Annemarie Keusch, Redaktorin.
Ihr Sohn ist verstorben. Es war kein gutes Jahr. Und trotzdem strahlt sie an diesem späten Sonntagnachmittag wie ein Kind, das Geschenke unter dem Weihnachtsbaum erspäht. Die Augen glänzen, der ...
Annemarie Keusch, Redaktorin.
Ihr Sohn ist verstorben. Es war kein gutes Jahr. Und trotzdem strahlt sie an diesem späten Sonntagnachmittag wie ein Kind, das Geschenke unter dem Weihnachtsbaum erspäht. Die Augen glänzen, der Händedruck ist voller Stärke. Obwohl sie alt ist. Und das Sprechen wegen einer Lungenkrankheit immer schwerer fällt. Es ist alles vorbereitet. Die Krippe ist aufgestellt, die Beleuchtung taucht den gesamten Raum in eine wohlige Atmosphäre. Der Glühwein ist schon länger auf dem Herd. Es sind eigentlich ihr völlig fremde Personen, denen diese Frau an diesem Nachmittag die Tür öffnet. Personen, die sich knapp eine Stunde später von der Frau verabschieden, weiterziehen. Einander anschauen, einfach mal nichts sagen. Beeindruckt sind.
Es ist ein Beispiel, wie ich sie seit vielen Jahren am 8. Dezember immer wieder erleben darf. Dann besucht die Chlausgesellschaft die Alleinstehenden im Dorf. Über hundert sind es jeweils, auf bis zu acht Gruppen aufgeteilt. Zu wenig Freiwillige sind es nie, auch wenn natürlich längst nicht alle im katholischen Bezirk Muri arbeiten, wo der 8. Dezember ein Feiertag ist. Sich an diesem Tag freizunehmen, ist für viele selbstverständlich.
Natürlich, nicht alle wünschen einen Besuch. Nicht alle sind zu Hause oder sie öffnen die Tür nicht, wenn sie durch das Guckloch Samichlaus und Schmutzli erspähen. Aber ganz viele Menschen warten förmlich darauf. Wie ebenjene Frau. Oder eine andere, die die über 20 selber gebackenen Guetzlisorten schon schön auf dem Teller drapiert hat. Oder der Mann, der vorher mit den Verantwortlichen Kontakt aufnimmt, weil er leider um 16 Uhr an ein Konzert gehe. Ob der Samichlaus nicht früher kommen könne als im Vorjahr? Kann er, natürlich. Oder die Frau, deren Mann in diesem Jahr verstorben ist und die damit neu zu den Besuchten gehört. «Kommt ihr nun jedes Jahr?» Noch so gerne.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ganz viele 8. Dezember. Nicht nur in der Vorweihnachtszeit, sondern hoffentlich das ganze Jahr hindurch. Solche Gespräche, bei denen das Vertrauen sofort da ist. Egal ob die Menschen nun als Samichlaus und Schmutzli verkleidet sind oder nicht. Denn bereichert davon gehen alle ihren Weg weiter, so leicht oder schwer er auch sein mag.