Als «Reusstal» in Nigeria helfen
13.05.2025 Bremgarten, VereineVereint gegen Armut
Aus Pater Uche Ihekes Hilfsprojekt wird ein Verein, der in Nigeria Leben verändern will
Der Bremgarter Pfarrer macht aus seinem Projekt eine Institution. Diese soll so künftig noch mehr Menschen ...
Vereint gegen Armut
Aus Pater Uche Ihekes Hilfsprojekt wird ein Verein, der in Nigeria Leben verändern will
Der Bremgarter Pfarrer macht aus seinem Projekt eine Institution. Diese soll so künftig noch mehr Menschen erreichen.
Marco Huwyler
Vor ein paar Wochen war Lisbet Lang gemeinsam mit Weggefährten rund um Pfarrer Uche Iheke in Nigeria vor Ort.
Und die 84-Jährige Bremgarterin sah sich bestätigt darin, dass ihr Engagement im hohen Alter richtig und für ganz viele Menschen wichtig ist. «Es war erschütternd, eindrücklich und schön gleichermassen», berichtet Lang. Im nigerianischen Akanu, das die Bremgarter Delegation besuchte, leben die Menschen grösstenteils in Armut. Hier hat Uche Iheke, der leitende Pfarrer des Pastoralraums Bremgarten-Reusstal, seine Wurzeln. Und hier will er direkt vor Ort auch die Wurzeln der Armut seines Heimatdorfes bekämpfen. Ein Projekt, das den Bewohnern sauberes Wasser ermöglicht, wurde erfolgreich umgesetzt und hat sich als nachhaltig erwiesen. Nun soll die Vision eines «Reusstal-Zentrums» (eine Hommage an die Unterstützer des Projekts und die aktuelle Heimat des Pfarrers) inmitten Nigerias Realität werden. Zu diesem Zweck wird aus dem einstigen Privatprojekt nun ein Verein, der den Menschen eines armen Dorfes nachhaltige Bildungs- und Entwicklungschancen ermöglichen soll. Präsidiert wird dieser vom Hermetschwil-Staffler Andreas Kempter. Diesen Freitag wird die Vereinsgründung begangen.
Aus dem Hilfsprojekt des Bremgarter Pfarrers wird ein Verein
Dank Hilfe aus Bremgarten haben die Menschen im bettelarmen Dorf Akanu seit gut zwei Jahren Zugang zu sauberem Wasser. Es soll nur der Anfang sein. Dank «Reusstal-Zentrum» sollen die Menschen vor Ort Perspektiven für ein besseres Leben erhalten.
Marco Huwyler
Das Leben hat es gut gemeint mit Uche Iheke. Er ist in einfachsten Verhältnissen aufgewachsen und lebte in seiner Kindheit von der Hand in den Mund. Doch er hatte auch grosses Glück: sein Vater brachte ihm Lesen und Schreiben bei. Das ermöglichte ihm als Teenager Zugang zu einer katholischen Schule, wo er die Ausbildung zum Priester machte. Und als solcher wurde er anschliessend in die grosse weite Welt abbestellt. Nach Engagements in aller Welt – unter anderem in Kriegsgebieten – landete der heute 53-Jährige schliesslich in Bremgarten, wo er vor sechs Jahren leitender Priester des Pastoralraums wurde.
Erschrocken bei der Rückkehr
Seine Kindheit im nigerianischen Dorf Akanu hatte er zwar nie vergessen – doch die Erinnerungen des einstigen Bubes, der damals ja nichts anderes kannte, hatten die Lebensumstände aus kindlicher Sicht romantisiert. Sie waren im Gedächtnis des Pfarrers gar nicht so tragisch gespeichert. «Ich hatte auch noch sehr viele glückliche Momente im Kopf», sagt er. Deshalb ist Iheke sehr erschrocken, als er vor ein paar Jahren für drei Monate in sein Heimatdorf zurückkehrte. Ob all dem Elend, der Verwahrlosung und der bettelarmen Verhältnisse ohne jegliche Perspektiven, unter denen die Menschen dort leben. Ob den kerngesunden Menschen, die vom einen Tag auf den anderen plötzlich krank wurden und starben. Auf eigene Faust, mit eigenem Geld lancierte er deshalb – zurück in der Schweiz – ein Hilfsprojekt für sauberes Wasser. Lisbet Lang, eine Weggefährtin in der Bremgarter Kirche, überredete den nigerianischen Pfarrer schliesslich, im Schweizer Umfeld für Unterstützung zu weibeln. «Ich will kein Bettler sein», sagte Iheke eigentlich immer wieder. Doch ganz alleine wäre das teure Unterfangen mit einer professionellen Wasseraufbereitungsanlage, die aus dem verschmutzten Bach sauberes Wasser macht, nicht zu finanzieren gewesen. Gemeinsam mit Lisbet Lang machte er deshalb ein Projekt daraus. Und das Vorhaben gelang. Vor zwei Jahren ging mit Hilfe von Spendengeldern die Anlage in Betrieb, sorgt für eine markante Verbesserung der Lebensumstände vor Ort und rettet Leben.
