Bedeutendes Gut
21.03.2023 Oberlunkhofen, KelleramtEs war ein Volksfest, so wie es eins vor hundert Jahren gewesen ist: Die Pfarrei St. Leodegar feierte ausgiebig den runden Geburtstag der vier Kirchenglocken in Oberlunkhofen. Geboten wurde ein Fest, das nebst Blick in die Geschichte zahlreiche Attraktionen für Gross und Klein bereithielt. ...
Es war ein Volksfest, so wie es eins vor hundert Jahren gewesen ist: Die Pfarrei St. Leodegar feierte ausgiebig den runden Geburtstag der vier Kirchenglocken in Oberlunkhofen. Geboten wurde ein Fest, das nebst Blick in die Geschichte zahlreiche Attraktionen für Gross und Klein bereithielt. So wurde hauptsächlich das zelebriert, wofür die Glocken seit jeher symbolisch stehen: Das Zusammenkommen der Menschen und Beisammensein in der Gemeinschaft. --red
Noch immer in guter Form
Die Pfarrei St. Leodegar feierte das 100-Jahr-Jubiläum von vier Kirchenglocken in Oberlunkhofen mit einem grossen Fest
Am 18. Januar 1923 wurden die vier grössten Glocken des Kirchturms von Oberlunkhofen in Aarau gegossen. Am 19. März 1923 wurden sie ins Kelleramt geliefert und ein grosses Volksfest gefeiert. Gebührend gefeiert wurde auch am Sonntag auf den Tag genau der hundertste Geburtstag der Glocken.
Susanne Schild
Der Weg zu den Geburtstagskindern ist kein leichter. Marietta Meier, Sakristanin in Oberlunkhofen, führt die Gruppe an. «Wie viele Stufen sind es bis ganz oben?», will ein kleines Mädchen wissen. «Genau kann ich das nicht sagen, doch es sind viele», so die Antwort von Marietta Meier. Hinauf geht es die schmale Treppe aus Holz. Auf dem letzten Treppenabsatz ist die Mechanik für das Geläut in einem Schrank, geschützt hinter Glas, zu sehen. Seit 1949 werden die Glocken im elektrischen Betrieb geläutet. Dann geht es ohne Geländer weiter.
Die Belohnung für den Aufstieg sind der Anblick der fünf Glocken und eine herrliche Aussicht auf das Kelleramt. «Für jeden Bewohner läutet eine Glocke, die Taufglocke, wenn alles nach Plan verläuft dreimal im Leben», erklärt Marietta Meier bei der Turmführung. «Zur Taufe, zur Hochzeit und zur Beerdigung.» Daneben läute sie zur Verkündigung des Evangeliums. Sie stammt aus dem Jahr 1696 und ist in Zug gegossen worden. Daneben baumeln die vier Geburtstagskinder. Die grosse Glocke, auch Herz-Jesu-Glocke genannt, die Muttergottesglocke, die Leodegarsglocke und die Schutzengelglocke. In Auftrag gegeben wurden sie damals, weil die alte Glocke von 1708 beschädigt war. Gegossen wurden sie von der Firma Rüetschi in Aarau.
Symbol für das Miteinander
«Trotz ihrer 100 Jahre sind die vier Glocken noch immer gut in Form», sagt Pfarreiseelsorger Claudio Gabriel. «Heute ist ein Freudentag. Die Glocken sind ein Symbol für das Miteinander, das Zusammenspiel in einer Gemeinschaft», sagte er beim Festgottesdienst in der Kirche Oberlunkhofen. Begleitet wurde dieser vom Kirchenchor Lunkhofen und Orchester sowie von der Trychlergruppe Rottenschwil.
Die Glocken seien ein Gemeinschaftswerk, zudem bereits vor 100 Jahren viele einen Beitrag geleistet hatten. «Die Anschaffung war eine teure Angelegenheit», weiss Dorfhistorikerin Rita Staubli. Die Einwohner aus den Gemeinden der Pfarrei spendeten für die Glocken. «Jede Glocke hat einen Paten aus den Gemeinden Islisberg, Rottenschwil, Arni, Unterlunkhofen und Oberlunkhofen.»
Ein grosses Volksfest
Rita Staubli informierte mit einer Filmpräsentation an der Jubiläumsfeier über den geschichtlichen Hintergrund der vier Glocken. «Morgens früh krachten im Kelleramt die Mörser. Die Freudenschüsse galten den neuen Glocken von Lunkhofen. Alles war auf den Beinen, Jung und Alt, um ihnen einen würdigen Empfang zu bereiten. Gegen 6 Uhr rückten sie an, festlich geschmückt mit Blumen und Kränzen, dem Zuge, der sechs Wagen und 22 Pferde zählte, ritten vier Herolde hoch zu Ross voran.» Das ist in der Ortschronik von Walter Bürgisser über den besonderen Tag im Kelleramt zu lesen. Damals ein Grossereignis in der Region. «Wir wollen mit dem Jubiläumsfest die Geschichte wieder in Erinnerung rufen», sagt Rita Staubli. «Die Glocken sind ein Bestandteil unseres kulturellen Erbes und vermitteln Heimat, Hoffnung, Trost und Geborgenheit. Die Glocken gehören allen.»
Ein vielfältiges Festprogramm
Nicht nur damals wurden die Glocken mit einem grossen Fest gefeiert. Um das Jubiläum der Glocken gebührend zu feiern, hatte ein Organisationskomitee ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm zusammengestellt. Seit rund einem Jahr bereitete das Organisationskomitee die Feier vor. Nach dem Festgottesdienst gab es ein Risotto-Essen. Anschliessend begann das Festprogramm. Besonders beliebt bei Jung und Alt war das «Kuhglocken-Spiel». An einem Holzgestell, das von einem Schreiner extra angefertigt wurde, konnten Kuhglocken zum Erklingen gebracht werden. Die Glocken wurden von Familien aus der Umgebung zur Verfügung gestellt. Daneben gab es ein Kasperlitheater und Ton-Glocken-Basteln für die Kinder.
Köstlichkeit aus Schokolade
Ein Gemeinschaftswerk waren auch die Schokoglocken zum Jubiläum. Den Anstoss für das Produkt gab Rita Staubli. «Damit können wir die Glocken nochmals ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen.» Die Bäckerei Chocolaterie Haas in Oberlunkhofen hatte die Köstlichkeit eigens für das Jubiläum kreiert. «Zum Essen ist sie eigentlich viel zu schade. Sie soll auch über das Jubiläum hinaus zu einem Mitbringsel aus dem Kelleramt werden», wünscht sich Claudio Gabriel.