Der Adler soll wieder fliegen
03.04.2024 BremgartenNeues Altstadt-Hotel geplant
Im «Adler» sollen wieder Gäste empfangen werden
Mit Martina Eller hat eine Bremgarterin die Liegenschaft neben der alten Holzbrücke übernommen. Sie will dem geschichtsträchtigen Gasthaus ...
Neues Altstadt-Hotel geplant
Im «Adler» sollen wieder Gäste empfangen werden
Mit Martina Eller hat eine Bremgarterin die Liegenschaft neben der alten Holzbrücke übernommen. Sie will dem geschichtsträchtigen Gasthaus wieder Leben einhauchen. Der «Adler» wird wieder zum Hotel – und zu einem Café.
Marco Huwyler
Fast zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass im «Adler» zum letzten Mal gewirtet wurde. Seit das altehrwürdige Hotel gleich nach der Holzbrücke am Fusse der Altstadt nach dem Tod des langjährigen Betreiberpaares Blättler leer steht, rankten sich im Städtli immer wieder teils wilde Gerüchte rund um die angebliche Zukunft des Hauses. Nun gibt es diesbezüglich Handfestes zu vermelden – und Erfreuliches.
Denn der «Adler» soll künftig wieder ein Haus sein, das Leben ins Städtli bringt. Per Anfang dieses Jahres ist die Bremgarterin Martina Eller Eigentümerin der Liegenschaft. Und die Tourismusfachfrau mit langjähriger Erfahrung in der Branche plant hier wieder ein Altstadt-Hotel zu eröffnen. In Kombination mit einem gemütlichen Café im ehemaligen «Säli» des Hauses.
Vieles ist möglich
Wenn alles nach Plan läuft, ist es Gästen nach einer umfangreichen Sanierungs- und Umbauphase in zwei bis drei Jahren wieder möglich, auf dem Balkon direkt über der Reuss bei Kafi und Gipfeli in die plätschernden Wogen zu blicken und die Altstadtatmosphäre zu geniessen. Oder in einem der wohl sechs angedachten Zimmer unterschiedlicher Grösse, Zimmeranordnung und Aussicht zu übernachten. Für die neue Besitzerin ist das Projekt «Hotel Adler» die Verwirklichung eines lang gehegten Traums, den sie nun anpackt. Dementsprechend ist Martina Eller auch voller Tatendrang und hat zahlreiche Ideen für die Zukunft des altehrwürdigen Hauses und dessen zahlreiche verwinkelte Zimmer und Ecken. Ein Haus, das voller Möglichkeiten und Überraschungen steckt und das Bremgarten wieder vielfältig bereichern soll.
Neues Hotel am Bremgarter Reussufer kommt
Die Bremgarterin Martina Eller hat die geschichtsträchtige Liegenschaft neben der Holzbrücke erworben. Hier möchte sie sich in den nächsten Jahren einen Traum verwirklichen und eine kleine Gaststätte eröffnen.
Marco Huwyler
Fast neun Jahre ist es her, dass Martina Eller mit ihrer Familie nach Bremgarten gezogen ist. Hunderte Male ist sie seither daran vorbeigekommen – wie eigentlich jeder und jede Einheimische. Auf Spaziergängen mit oder ohne Hund. Alleine oder mit Mann und Kindern. Eilig vorbeihastend oder mit Musse dahinschlendernd. Gehend zu Fuss oder radelnd mit dem Velo. Doch ganz egal wann, wie und weshalb: die Begegnung mit dem verwaisten Haus gleich neben der Holzbrücke am Fusse der Altstadt löste bei Eller jedes Mal Kopfkino aus. Weckte Sehnsüchte, Vorstellungen und Begehrlichkeiten. Denn es schien ihr von Beginn an perfekt für die Erfüllung ihres Traumes, dereinst auch in Bremgarten ihrer Berufung nachzugehen.
Das Kribbeln in den Fingern
Die 46-Jährige ist ausgebildete Tourismusfachfrau. Jahrelang leitete sie erfolgreich ein kleines Hotel im Zürcher Niederdörfli. Danach widmete sie sich in Bremgarten anderem. Und war damit eigentlich ganz zufrieden – wäre da bloss nicht dieser «Adler» gewesen, der sie so lockte und ihr bei jeder Begegnung zuzurufen schien.
