Champion Roy verzaubert alle
27.05.2025 Sport, KampfsportKampfsport: Bei kühlen Temperaturen erwärmte die «Xplosiv Fight Night» mit heissen Duellen
Die Premiere der «Xplosiv Fight Night» im Wohler Schüwo-Park war stark. Gegen die kühlen Temperaturen halfen Militärdecken, Heizstrahler ...
Kampfsport: Bei kühlen Temperaturen erwärmte die «Xplosiv Fight Night» mit heissen Duellen
Die Premiere der «Xplosiv Fight Night» im Wohler Schüwo-Park war stark. Gegen die kühlen Temperaturen halfen Militärdecken, Heizstrahler und Roy Cipriano, der bei seinem Heimspiel heissläuft – und für einen krönenden Abschluss sorgte.
Stefan Sprenger
Funken sprühen, Roy Cipriano glüht. Es war angerichtet für den Höhepunkt des Abends. Der letzte Fight um kurz vor Mitternacht, die Stimmung elektrisierend. «Meine Augen haben gedreht. Ich wollte nur noch raus und kämpfen. Und dann ist es einfach passiert», sagt Roy Cipriano. Sein Vater und Trainer Rocco Cipriano sitzt – sichtlich angespannt – am Ring. Doch als die Glocke ertönt, löst sich die Anspannung schnell, weil er sieht, dass Roy Cipriano alles im Griff hat. «Besser als erwartet», wie er selbst sagt. Gegen Drud Omar aus St. Gallen hat er im letzten Jahr sein Debüt als Profikämpfer verloren. Doch nun hat Cipriano dazugelernt – und ruft eine Topleistung ab. «Ich habe mich akribisch vorbereitet und enorm viel trainiert», wie er sagt.
Und das merkt man. Roy Cipriano geht hochkonzentriert ans Werk. Die Nervosität vor dem Kampf wandelt er in Power um. Den Angriffen seines Gegners weicht er leichtfüssig aus. Auf die vielen Luftschläge von Drud Omar folgen kraftvolle Konter. Vater Rocco meint: «In den letzten Monaten hat er enorme Fortschritte gemacht. Durch die Hilfe von Profis konnte er noch mehr aus seinem Kopf und seinem Körper rausholen.» Auch die Ausdauer ist ein Faktor für den deutlichen Sieg von Cipriano. Revanche geglückt. Heimspiel gewonnen. Cipriano holt sich den Swiss-Pro-Titel und zudem einen Startplatz beim italienischen Kampfsportformat «Fight Clubbing».
Mehr als Kampfsport
Die rund 500 bis 600 Zuschauer – darunter schätzungsweise die Hälfte aus Wohlen – feiern ihren Helden. Im Publikum im Schüwo-Park sitzen Gemeinderat Roland Vogt, Regierungsrat Jean-Pierre Gallati, Ex-Profifussballer Goran Karanovic oder Philipp Stöckli, Produzent beim Schweizer Fernsehen (und früherer Redaktor dieser Zeitung). Stöckli hat seine drei Söhne dabei, die nach dem Kampf ein Siegerfoto mit Roy Cipriano machen. Alle sind dick eingepackt in Militärdecken. Rund 300 Stück dieser Decken wurden spontan noch organisiert. Dazu Heizstrahler, Heizpyramiden, Wärmelüfter. Sie alle sollten die Menschen etwas aufwärmen, denn es war kühl im Schüwo-Park in Wohlen. Bei den neun Amateurkämpfen zu Beginn war es angenehm, doch je länger der Abend dauerte und je näher die vier Profikämpfe am Ende kamen, desto kühler wurde es in der Eishalle. Doch immer wieder gab es Momente, die erwärmten. Der eigens für die Fight Night produzierte Rapsong des Lenzburgers «Taima», die Tanzshow des «Movimento», der hervorragende Speaker, die Nummerngirls, die Pyrotechnik – und natürlich die hochstehenden Kämpfe, die alle eine eigene Geschichte im Ring schrieben.
Unterstützung des Schüwo-Parks
Der Kickboxing Klub Wohlen erhielt bei der Durchführung die vollste Unterstützung vom Schüwo-Park-Team um Ruslan Martianov (Betriebsleiter), Tobias Rohner (Verwaltungsratspräsident) und René Holenweger (Gastro «Marco Polo»). «Die letzten Tage vor dem Anlass waren enorm intensiv. Das OK war bis spät in die Nacht beschäftigt. Das OK, die Schüwo-Park-Leute und ganz viele helfende Hände haben es am Ende möglich gemacht, diesen Anlass zu stemmen», sagt Rocco Cipriano. Das Feedback der Zuschauer war «überwältigend und nur positiv».
Veseli ist beeindruckt
Doch es hätten bei der Premiere der «Xplosiv Fight Night» mehr sein dürfen. Im hinteren Teil der vier Sektoren blieben Stühle leer. «Die Stimmung war toll, der ganze Abend war herrlich», sagt Rocco Cipriano – und will unter keinen Umständen jammern über den Anlass, der von den Kämpfern und Besuchern für die gute Organisation gelobt wurde.
