Das Dessert geniessen
02.05.2025 Bremgarten, Musik, KulturOperettensaison: Myriam Rufer-Staubli zwischen Euphorie und Halbzeitwehmut
Heute Abend starten die Protagonisten der Operettenbühne in die zweite Hälfte der diesjährigen Spielzeit. Präsidentin Myriam Rufer-Staubli zieht eine positive Zwischenbilanz ...
Operettensaison: Myriam Rufer-Staubli zwischen Euphorie und Halbzeitwehmut
Heute Abend starten die Protagonisten der Operettenbühne in die zweite Hälfte der diesjährigen Spielzeit. Präsidentin Myriam Rufer-Staubli zieht eine positive Zwischenbilanz einer Saison, die auch für sie persönlich eine ganz spezielle ist.
Marco Huwyler
Es war irgendwann im Frühling des letzten Jahres. Die Verantwortlichen der Operettenbühne suchen per Casting die Besetzung einer Rolle. Neben der Regie ist auch Myriam Rufer-Staubli anwesend. Und weil für den Sprechgesang der Kandidaten ein schauspielerischer Konterpart gefragt ist, springt die Präsidentin kurzerhand ein. «Das habe ich offenbar ziemlich gut gemacht», schmunzelt die 53-Jährige. Denn fortan ist Regisseur Volker Vogel hartnäckig. «Er nannte mich nur noch ‹Pinelli›», lacht Rufer-Staubli. Pinelli ist der Oberclown und Zirkusregisseur im Stück. Eine kleine, aber wichtige Sprechrolle von «die Zirkusprinzessin». «Und irgendwann habe ich zugesagt, diese Rolle tatsächlich zu übernehmen.»
Stimmgewaltig genug?
Rufer-Staubli wagt sich damit erstmals auf ein Parkett, das sie jahrelang kategorisch ausgeschlossen hatte. «Ich habe rund um die Operettensaison so viel um die Ohren, dass ich mir nicht auch noch so zusätzlich Druck machen wollte. Ausserdem hätte ich mir es von selbst auch nicht zugetraut – inmitten all der Profis», sagt sie.
Doch Pinelli ist ihr wie auf den Leib geschneidert. «Ein Oberclown, das passt doch wunderbar», lacht Rufer-Staubli. Und die Präsidentin findet Gefallen an ihrer neuen Rolle. «Es ist eine Aufgabe, die mir grossen Spass macht.» Freilich aber auch eine ungewohnte Herausforderung ist. «Die Konzentration ist eine ganz andere, als wenn man ‹nur› Teil des Chores ist», sagt sie. Da gibt es kein Auffangnetz mehr von 33 anderen, die einen Hänger unbemerkt lassen. Niemand, der einspringt, wenn man den Einsatz verpasst. Und keine sich kumulierenden Stimmen, die spielend den Saal füllen. «Ich fragte mich deshalb im Vorfeld bang – ist meine Stimme genug stark, um das ganze Casino zu durchdringen?» Offenbar ist sie es, kann sie nach 11 Vorstellungen beruhigt konstatieren. «Ich habe jedenfalls noch keine anderslautenden Rückmeldungen erhalten», lacht sie. Dagegen gabs zahlreiche warme Worte. Wenn auch nicht immer vom Regisseur. «Volker ist keiner, der gleich in Lobeshymnen ausbricht. Vielmehr gibt er dir Ratschläge, was du noch besser machen könntest», schmunzelt Rufer-Staubli. «Aber er ist sehr zufrieden, wie ich über Umwege erfahren habe.»
Pech mit schönem Wetter
Davon, dass nicht nur Rufer-Staubli, sondern alle der gut 100 Personen, die jeweils an einer Aufführung beteiligt sind, einen tollen Job machen, zeugt jeweils der grosse Applaus des Publikums. «Wir haben bisher nach allen Vorstellungen Standing Ovations erhalten», lächelt Rufer-Staubli. Die Anerkennung der Besucherinnen und Besucher macht sie glücklich. «Die Wertschätzung der Menschen während der Saison spüren zu dürfen, ist grossartig. Die Aufführungen während der Spielzeit sind für mich das Dessert, das ich nach all der harten Vorbereitung so richtig geniessen kann.» Wie ihr gehe es den meisten der Involvierten. «Nach der Vorstellung am vergangenen Samstag sahen wir uns an und stellten fest: Krass, das war schon die Hälfte. Und prompt überkam uns die Halbzeitwehmut.»
Umso mehr will Rufer-Staubli auch die verbleibenden 11 Auftritte als Pinelli geniessen. Gerne auch noch vor etwas mehr Zuschauern als bislang. «Die Auslastung in der ersten Hälfte war okay, aber noch nicht zufriedenstellend», sagt Rufer-Staubli. Das Wetter spiele der Operettenbühne dieses Jahr nicht in die Karten. «Gefühlt immer aufs Wochenende wird es schön», seufzt die Präsidentin. «Da ist bei vielen halt Grill statt Casino angesagt.»
«Lustig und einfach eine gute Geschichte»
Ganz egal, wie das Wetter sich entwickelt. Rufer-Staubli hat die Hoffnung, in der zweiten Saisonhälfte zuschauermässig noch etwas zulegen zu können. «Ich habe viele Bekannte, die mir flüchtig zurufen: ‹Operette gell, ich komme noch!›.» Die Präsidentin hofft, dass dies bei jenen auch tatsächlich der Fall sein wird. Denn ein Besuch im Casino lohne sich heuer besonders, verspricht die Präsidentin. «Die Zirkusprinzessin ist ein Stück auch für Nicht-Operettenliebhaber. Es bringt dich zum Lachen und erzählt einfach eine gute Geschichte.»
Das Echo derjenigen, die bisher gekommen sind, sei denn auch überwältigend positiv. «Das ist jeweils unglaublich schön für mich zu hören», sagt Rufer-Staubli. «Es gibt beispielsweise solche, die einmal kommen wollten, dann aber so gepackt wurden, dass ich sie bestimmt schon fünfmal im Casino gesehen habe», lächelt die Bremgarterin. Die Freude der Menschen, wenn sie erleben, was man auf die Beine gestellt hat, sei mehr als Entschädigung für all die Mühen. Für die bis zu 15 000 Stunden Frondienst, die sich über alle Beteiligten hinweg während einer Operettensaison kumulieren. Und so wird Rufer-Staubli auch nach bald 18 Jahren Präsidentschaft und der 8. Produktion vom Operettenfieber infiziert bleiben. Ob mit oder ohne Sprechrolle.
«Die Zirkusprinzessin» ist noch bis am 24. Mai im Casino zu sehen. Weitere Informationen und Tickets unter www.operette-bremgarten.ch.