Seit Jahren wird im geschichtsträchtigen Bremgarter Hotel am Reussufer nicht mehr hofiert und gewirtet. Und nachdem mit Helen Blättler auch die Frau des langjährigen Gastwirtes Rolf Blättler verstorben war, stand das imposante Haus mit Wurzeln, die wohl bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, gar leer. Mehr als einmal kribbelte es Martina Eller angesichts dieses Umstands in den Fingern. Einmal sogar so sehr, dass sie einen Brief an die Erben des Hauses schrieb, wo sie ihren Traum vom eigenen Bremgarter Hotel in Worte fasste und ihr Interesse am «Adler» bekundete. Abgeschickt hat sie diesen indes nie. Es fehlten die letzte Entschlossenheit und der Mut, sich an einen solch grossen Brocken tatsächlich zu wagen. Doch dann half das Schicksal ihr auf die Sprünge.
Die glückliche Fügung
Im vergangenen Herbst prangte nämlich ein kleines Schild an der Tür zum einstigen Gasthof: «Zu verkaufen.» Martina Eller war es nicht aufgefallen – wohl aber ihrem Mann. Bis zu Hause war es ihm aber zumeist wieder entfallen. Bis er dann nach einigen Tagen doch noch beiläufig erwähnte: «Du, dieses Hotel, das dir so gefällt, das steht im Fall zum Verkauf.»
Selbst ihr Gatte dürfte überrascht davon gewesen sein, was diese Worte in welcher Vehemenz bei Martina Eller auslösten: «Was? Wirklich?» Nach der ersten Aufregung griff sie sofort zum Hörer. Vereinbarte einen Termin noch am gleichen Tag. Und nach einer Besichtigung des «Adlers», welche Ellers Entschlusskraft bloss weiter stärkte, war schon bald die mündliche Einigung erzielt. Was die 46-Jährige erst später erfuhr: Dass sie den Zuschlag erhielt war einer glücklichen Fügung zu verdanken. Die Erbengemeinschaft wollte nämlich bereits kurz vor Ellers Anruf einem Mitbewerber eine Zusage erteilen. Dieser nahm an besagtem Tag aber das Telefon nicht ab. Wenige Minuten später rief Eller an. Zum Glück für Bremgarten. Denn jener Konkurrent hätte aus dem geschichtsträchtigen Gebäude ein reines Wohnhaus gemacht.
«Bremgarten braucht ein Hotel»
So aber kam eine zum Handkuss, deren Pläne mit dem geschichtsträchtigen Gebäude vor der Holzbrücke ungleich romantischer sind. Für Martina Eller ist der «Adler» kein Renditeobjekt, sondern Sehnsuchtsimmobilie. Der «Adler» soll künftig wieder ein Hotel werden. Wie er dies jahrzehntelang war. Ein Gebäude, das man kennt – von aussen, aber auch von innen, weil man hier gerne Gast ist. Freilich tut dies Eller nicht ausschliesslich aus Altruismus und zur Befriedigung von Nostalgiegelüsten. «Ich bin auch überzeugt davon, dass Bremgarten ein Hotel nach wie vor gebrauchen kann und ich damit auf eine Nachfrage stosse.» Nicht bloss Touristen, auch viele Business-Gäste suchen immer wieder nach Übernachtungsmöglichkeiten im Städtli, das hat Eller in den vergangenen Jahren, in denen sie mit dem Gedanken spielte, eingehend abgeklärt.
Funktionell, aber mit Seele
Der 46-Jährigen schwebt ein möglichst einfaches Hotelkonzept vor, das mit wenig Angestellten auskommt. Die Schlüsselübergabe soll unkompliziert und nach Möglichkeit ohne Personal möglich sein. Wäsche und Zimmerreinigung von Externen übernommen werden. Eller weiss, dass und wie das möglich ist. Und dass es funktioniert. Genauso hat sie es nämlich jahrelang im Niederdörfli erfolgreich gehandhabt. «Wichtig dabei ist es, dass man trotz dieser Effizienz wert auf die Details und die Qualität legt. Damit die Leute wirklich gerne hier sind und auch gerne wiederkommen», sagt sie. Sprich: die Zimmer müssen sauber und einladend daherkommen. Und das Hotel soll trotz Funktionalität möglichst viel Seele haben. Und dafür soll das Haus auch abgesehen von den Übernachtungsgästen mit Leben gefüllt werden.
