Zwei verliebte Sportlerseelen

  22.12.2023 Sport

Der Freiämter Ringer Joel Meier und die Snowboard-Olympionikin Sina Siegenthaler erzählen ihre Liebesgeschichte

Joel Meier ist ein sportliches Multitalent und fällt auch durch seinen Zwirbelschnauz auf. Der Niederwiler von der Ringerstaffel Freiamt hat zudem eine berühmte Freundin. Seit drei Jahren ist er mit Snowboarderin Sina Siegenthaler zusammen, die vor wenigen Tagen ihr erstes Weltcuprennen gewann. Die beiden Sportfreaks ergänzen sich perfekt.

Stefan Sprenger

Unter den Fans der Ringerstaffel Freiamt steht eine junge Frau. Sie jubelt, sie fiebert mit, sie feuert auf «Bärndütsch» die Athleten an. «Ich bin bei den Kämpfen der Freiämter Ringer jeweils nervöser, als wenn ich selbst am Start stehe», sagt Sina Siegenthaler. Seit drei Jahren ist die Snowboardcrosserin, so oft es geht, an den Ringermatches dabei. Der Grund ist ihr Freund Joel Meier, Kämpfer der RS Freiamt. Für Siegenthaler war die Sportart absolutes Neuland. Doch sie ist restlos begeistert: «Die Atmosphäre an den Ringerkämpfen ist einmalig, das habe ich noch nie an einem Sportanlass erlebt. Und ich fühle mich schon fast ein wenig als Teil der Freiämter Ringerfamilie. Es sind sehr coole Leute und der Zusammenhalt ist so, wie ich ihn mir manchmal bei uns im Team wünschen würde.»

Verliebt durch das Nationalturnen

Sina Siegenthaler und der Niederwiler Joel Meier haben sich 2012 in Langenthal kennengelernt. In einem Trainingslager des Nationalturnens. Meiers Eltern leiteten das Lager, Siegenthaler nahm zusammen mit ihren beiden Schwestern teil. Sie sehen sich danach immer wieder an Nationalturntagen. 2020 findet erneut ein Trainingslager im Tessin statt. Dort trinken die beiden mehrmals einen Kaffee zusammen, gehen auf eine gemeinsame Töfftour. Als der Freiämter die Emmentalerin dann in die Ferienwohnung nach Grächen einlädt, sprühen die Funken gewaltig. «Von da an sind wir ein Herz und eine Seele», sagen die beiden.

Ein wichtiger Teil ihrer Beziehung ist natürlich der Sport. Beide sind sportliche Multitalente (siehe Kasten). Das Verständnis für den grossen Trainingsaufwand ist da. Meier sagt: «Wir leben beide mit dem Sport, ohne geht es nicht. Es gibt selten einen Tag, bei dem wir uns nicht sportlich pushen.» Seine Freundin meint: «Sport gehört bei uns zum festen Tagesablauf. Aber ich bin froh, kann ich mit ihm auch über andere Dinge reden.»

«Wir sind grundverschieden»

Die Bernerin sagt lachend: «Ich glaube, wir sind grundverschieden.» Sie ist ein Kopfmensch und sehr emotional. Ihr Freund Joel Meier ist mehr ein Typ, der das Motto «Take it easy» verkörpert. «Daran musste ich mich zuerst gewöhnen. Mittlerweile können wir beide voneinander profitieren», erzählt die 23-Jährige. Weil beide in der Situation des Partners jeweils das Positive sehen. «Er bleibt sachlich, ist unglaublich ehrlich. Er lästert nie und geht enorm ausgeglichen durchs Leben. Das tut mir gut und ist ein wichtiges Puzzleteil für meinen Erfolg.»

Herzige Nachricht von Meier vor dem ersten Weltcupsieg

Apropos Erfolg: Nebst der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2022 in Peking (16. Rang) und einer Silbermedaille an der Junioren-WM im Teamevent landete sie vor wenigen Tagen ihren grössten Coup. Siegenthaler gewinnt im italienischen Breuil-Cervinia erstmals ein Weltcuprennen im Snowboardcross. Ihr Freund schrieb ihr an diesem Morgen eine Nachricht. «Sehr herzige Worte, die Einfluss auf meine starke mentale Verfassung an diesem Tag hatten.» Die Wintersportlerin sagt: «Seine Überzeugtheit zu spüren, tut einfach nur gut. Er brachte Ruhe in mein Leben.»

