Bremgartens Lion King
03.08.2023 BremgartenEin Löwe ist geblieben
«Lion King» als vergängliche Kunst
Das Künstlerduo Pialeto hat gemeinsam mit Schulkindern ein begehbares Kunstwerk erstellt, das das Leuefäscht prägte.
Auch einen Monat ...
Ein Löwe ist geblieben
«Lion King» als vergängliche Kunst
Das Künstlerduo Pialeto hat gemeinsam mit Schulkindern ein begehbares Kunstwerk erstellt, das das Leuefäscht prägte.
Auch einen Monat nach dem Ende des grossen Bremgarter Stadtfestes steht der «Lion King» noch immer vor der Stadtkirche in der Unterstadt. Er ist damit Zeuge eines überaus gelungenen und speziellen Kunstprojektes, das für ein überaus gelungenes und spezielles Sommerfest erstellt wurde. Dennoch sind auch die Tage des gigantischen Löwen in gut einem Monat gezählt. Bis dahin gilt es die einzigartige Sitzgelegenheit noch zu geniessen. Und auf die Geschichte hinter dem «Lion King» zurückzublicken. --huy
Sommerserie «Öffentliche Kunst»: Ein begehbarer Löwe zeugt immer noch vom Freiämter Fest des Jahres
Über einen Monat ist das Leuefäscht mittlerweile bereits wieder Geschichte. Doch Spuren vom grossen Bremgarter Happening finden sich im Städtli nach wie vor. Allen voran im Kirchenbezirk, wo mit dem «Lion King» ein ganz spezielles Kunstwerk noch immer zum Verweilen einlädt.
Marco Huwyler
Das Leuefäscht hatte von Anfang an den Anspruch, nicht bloss irgendein Fest zu sein. Wenn man schon eine Tradition ins Leben ruft, die von 2023 an im 7-Jahres-Rhythmus regelmässig Tausende Leute von nah und fern ins Städtli lockt, dann sollte es sich dabei auch um eine Feier handeln, die Bremgarten als vorzügliche Visitenkarte dient. Eine, die dessen Besonderheiten und schönste Seiten im besten Licht präsentiert. Und weil man sich hierzustadt bekanntlich zu Recht auch als kleine Oase der Kultur sieht, war es nur logisch, dass das Bremgarter Vorzeigefest den Gästen nicht bloss Halligalli, sondern auch kulturelle Zerstreuung bieten soll – und sich dafür entsprechend schmuck macht.
Vergängliche Kunst aus Dachlatten
Als eine der zahlreichen Massnahmen kontaktierte das Organisationskomitee dabei im Verlaufe der Vorbereitung auch das Künstlerduo Pialeto. Pia Gabriel und Markus Meyle (alias Leto) haben sich in den vergangenen Jahren in der Szene einen Namen gemacht mit ihren Leucht- und Feuerskulpturen aus Dachlattenplättchen, welche sie per mobiler Werkstatt zu verschiedensten Anlässen und Gelegenheiten gleich vor Ort erstellen.
«Die Idee dahinter ist es, für kurze Zeit an speziellen Orten grosse und spektakuläre Dinge möglich zu machen, die nicht zu zeitaufwendig und zu teuer sind, den Menschen aber in Erinnerung bleiben», sagt Gabriel. Und Meyle ergänzt: «Es geht dabei auch immer um das Credo, im Moment zu leben und im Hier und Jetzt künstlerische Spontaneität und Kreativität walten zu lassen, die sich nicht zu wichtig nimmt, weil sie sich ihrer Vergänglichkeit und Funktionalität bewusst ist.»
Bereits zweimal am ArtWalk
Die beiden haben mit dieser Art des Schaffens grossen Erfolg und sind schweizweit begehrt. Auch in Bremgarten war man in der Vergangenheit bereits zweimal zu Gast – im Rahmen des ArtWalks. Und von ebendieser Quelle, in der Person von Artwalk-Künstler-A kquisiteur René Walker, erhielt das OK des Leuefäschts auch den Tipp, Pialeto für eine Kunstinstallation als eine der kulturellen Attraktionen auf der Festmeile anzufragen.
«Wir sind dann gemeinsam mit Claudia (Wiehl, u.a. OK-Mitglied des Leuefäschts, Anm. d. Red.) durch das Städtli spaziert und waren uns eigentlich rasch einig über das Was, Wie und Wo», lächelt Künstlerin Gabriel. «Der Löwe als Motiv war natürlich logisch. Und weil uns allen etwas wirklich Grosses und Aufsehenerregendes vorschwebte für dieses spezielle Fest, war auch bald einmal klar, dass wir beide das nicht ganz allein stemmen können.»