Jedes Zimmer ein Unikat
Dazu beitragen soll gemäss den Plänen der neuen «Adler»-Eigentümerin künftig auch ein Café, das im ersten Stock im ehemaligen «Sääli» und dem Nebenzimmer – dem ehemaligen Büro von Rolf Blättler – eingerichtet werden soll. Hier sollen nicht nur Hotelgäste, sondern auch Passanten und Einheimische einen Ort zum Verweilen erhalten – beispielsweise auf dem Balkon direkt über den Wogen der Reuss. Gleichzeitig kann das Café eine Anlaufstelle für Hotelgäste sein. Und ein Ort, wo Martina Eller als Gastgeberin präsent ist und von hier aus nach dem Rechten sieht. Mit Herzlichkeit und Charme – versteht sich – wie der «Adler» künftig überhaupt wieder viel Charme versprühen soll. «Ich mag Orte, wo man sich wohlfühlt, wo es heimelig ist, wo die Räume und das Mobiliar Charakter haben», sagt Eller. Ein Grund auch, weshalb sie nach der Besichtigung so vorbehaltlos «Ja» sagte zum «Adler», obwohl der im jetzigen Zustand einigermassen marode daherkommt. Jedes Zimmer des grossen, verwinkelten Hauses ist anders. Jedes versprüht seinen eigenen Charme. Und so werden auch die künftigen rund sechs Hotelzimmer im zweiten Stock wieder sein. Allein die Anordnung der Räume führt dazu. Jedes hat eine eigene Grösse und Form. Und jedes wieder eine andere Aussicht. Auf einen anderen Teil der Reuss oder der Altstadt – und ist auf seine Art und Weise ganz speziell und wird den Gästen in Erinnerung bleiben, als eine Übernachtungsmöglichkeit an einem ganz besonderen Ort in einem besonderen Städtchen.
Viele Möglichkeiten, viele Ideen
Ein Restaurant oder eine Beiz dagegen wird es im neuen «Adler» nicht mehr geben. Der grosse Raum im ersten Stock, wo die Gäste bewirtet wurden, könnte künftig zu einem vielfältig nutzbaren Seminarraum umfunktioniert werden. So ganz genau weiss das Eller noch nicht. Wie sie überhaupt abgesehen vom Hotelbetrieb im zweiten Stock und dem Café in einem Teil des ersten noch nicht zu 100 Prozent weiss, wie die zahlreichen Räumlichkeiten genutzt werden sollen.
Im Dachstock mit Galerie wird es wohl Mietwohnungen geben. Und dennoch bleibt auch darüber hinaus reichlich weiterer Platz im riesigen Haus, den zu nutzen auf vielfältigste Art und Weise möglich wäre. «Es ist eine wahre Trouvaille», lächelt Eller. Man kann förmlich spüren, wie ihr Herz hüpft, während sie einen durch die altehrwürdigen Räume führt. Der Keller etwa ist riesig, die Gemäuer Hunderte Jahre alt und teilweise noch belassen wie damals, als er vermutlich im Mittelalter erbaut wurde. Eine Kellerbar beispielsweise wäre hier denkbar. Ein potenzieller Ort für denkwürdige Abende, wie früher im ersten Stock. Im Parterre dagegen wäre ein oder mehrere Lädeli möglich. Oder Gewerberäume. Oder Studios. Eller ist für vieles offen und grundsätzlich für vieles zu haben.
Auch Geduld gefragt
Doch trotz allem berechtigten Enthusiasmus, erst mal ist Geduld angesagt. Denn der «Adler»-Umbau wird langwierig und kompliziert. Zuallererst steht eine Machbarkeitsstudie an, die den Zustand der Bausubstanz des Gebäudes und Weiteres prüft und Möglichkeiten der Gestaltung aufzeigt. Das wird digital vermessen – Grundrisspläne des «Adlers» gibt es nämlich bislang keine. Dazu stehen diverse Behördengänge, Formalitäten und amtliche Abklärungen bevor. Erst dann kann mit den konkreten Plänen für den Umbau begonnen werden.
«Im absoluten Optimalfall können wir in rund einem Jahr mit dem Umbau beginnen», rechnet Eller vor. Bis dann Hotel und Café tatsächlich in Betrieb sein werden, dauert es im Minimum nochmals ein Jahr – eher zwei. «Doch auch wenn ich viel Geduld habe und haben werden muss, will ich auch Gas geben», sagt Eller. Lange Untätigkeit und monatelanger Leerstand bzw. Baustopps solle es beim «Adler» hoffentlich nicht geben, meint sie mit Blick den Bogen hinauf Richtung einstiger Konkurrenz des Hauses. Denn Eller ist bereit, um mit dem «Adler» abzuheben. Er soll möglichst rasch wieder in all seiner Pracht zu fliegen kommen und Bremgarten in vielerlei Hinsicht bereichern.