sagt der 64-Jährige. Auch wenn es härter geworden sei im Baumetier. «Die Organisation wurde schwieriger, weil kaum mehr Puffer eingeplant werden kann. Alles ist eng getaktet. Man hat und nimmt sich heute viel weniger Zeit.» Hinzu komme der steigende Preisdruck. «Die Margen sind kleiner geworden.» Ausländische Grossfirmen drängen in den Markt.
Bauwerke mit Seele
Dennoch ist es BID bis heute gelungen, seinen führenden Platz in der Region zu behaupten. Viel trägt dazu die hervorragende Vernetzung ihres Gründers bei. Millwater ist Mitglied in gleich drei Wirtschaftsverbänden. «In Mutschellen kenne ich eh jeden Knochen und die Firma wurde in Widen gegründet. Also bin ich dort dabei. In Bremgarten logischerweise auch, seit wir hierherkamen. Und dann kam auch noch der Reusstaler Gewerbeverein dazu, weil ich dorthin gezogen bin», erklärt Millwater.
In all den Jahren, bei all den Treffen und all den Baustellen sind nicht nur Geschäftsbeziehungen gewachsen, sondern auch viele Freundschaften entstanden. «In der täglichen Arbeit hilft dies massiv», findet der Unternehmer. «Ich sage immer, dass auch ein Bauwerk letztlich profitiert, wenn sich die Beteiligten gegenseitig mögen und ihnen das Projekt am Herzen liegt.» Das Entstandene habe so gewissermassen eine Seele. «Man merkt, wenn daran nur Menschen gearbeitet haben, die einzig auf Margen und Profit schauen.»
An bis zu 12 Projekten gleichzeitig arbeitet Millwaters Deckenfirma heute. So hat man kürzlich etwa beim Umbau der Junkholz-Turnhalle in Wohlen mitgewirkt, arbeitet beim grossen Umbau des Zentralbaus der St. Josef-Stiftung in Bremgarten mit oder hat die Decke im neuen «Chappelehof» in Wohlen gestaltet. Auf Letzteres ist Millwater besonders stolz. «Eine Riesenherausforderung, weil so viele Ansprüche erfüllt werden mussten. Aber es ist eine wunderschöne und beeindruckende Decke geworden», findet er. Die Spezialisten bei BID haben bei ihrer Arbeit jeweils Zahlreiches zu beachten. Akustik, Technik, künstlerische Ansprüche, Heizung, Kühlung, Beleuchtung und vieles mehr muss unter einen Hut gebracht werden.
Zufrieden mit der Nachfolge
Wenn Millwater über seine BID spricht, merkt man, dass neben viel Know-how auch nach wie vor ganz viel Leidenschaft mitschwingt. Seine Firma nun abzugeben, ist ihm deshalb nicht leicht gefallen. «Ich blicke mit einem weinenden und einem lachenden Auge darauf, wie man so schön sagt», schmunzelt er. Millwater ist froh, nach langer Suche letztlich einen geeigneten Nachfolger gefunden zu haben (siehe Box). «Domenico tickt ähnlich wie ich und legt viel Wert auf das Soziale und den Teamspirit. Das gibt mir gutes Gewissen und ein gutes Gefühl», sagt Millwater. Die Nachfolgeregelung gestaltete sich nicht leicht und hat den Firmengründer jahrelang beschäftigt. «Es war mir wichtig, dass die Firma in gute Hände gelangt», sagt er. Mehr als bloss einmal habe er abwinken müssen. «Sobald die Interessenten etwas von Reorganisation geschwafelt haben, bevor sie den Betrieb überhaupt besichtigten, wusste ich: Das wird nichts.» Denn nicht nur der Betrieb, sondern auch seine langjährigen Angestellten liegen Millwater am Herzen. Deshalb musste alles passen vor der Vertragsunterschrift. «Nun habe ich ein gutes Gefühl», lächelt er. Wie damals vor bald 50 Jahren bei Hüsser, als alles seinen Anfang nahm.
Nachfolger
Neuer Inhaber und Geschäftsführer der BID Millwater AG ist Domenico Casu. Der gebürtige Innerschweizer kennt Guy Millwater schon seit Jahren und war zuletzt in der Geschäftsleitung eines Konkurrenzunternehmens tätig. Die BID will er im bisherigen Sinn weiterführen. «Ich werde sicher nichts zerstören, sondern auf dem, was Guy hinterlässt, aufbauen», sagt der neue Chef. Die 11 Mitarbeiter werden weiterbeschäftigt. Guy Millwater wird vorerst weiterhin als Projektleiter im Angestelltenverhältnis mit einem 80-Prozent-Pensum beschäftigt. «Mindestens für ein Jahr», wie Casu und Millwater sagen. Allfällige Neuerungen im Betrieb werden gemäss Casu behutsam und sanft angegangen. «Die internen Abläufe optimieren und den Auftritt gegen aussen etwas modernisieren», will der neue Geschäftsführer. Dazu gehört die Überarbeitung der Homepage und des Firmenlogos. «Für mich heisst es nun aber primär, die Kunden kennenzulernen und vom Netzwerk Guys zu profitieren, solange er uns erhalten bleibt», sagt Casu. --huy