Die Arbeitskraft der Schulkinder
Da das Leuefäscht auch ganz im Zeichen der Bremgarter Schülerinnen und Schüler stand und Schulprojekte ohnehin ein Steckenpferd von Pialeto sind, lag es auf der Hand, dass man sich von jener Seite Hilfe an Bord holte. Der Löwenkopf wurde von Pialeto noch in Eigenregie erstellt. Dann, rund zwei Wochen vor Festbeginn, installierten sich die beiden Künstler zehn Tage lang im Kirchenbezirk und fertigten dort gemeinsam mit sechs Schulklassen das, was später als Bremgarter «Lion King» getauft wurde. Ein 12 × 4,5 × 4 Meter grosses Kunstwerk direkt vor der Stadtkirche. Ein begehbarer Löwe, in dessen Innern später während des Leuefäschts vom Cevi Bremgarten und vom Kulturverein Zufikon eine Bar für Kinder und Jugendliche betrieben werden sollte. Ein beeindruckendes Monument des Bremgarter Wappentieres, das man in der Nacht beleuchten konnte und das sich während der vier Festtage als eines der meistfotografierten Sujets eines mit visuellen Highlights nur so gespickten Festes behauptete.
Zahlreiche helfende Hände
«Die Arbeit daran hier in Bremgarten hat uns unglaublich Spass gemacht», resümiert Meyle heute. «Riesenkompliment an alle beteiligten Schülerinnen und Schüler – dieses Engagement und diese Begeisterung – wir würden die beteiligten Kinder jederzeit wieder engagieren.»
Das Aufstellen des gewaltigen Löwen vor der Kirche war für alle Involvierten ein Erlebnis, das sie nicht so schnell wieder vergessen werden. Und keineswegs ein stieres Arbeiten nach einem fixen Bauplan. «Wir hatten eine ungefähre Vorstellung und den Kopf – darüber hinaus war auch vieles spontan und den Inputs der Kinder und den Gegebenheiten vor Ort angepasst», berichtet Meyle lächelnd. «Zum Schluss ist der Löwe dann noch grösser geworden, als wir es eigentlich gedacht hätten.»
Geholfen hätten überdies nicht bloss die Kinder. «Teilweise sind uns Spaziergänger zur Hand gegangen, Anwohner haben ihre Werkzeuge mitgebracht und haben begonnen mitzuarbeiten – und ein einheimischer Herr fand es so toll, was wir hier machten, dass er unsere Arbeit gar in einem richtigen Film dokumentierte», berichtet Gabriel. Ein bleibendes Zeugnis der Entstehung, das heute auf Youtube angeschaut werden kann.
Mitte September wird abgeschraubt
Insgesamt 3,75 Kilometer Dachlatten, Planen aus mehreren Gleitschirmen und bis zu 12 000 Schrauben wurden für den «Lion King» in der Unterstadt verbaut. Und während der Anlass, das Leuefäscht, längst nur noch Erinnerung ist, steht der begehbare Löwe auch Anfang August (in Absprache zwischen den Künstlern, der Stadt und der Kirchgemeinde als Landbesitzerin) noch vor der Stadtkirche und bietet Passanten eine heimelige und bequeme Sitzgelegenheit im «Schärme», die rege und gerne genutzt wird.
Doch auch der «Lion King» hat ein Ablaufdatum. Mitte September wird er von Pialeto («hoffentlich wieder mit so viel Hilfe») auseinandergeschraubt. «Anders geht es gar nicht», sagt Gabriel. «Er würde sonst spätestens im Winter der Verwitterung zum Opfer fallen.» Viel des verwendeten Materials kann gemäss dem Künstlerduo allerdings wiederverwertet werden – für das nächste temporäre Kunstwerk. «Und was nicht, das dient uns immerhin noch als ‹Aafüüri›», lacht Meyle.
Ob der ganze «Lion King» indes bloss ein vergängliches Zeugnis eines wunderbaren Bremgarter Sommerfestes war, steht noch nicht abschliessend fest. Zumindest der Kopf könnte noch länger irgendwo Verwendung finden. Ein dankbarer Abnehmer mit sinnvollem Verwendungszweck wird momentan gesucht. «Vielleicht überlebt der Löwenkopf als ausgefallene Bremgarter Bar-Deko. Vielleicht als Fasnachtsschmuck, auf einem Umzugswagen.» Wer gerne einem König der Löwen ein sinnvolles neues Zuhause bietet und damit einen Zeugen des Leuefäschts am Leben hält, könne sich auf jeden Fall gerne melden.