Den Euphorie-Schatz gefunden
19.11.2024 Sport, RingenRingen, Nationalliga A: RS Freiamt – RS Kriessern 23:13 (13:5) – Rund 700 Zuschauer sehen starke Leistung der Freiämter
Ekstase. Euphorie. Erfolg. Die Ringerstaffel Freiamt gewinnt sieben von zehn Kämpfen, zeigt eine eindrückliche Leistung und ...
Ringen, Nationalliga A: RS Freiamt – RS Kriessern 23:13 (13:5) – Rund 700 Zuschauer sehen starke Leistung der Freiämter
Ekstase. Euphorie. Erfolg. Die Ringerstaffel Freiamt gewinnt sieben von zehn Kämpfen, zeigt eine eindrückliche Leistung und steht mit einem Bein im Final. Trotz Höhenflug «müssen wir am Boden bleiben», sagt Trainer Pascal Strebel.
Stefan Sprenger
In der Stunde des Erfolgs richtet Pascal Strebel seine Worte an die rund 700 lautstarken Zuschauer. Während seine Jungs auf der Matte für den Erfolg sorgten, herrscht auf den Rängen riesige Stimmung. «Danke. Danke. Danke. Das war phänomenal. Diese Emotionen, diese Stimmung, das grosse Interesse der Menschen, wir Ringer leben genau für solche Momente. Wir kriegen kein Geld, unser Lohn ist diese gigantische Atmosphäre.»
Die fast perfekte erste Halbzeit
Damit aber die Ekstase entfacht werden konnte, benötigte es die Ringer auf der Matte. Mit einer Beinschraube kurbelt Nils Leutert gleich im ersten Kampf diese Euphorie-Welle an. Mehrere Male dreht der Freiämter seinen Kontrahenten Christoph Wittenwiler am Boden um – 15:0. Er holt 4:0 Teampunkte. Vorzeitiger Sieg nach technischer Überlegenheit, die Bachmattenhalle explodiert schon früh. Bis 57 kg Freistil war der erste Kampf. Bis 130 kg Greco das zweite Duell. Kampfmaschine Christian Zemp lässt Fabio Dietsche keine Chance. Er siegt 8:0 (3:0). Der junge Freiämter Tobias Lüscher muss gegen den erfahrenen Dimitar Sandov bis 61 kg Greco Lehrgeld bezahlen, er verliert 0:15 (0:4). Ein kleiner Dämpfer, aber die Freiämter Rakete erhält sogleich neuen Schub. Bis 97 kg Freistil spielt Freiamts Magomed Ayshkanov seine Klasse aus und bezwingt den unbequemen Jeremy Vollenweider mit 10:0 (3:0). Die Ostschweizer erhofften sich von ihrem Leistungsträger Dominik Laritz die Wende zum Guten. Doch Nino Leutert zeigt sich in Bestform, gewinnt das Duell bis 65 kg Freistil mit 13:2 (3:1). Zur Pause führen die Freiämter 13:5. Eine fast perfekte Halbzeit.
Zum Auftakt in den zweiten Durchgang kassierte Marc Weber im Duell mit Ramon Betschart (bis 86 kg Greco) eine 1:7-Pleite (1:3). Es folgte ein zäher Kampf zwischen Saya Brunner und Dorien Hutter (bis 70 kg Greco). Der junge Freiämter Showman Brunner zeigt sein Können und holt sich im ausgeglichenen Duell – das 1:1 endete – den 2:1-Sieg dank der letzten Wertung. Trotz fahrigem Kampf jubelt die Halle lautstark – weil Saya Brunner beim Publikum viele Sympathien geniesst.
Strebel: «Ein Zeichen gesetzt»
Dann betritt Tanguy Darbellay die Matte. Der Walliser Doppellizenzringer sagte im Vorfeld, wie gern er für die Freiämter kämpft. Die Fans rufen: «Einer von uns.» Und Darbellay will etwas zurückgeben, er ist hochmotiviert, bezwingt Daniel Loher (bis 80 kg Freistil) deutlich mit 17:2 (4:1). Ein Duell von zwei erfahrenen internationalen Ringern gibt es bis 75 kg Freistil. Der Freiämter George Bucur gegen Marc Dietsche. Der Kriesserner zeigt eine ganz starke Leistung und bezwingt den glücklos agierenden Bucur mit 0:5 (0:3). Die leise Hoffnung auf ein angenehmeres Resultat ist aber schnell im Keim erstickt. Doppellizenzringer Yves Müllhaupt wirbelt Tobias Betschart bis 75 kg Greco von der Matte. 13:0 (3:0). Müllhaupt jubelt sich fast bewusstlos. Die Fans in Ekstase. 23:13. Freiamt steht mit einem Bein im Final.
Vor dem Kampf sorgten die Fans der Freiämter mit einer Schiff-Choreo für Aufsehen. «Auf der Suche nach dem gestohlenen Schatz» stand auf einem grossen Plakat. Zwischen den Freiämtern und diesem Schatz – der Goldmedaille – stehen aber mindestens noch drei Kämpfe und ein Gigant namens Willisau (sie siegten im anderen Halbfinal mit 27:8 gegen Einsiedeln). Aber diese junge und mental starke Truppe hat fürs Erste mal den Euphorie-Schatz gefunden.
Denn 10 Punkte Vorsprung im Ringen ist wie ein 2:0 im Fussball. Ein Vorteil. Aber keine Entscheidung. Es ist ein gefährliches Resultat. Am Samstag (20 Uhr) geht es in den Hexenkessel an der Grenze zu Österreich. Thomas Gächter, Trainer von Kriessern, sagt: «Es sind nochmals zehn Kämpfe. Das müssen wir wettmachen. Das ist schnell passiert. Ich habe ein Team, das nicht aufgibt. Versprochen.»
Pascal Strebel – in seiner ersten Saison als Trainer der Freiämter – sagt: «Das war eine starke Leistung. Wir haben ein Zeichen gesetzt. Aber wir müssen am Boden bleiben, gut weiterarbeiten und am Samstag in Kriessern so auftreten wie heute. 10 Punkte Vorsprung sind gut, aber es kann drehen.» Dieser Halbfinal-Sieg gegen einen unbequemen Gegner war aber nicht nur aufgrund der Deutlichkeit imposant, sondern auch wie motiviert und konzentriert alle Freiämter auf die Matte standen. Und das ist fast mehr wert als 10 Punkte Vorsprung.
Die starken Ringer-Zwillinge
Die Freiämter Zwillinge Nils und Nino Leutert zeigen sackstarke Leistungen beim 23:13-Halbfinalsieg. Beide gewinnen ihre Kämpfe. Nino Leutert sagt: «Wir wollten die Euphorie, die in uns steckt, allen zeigen. Der ganze Verein, nicht nur die Kämpfer auf der Matte, haben eindrücklich bewiesen, dass wir in diesem Jahr wieder ein Titelanwärter sind. Am letzten Samstagabend hat einfach alles gepasst. Stimmung, Publikum, Leistung, Resultat, das macht stolz.»
Bruder Nils – der gleich im ersten Kampf mit einem 4:0-Sieg den Takt vorgab – sagt: «Unsere Fans stehen zu 100 Prozent hinter uns, das war ein tolles Gefühl. Von jedem Einzelnen im Verein war zu spüren, dass wir etwas Grosses leisten wollen. Die Motivation war riesig.» Zum Rückkampf am Samstag in Kriessern sagt Nils: «Ein Polster. Aber der Kampf beginnt wieder bei null. Wenn wir mit derselben Freude und Konzentration auf die Matte gehen, dann glaube ich, dass wir den Final erreichen können.» --spr