Die Dankbarkeit der Menschen ist riesig. Das erlebte dieses Frühjahr auch Lisbet Lang, als sie in Begleitung von Iheke, ihrem Sohn und weiteren Bekannten nach Nigeria reiste. «So viele fröhliche und herzliche Menschen. Es hat mich richtig gerührt», berichtet die 84-Jährige. «Man hat Feste für uns veranstaltet. Von Kleinkind bis Senior wurde gesungen, gelacht, getanzt», lächelt die Bremgarterin. Doch auch ihr sind die Lebensumstände vor Ort eingefahren. «Zum Beispiel Babys, die einen Meter neben der Autobahn spielen. Oder kleine Wellblechbehausungen im Dreck, von denen man nicht sicher ist, ob sie morgen noch stehen, in denen aber Menschen leben.»
Schon fester Boden ist ein Meilenstein
Für sie und Uche Iheke ist deshalb schon lange klar, dass sie vor Ort in Akanu weiterhin helfen wollen. «Es geht primär darum, den Menschen Perspektiven zu ermöglichen», sagt Iheke. «Reusstal-Zentrum», heisst die Vision des Bremgarter Pfarrers – benannt nach dem Ort seines jetzigen geistlichen Wirkens. Dafür hat er aus dem eigenen Sack Land erworben. Mithilfe von Spendengeldern soll dort ein Ort entstehen, wo Bildung gedeihen kann und Anlässe stattfinden können.
Als Erstes entsteht ein Mehrzweckgebäude. Gemäss den Plänen eines nigerianischen Architekten, der heute in Hamburg wirkt und den Iheke von früher kennt. «Mittlerweile steht das Fundament. Für uns ein Meilenstein», lächelt Iheke. Denn festen Boden, der im Regen nicht zu klebrigem Sand oder Schlamm wird, das kennen die Menschen vor Ort sonst nicht. Deshalb finden bereits jetzt auf dem neuen Boden Versammlungen und Veranstaltungen statt. «Man spannt dann einfach ein Zelt darüber», lächelt der Bremgarter Pfarrer. Der nächste Schritt wird folgen. Bereits jetzt stehen rund 9000 Backsteine bereit, die bald die Wände bilden sollen. «Alle hergestellt vor Ort», wie Lang berichtet, die anlässlich ihres Besuches selbstredend einen Augenschein nahm. «Wenn die Regenzeit vorbei ist, wird der Wandbau in Angriff genommen.»
Breiter abstützen und Hilfe nachhaltig sichern
Das Geld aus dem Hilfsprojekt wird vorzu in Nigeria investiert. Wobei aus dem Projekt diesen Freitag ein Verein wird. «Wir wollen unsere Hilfe so breiter abstützen, nachhaltig gestalten und organisieren», sagt Lang. Das befreundete kirchennahe Paar Andreas und Clivia Kempter (Präsidentin der Kirchenpflege) bildet gemeinsam mit Lisbet und ihrem Sohn Dominik Lang sowie Pfarrer Uche Iheke den Vorstand des neuen Vereins «Reusstal-Zentrum Akanu Nigeria». Wobei Andreas Kempter als erster Präsident fungiert. So organisiert kann das Projekt künftig noch unkomplizierter und transparenter unterstützt werden. Mitgliederbeiträge für bisherige Spender sind angedacht. «Wobei man auch weiterhin wird spenden können, ohne Mitglied zu sein», erklärt Lang.
Die Verantwortlichen erhoffen sich so auch eine Vereinfachung der Abläufe. Dadurch, dass das Hilfsprojekt nun als Verein organisiert ist, können Spendenbeiträge von den Spendern beispielsweise unkomplizierter von der Steuer abgezogen werden. Lisbet Lang und Uche Iheke ist es indes wichtig zu betonen, dass weiterhin alles direkt nach Nigeria fliesst und dort unmittelbar zur Finanzierung des «Reusstal-Zentrums» eingesetzt wird. «Jeder gespendete Franken fliesst ins Projekt – und eigentlich noch mehr, da die Vereinsverantwortlichen sich selbst weiterhin finanziell engagieren», betonen die neuen Vorstandsmitglieder. Von Bremgarten aus sollen die Menschen eines armen Dorfes eine Perspektive im Leben und die Chance auf Bildung erhalten. So, wie es Uche Iheke, der einst einer von ihnen war, bereits vor vielen Jahren glücklicherweise beschieden war.
Wer für das Projekt «Reusstal-Zentrum Akanu» spenden möchte oder sich für eine Vereinsmitgliedschaft interessiert, kann sich unter 079 436 22 27 oder kempters@me.com beim neuen Vereinspräsidenten Andreas Kempter melden.