So auch von Shkodran Veseli, einem der aktuell besten und bekanntesten Profikämpfer des Landes. Er wäre an der Wohler Kampfnacht eigentlich im Ring dabei gewesen, doch verletzte sich in den Tagen kurz davor. «So ist der Sport manchmal», meint er bei einer kurzen Ansprache im Ring. «Was ihr hier auf die Beine gestellt habt, ist aber einmalig, richtig stark, beeindruckend», sagte Veseli und versprach, dass er bei der nächsten «Xplosiv Fight Night» im Ring stehen wird. Gibt es denn ein zweites Mal? Rocco Cipriano meint: «Der Anlass war toll. Der Aufwand war riesig. Wir müssen nun ein paar Nächte drüber schlafen und die Zahlen abwarten.»
Prüfungen, WM und Indonesien
Kurz nach Mitternacht erhält Roy Cipriano den Gürtel des Champions – unter riesigem Applaus des Heimpublikums. Der gefeierte Held Cipriano, der mit seinem Schlusspunkt alle verzaubert, sagt: «Die Atmosphäre war der Hammer. Es war eines meiner geilsten Erlebnisse als Kampfsportler. Nach dem Kampf habe ich mich gefühlt wie in einem schönen Traum.»
Roy Cipriano muss nun auf einer anderen Bühne heisslaufen. Er befindet sich mitten in den Abschlussprüfungen für seine Berufsmatura. Im Juli wird er ins Trainingslager nach Indonesien gehen, sein Ziel ist die Kickbox-WM in Abu Dhabi im November. «Dieser Sieg jetzt ist eine riesige Motivation», sagt Roy Cipriano – und möchte unbedingt «Danke» sagen. «Für mein Team, für alle Leute, die gekommen sind, für das Organisieren. Es war unvergesslich.» Genauso unvergesslich wie sein heisser Auftritt bei seinem Heimspiel.
Heimspiel der Polizistin
Freiämter Kämpfer an der Fight Night
Da wird es plötzlich still im Schüwo-Park. Juan Mesa vom Universal Fight Club Bremgarten tritt (beim vorletzten Kampf) an gegen den Schweizer Meister Nolan Venzin. Der Mittelgewichtskampf ist hart, spannend, intensiv. Venzin hat leichte Vorteile, bearbeitet mit Dutzenden Kicks das immer roter werdende Bein des Bremgarters. Doch Mesa schickt Venzin auf die Bretter – und holt sich unter grossem Jubel seines ganzen Clubs den Sieg und den Gürtel (Swiss-Pro-Titel).
«Jetzt musst du dem Publikum noch etwas bieten»
Die vier Profikämpfe waren attraktiv. Die Siege der Lokalmatadoren Roy Cipriano und Juan Mesa trugen zum Spektakel bei. Ebenfalls ein Highlight war der Kampf zwischen dem A.F.S.O.- Weltmeister Kristian Bøerge (aus Dänemark) und Taim Al Taweel (aus Österreich). Auch jener Kampf ist attraktiv, wird dazu begleitet von einem stimmungsvollen Trainer von Al Taweel, der Sätze reinschreit wie: «Komm, jetzt musst du dem Publikum noch etwas bieten.» Die Zuschauer sind bestens unterhalten. Al Taweel ist beflügelt und gewinnt 2:1.
Auch der vierte Profikampf hatte es in sich. Die beiden nationalen Fighter Binyam Ghirma und Gustavo Pereira liefern sich einen sehenswerten Schlagabtausch. Pereira hat am Ende den viel längeren Atem und siegt. Auffällig: Alle Kämpferinnen und Kämpfer sind im Umgang sehr respektvoll.
Siege für Wenk, Oruclar und Raggini
Ebenfalls ein Heimspiel hatte Céline Eberli. Seit Oktober 2024 arbeitet die 27-Jährige aus Unterlunkhofen bei der Regionalpolizei Wohlen. Die leidenschaftliche Kampfsportlerin durfte erstmals an solch einer Fight Night dabei sein. «Es war spannend und ein toller Abend», sagt Eberli, die beim Universal Fight Club Bremgarten trainiert. Ihr Kampf gegen Lynn Graf war blutig (beide Kämpferinnen hatten Nasenbluten). Am Ende verliert Eberli, zeigt aber eine gute Leistung. «Es war toll organisiert, die Stimmung war super und es war für mich besonders, ein Heimspiel zu haben. Leider hat es nicht für den Sieg gereicht. Aber aus diesen Kämpfen kann ich sehr viel lernen und werde dadurch auch noch stärker.»
Bei den Amateurkämpfen konnten zudem einige Mitglieder von Kickboxing Wohlen gross auftrumpfen. Sanem Oruclar, Luis Wenk und Enrico Raggini feierten allesamt euphorische Siege. Raggini, der mit Schweizer Flagge und überzeugendem Kampf für Stimmung sorgte, entpuppte sich als einer der Höhepunkte im Mittelteil der Fight Night. --spr