Mehr Bänkli gewünscht
21.01.2022 BremgartenDer Bremgarter Rentner Ivo Bianchi findet, dass die Stadt Bremgarten zu wenig für mobilitätseingeschränkte Personen unternehme. Die Altstadt sei für Menschen wie ihn nahezu unbegehbar und am Reussufer gebe es zu wenige Sitzgelegenheiten.
Vonseiten der Stadt Bremgarten ...
Der Bremgarter Rentner Ivo Bianchi findet, dass die Stadt Bremgarten zu wenig für mobilitätseingeschränkte Personen unternehme. Die Altstadt sei für Menschen wie ihn nahezu unbegehbar und am Reussufer gebe es zu wenige Sitzgelegenheiten.
Vonseiten der Stadt Bremgarten heisst es, man habe die verschiedenen Anliegen von Ivo Bianchi sorgfältig geprüft, man könne aber nur wenig machen. --huy
Altstadt als Hindernis
Ivo Bianchi wünscht sich weniger Barrieren im Alltag
Ein Rentner prangert Missstände im Städtli für mobilitätsbeeinträchtigte Personen an. Bei der Stadt fühlt man sich zu Unrecht kritisiert.
Marco Huwyler
Von Ivo Bianchis Wohnung in Bremgarten West aus hat man einen wunderbaren Ausblick auf die zu Recht oft gerühmte Fassade der Bremgarter Altstadt. Doch der Blick ist für den 90-Jährigen manchmal auch ein schmerzhafter. Denn er erinnert Bianchi daran, dass er mittlerweile schon jahrelang nicht mehr in der Altstadt seiner Heimat gewesen ist.
«Es geht einfach nicht mehr», erzählt der Senior seufzend. «Mit einem Rollator sind Pflastersteine schlicht nicht passierbar.» Seit mit der Sanierung und Neugestaltung der Gassen der Unterstadt auch dort Kopfsteinpflaster verlegt wurde, fühle er sich noch eingeschränkter. Bianchi findet, man sollte einen Kompromiss finden. Einen Streifen aus glattem Untergrund in der Mitte der Altstadtgassen beispielsweise – oder ebene Trottoirs. «Mir gefallen die Gässchen ja auch besser gepflastert. Klar ist das schöner als Asphalt, das finde ich auch. Aber man kann doch nicht nur daran denken.»
Problematisch auch für andere
Bianchi ist davon überzeugt, dass viele Menschen von einer baulichen Änderung profitieren würden. «Velofahrer beispielsweise. Aber auch zahlreiche Klienten der St. Josef-Stiftung.» Bianchi weiss, wovon er spricht. Über 20 Jahre lang hat der Bremgarter dort nach seiner Pension nämlich ehrenamtlich gearbeitet. «Wenn ich mit Klienten im Rollstuhl unterwegs war Richtung Zentrum, mieden wir den Weg über die Altstadt – die Kombination aus Steilheit und Pflastersteinen macht ihn für mobilitätsbeeinträchtigte Personen unglaublich beschwerlich.»
Der Senior glaubt, dass die aktuelle Situation auch für die zahlreichen in der Altstadt liegenden Fachgeschäfte und Gastronomiebetriebe nachteilig sei. «Wenn man alle zusammenzählt, die den Altstadt-Weg meiden – Velofahrer, ältere Menschen, die Klienten der St. Josef-Stiftung und deren Betreuer – dann kommt man auf eine beträchtliche Anzahl potenzieller Kunden, die den Betrieben dort durch die Lappen gehen.» All dies habe er den Verantwortlichen der Stadt mehrmals mitgeteilt, sagt Bianchi. Darauf eingegangen sei niemand. «Man hat mir bloss mitgeteilt, dass Pflastersteine halt zu Bremgarten gehören. Darüber kann ich nur den Kopf schütteln.»
Bei der Stadt sieht man dies freilich anders. «Bei uns wurden und werden bei Hoch- und Tiefbauprojekten die Normen für hindernisfreies Bauen für Menschen mit Behinderung immer befolgt und berücksichtigt», erklärt Stefano Righetti, Bereichsleiter Tiefbau der Stadt. «Gerade bei der Sanierung der Unterstadt war das Thema des hindernisfreien Verkehrsraums für Fussgänger zentral. Die strengen Vorgaben und Anforderungen der Schweizer Norm wurden umgesetzt. Die Gassen in der unteren Altstadt sind mit Rollstuhl oder Rollator sehr gut begehbar.» Man befolge die Normen für eine hindernisfreie Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von öffentlichen Bauten sowie des öffentlichen Verkehrsraumes bei allen Projekten.
Zu wenige Bänkli?
Bianchi widerspricht dem. Die Pflastersteine stören ihn – genauso wie sein zweiter grosser Kritikpunkt, den er laut eigenen Angaben ebenfalls «schon seit Jahren moniert».
«In Bremgarten West gibt es eindeutig zu wenige Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum.» Dies sei nicht nur schade, weil so ein Mangel an Verweilplätzen an der schönen Reuss herrsche – für ältere Leute wie ihn sei dies auch eine Voraussetzung, um überhaupt spazieren gehen zu können. Zumal die Kieswege an der Reuss auch alles andere als rollatorfreundlich seien. «Und im Alter muss man halt manchmal absitzen und sich ausruhen können. Geht das nicht, kann dies zu verhängnisvollen Stürzen führen.» Ausserdem sei es wichtig, dass die Sitzgelegenheiten eine Rücken- und eine Armlehne hätten, «damit man leichter wieder aufstehen kann». An manchen der bestehenden Bänkli des Reussufers vermisst Bianchi dies. «Zudem sind einige in einem schrecklichen Zustand – unwürdig für eine Stadt wie Bremgarten, die den Anspruch hat, ein Bijou zu sein», findet der Rentner. Doch auch mit seinem Bänkli-Anliegen stosse er bei der Stadt auf taube Ohren.
Stadt nicht allein verantwortlich
Darauf angesprochen entgegnet Tiefbauleiter Righetti, dass dies so nicht stimme. «Unsere bestehenden Bänkli sind alle gut unterhalten», bekräftigt er. Im Gebiet West gebe es aber auch Sitzgelegenheiten auf öffentlich zugänglichem Grund, die nicht im Eigentum der Stadt seien. «Zum Beispiel auf dem Areal der St. Josef-Stiftung oder demjenigen der AEW.» Für den Unterhalt dieser Bänkli sei die Stadt nicht verantwortlich. «Da sind uns die Hände gebunden.» Righetti betont auch, dass man sich mit dem Wunsch des Seniors nach mehr Bänkli am Reussufer durchaus ernsthaft auseinandergesetzt habe.
«Auf Anfrage von Herrn Bianchi haben wir letztes Jahr geprüft, ob die Möglichkeit besteht, entlang des Reuss-Fussweges im Bereich zwischen Parkplatz Badi und Isenlaufsteg ein zusätzliches Bänkli aufzustellen», berichtet Righetti. Leider hätten dies die örtlichen Verhältnisse nicht erlaubt «Wegbreite, Gefällsverhältnisse, Böschungen – man muss einiges beachten.»
Rentner Bianchi kann darüber nur lachen. «Man muss halt auch wollen – von nichts kommt nichts.»