Sie sind nicht nur als Menschen voneinander begeistert – sondern auch als Sportler. «Ihr Durchhaltewillen, Biss und Ehrgeiz ist unglaublich», sagt Meier über seine Freundin, die in den letzten Jahren immer wieder durch Krankheiten (Pfeiffer’- sches Drüsenfieber)und Verletzungen (Knie und Fussgelenk) zurückgeworfen wurde. Siegenthaler sagt: «Er gibt Vollgas und weiss, was es bedeutet, wenn man für den Sport alles gibt. Und er beschwert sich nie, wenn ich ein Training einem gemeinsamen Abend vorziehe, und hängt lieber selber ein Training an.»

Sie hat sich auch in das Freiamt verliebt

Das Paar sieht sich oftmals in Niederwil, im Zuhause von Joel Meier. Siegenthaler schätzt das Freiamt enorm. Zusammenziehen ist in naher Zukunft nicht vorgesehen. Joel Meier – der in Niederwil als Landschaftsgärtner bei der Egloff AG arbeitet – trainiert vier bis fünf Mal pro Woche. Sina Siegenthaler ist praktisch den ganzen Winter auf dem Snowboard im Weltcup unterwegs. «Es ist aktuell schön zu Hause im Hotel Mama», sagt er. Sie stimmt nickend zu und meint: «Seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich oft unterwegs. Manchmal wünsche ich mir, irgendwo so richtig zu Hause zu sein.» Wieso nicht im Freiamt? «Ich bin sehr oft hier. Die Familie von Joel ist super.» Auch wenn es aktuell aus finanziellen Gründen nicht nach einem gemeinsamen Haushalt aussieht, so freut sich das Sporttraumpaar auf ein paar erholsame Festtage ohne sportliche Wettkämpfe und übermässige Trainings. Am 24. Dezember wird in Niederwil bei der Familie Meier gefeiert, am 25. Dezember in Schangnau bei der Familie Siegenthaler. «Etwas herunterkommen und Zeit mit der Familie und den Liebsten geniessen», sagen beide.

Im neuen Jahr geht es für ihn zurück in die beheizte Halle, um zu trainieren. Und sie will an ihren Erfolgen anknüpfen – wenn auch in erster Linie die Gesundheit durch die ganze Saison hinweg im Fokus steht. Beide wollen auch in Zukunft für sportliche Höhenflüge sorgen: «Gemeinsam schaffen wir das, denn gemeinsam geht es leichter.»


Sportliche Multitalente

Sina Siegenthaler aus Schangnau im Emmental machte früher Geräteturnen, Nationalturnen und hat geschwungen. Heute ist sie im Nationalkader im Snowboardcross. 2016 debütierte sie im Europacup und erzielte wenig später die ersten Top-10-Resultate. Siegenthaler nahm 2017 an der Junioren-Weltmeisterschaft teil. 2018 fuhr sie erstmals im Weltcup mit (und erreichte gleich den 5. Rang), womit sie sich für die WM in den USA qualifizierte. An der Junioren-WM 2018/19 holte sie sich die Silbermedaille im Teamevent. Die mehrfache Schweizer Meisterin nahm bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking teil (16. Rang).

Schon in der Vergangenheit fiel Joel Meier in diversen Sportarten durch seine Leistungen auf. Nur schon 2023 holt er den 3. Rang an der Ringer-SM und schafft am eidgenössischen Nationalturntag im Schwingen einen «Gestellten» gegen Samuel Giger. Dort holt er sich auch den Kranz und landet in der Jahreswertung auf dem 3. Rang. In der Nationalliga A der Ringer kommt er in dieser Saison zu sechs Einsätzen (drei Siege) für die RS Freiamt – kommt jedoch in den Finalkämpfen nicht zum Einsatz. «Wir haben ein sehr starkes und breites Kader», sagt der 23-Jährige verständnisvoll. Wenn er nicht auf der Matte stand, unterstützte er Trainer Michi Bucher. Meier – der 2021 den Rücktritt vom internationalen Ringsport gab – ist also auch ein Teamplayer, der sich in den Dienst der Mannschaft stellt. Was viele nicht wissen: Auch im Snowboardcross hat er sich an nationalen Rennen versucht (was aber nicht sonderlich erfolgreich war) und auch im Bobfahren hat er sich ausprobiert – und dabei als Bremser im Viererbob den 2. Rang an der Junioren-SM erreicht.

Auf das Bobfahren setzt der Freiämter Kampfsportler nicht, dafür ist er zu leicht. Im Ringen und im Nationalturnen möchte er auch in den kommenden Jahren an der nationalen Spitze bleiben. «Und mich stets verbessern, was mir enorm wichtig ist.» --spr


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