Im Einklang mit der Natur
21.02.2025 Bremgarten60 000-Franken-Projekt zur Reussufer-Sicherung abgeschlossen
Mit 130 Tonnen Naturstein bändigt der Wassersport-Club die wilden Wogen der Reuss vor seiner Haustür und stoppt so einstweilen die Erosion des Ufers. Bezahlt hat der Bremgarter Verein das seit Jahren ...
60 000-Franken-Projekt zur Reussufer-Sicherung abgeschlossen
Mit 130 Tonnen Naturstein bändigt der Wassersport-Club die wilden Wogen der Reuss vor seiner Haustür und stoppt so einstweilen die Erosion des Ufers. Bezahlt hat der Bremgarter Verein das seit Jahren drängende Vorhaben grösstenteils selbst.
Marco Huwyler
Es ist ein Akt der Akribie im Grossen, wie er sich kürzlich in der Bremgarter Au abspielte. Wie der an sich grobschlächtige Bagger jeden einzelnen der tonnenschweren Natursteine sorgfältig drehte und im Reigen der grossen Felsbrocken puzzlegleich zu einer gewaltigen Mauer formte, hatte schon fast etwas Zärtliches. Das Resultat der behutsam gebüschelten Findlinge: Eine durchaus schicke neue Reussufermauer von rund 50 Metern Länge vor dem Clubhaus des Bremgarter Wassersportclubs (WSCB), die in der ersten Februarwoche fertiggestellt wurde.
Ufer unterschwemmt
«Die Lösung ermöglicht es uns, unseren Sport wieder einfacher und hindernisfrei ausüben zu können», sagt Joel Rey, einer der führenden Köpfe hinter dem Projekt. In den vergangenen Jahren war hier, im Reussarm der Au von der einstigen Uferbegrenzung nicht mehr viel übrig geblieben. Die bisherige Mauer mit Steinkörben und Stahlträgern löste sich zunehmend auf. Die freigelegte Uferböschung wurde unterschwemmt. Immer wieder lösten sich so Teile aus der Böschung. Und die übrig gebliebenen Eisenträger wurden zuweilen quer irgendwo im seichten Wasser zum gefährlichen Hindernis. «Der Zugang zum Fluss war zunehmend schwieriger geworden», erzählt Rey. Die beim Clubhaus gelagerten Boote und Weidlinge vor dem Training zu wassern, sei zu einer Herausforderung geworden und eine Verbesserung der Lage zu einem wachsenden Bedürfnis der Wasserfahrer.
Aus Wohler Waschhaus
Zumal der Bremgarter Verein mit seiner Heimat am Reussufer ansonsten ein grosses Los gezogen hat. Seit den 1950er-Jahren ist man hier, im idyllischen Mäander neben der Unterstadt, einquartiert. Das Clubhaus entstand damals aus dem einstigen Wohler Waschhaus und wurde von den Wassersportlern von Wohlen nach Bremgarten gezügelt. Einst pachtete der Verein das Land von den Ortsbürgern, in deren Besitz es sich ursprünglich befand. Später mit der Eröffnung des Bremgarter Armeestandorts 1968, ging der Uferabschnitt an die Armasuisse über, mit der der Wassersportclub lange eine unkomplizierte Mieterschaft pflegte. Erst mit dem Anbau ans Clubhaus 2020 wurde die vertragliche Bindung handfester und langfristiger. Seither hat der Verein auch Baurecht auf der Parzelle. Ein Umstand, der das nun durchgeführte Projekt überhaupt erst möglich machte.
Am Tisch mit den Ämtern
Dass sich die Böschung vor seinem Clubhaus selbstständig machte, hatte der WSCB schon länger als Problem erkannt und adressiert. Bloss gestaltet sich eine bauliche Lösung am Ufer der Reuss alles andere als einfach. «Es sind zahlreiche Interessen, Gruppen und zuständige Akteure, die eine Rolle spielen und mitreden wollen», sagt Urs Birchmeier, Ehrenpräsident des WSCB. Er weiss deshalb von x Anläufen zu berichten, die sein Verein bis zum Zustandekommen des jetzigen Projektes unternommen hat. «Damit das Baugesuch bewilligt wurde, mussten wir jeden einzelnen Akteur separat abholen.» Neben der Stadt sind dies vor allem kantonale Ämter gewesen, die sich mit dem Bauvorhaben einverstanden erklären mussten. Alle sassen sie einzeln am Tisch des Clubhauses, haben mit dem WSCB über Machbares und Mögliches diskutiert und die Verhältnisse vor Ort besichtigt. Und schlussendlich wurde eine Lösung gefunden, mit der neben WSCB und Stadt auch das Wasserbauamt und das Departement für Jagd und Fischerei leben konnten. Eine Lösung im Einklang mit der Natur, nur aus Naturstein, die später noch Kiesumlagerungen und Begrünungsmassnahmen vorsieht. «Für uns als Verein war die ganze Übung ein ziemlicher Hosenlupf», sagt Joel Rey. «Umso froher sind wir, dass es tatsächlich geklappt hat.»
Aus dem eigenen Sack
Während sich die Stadt Bremgarten mit einem signifikanten Betrag an den Kosten des Projekts beteiligte, ging man derweil beim Topf des Kantons leer aus. Was wiederum bedeutet, dass der kleine Bremgarter Verein einen Grossteil des Budgets von rund 60 000 Franken selbst stemmen muss. «Für uns bedeutet dies ‹chrampfen›», lächelt Rey. Mit jahrelangen Einsätzen am Christchindli-Märt und fleissiger Sponsorensuche habe man den Betrag schliesslich zusammenbekommen.
Die Frage, weshalb nicht der Kanton – zumindest teilweise – dafür aufkam, drängt sich indes schon auf – schliesslich hat er einst die nun erodierte Mauer aus Steinsäcken und Eisenträgern angelegt. Dem Umstand, diese nicht ersetzen resp. unterhalten zu wollen, liegt eine grundsätzliche Änderung im Umgang mit der Ufergestaltung zugrunde. Der Kanton möchte, wo dies nicht zwingend nötig ist, auf künstliche Flusslaufgestaltung verzichten und der Natur Raum zur Entfaltung geben. Während dies für Flora und Fauna viele Vorteile hat, führt die konsequente Grundhaltung in Einzelfällen zu Konflikten mit anderen Interessen. In Bremgarten ist dies nicht nur auf dem Areal des WSCB-Clubhauses der Fall, sondern auch an weiteren Uferabschnitten. Ähnlich verhält es sich etwa mit der Mauer vor der Bremgarter «Schoggisiite», wo sich der Kanton ebenfalls knausrig zeigt und die Stadt auf den Kosten fürs neue Mauerprojekt grösstenteils sitzen bleibt (vgl. bspw. Berichterstattung im Vorfeld und Nachgang der vergangenen Winter- «Gmeind»).
Vieles intern gelöst
Die Probleme des Wassersportclubs sind derweil einstweilen gelöst. Dank viel Eigeninitiative des Bremgarter Vereins. Nicht nur die Finanzierung und die Genehmigung des Projekts hat man selbst in die Hand genommen, sondern auch vereinsintern in Eigenregie die Pläne zur Gestaltung dafür ausgearbeitet. Dank vielfältig begabter und beruflich entsprechend ausgebildeter Leute im Verein konnte man die Aufgaben intern verteilen. «Nur ausführen konnten wir das Ganze nicht selbst», schmunzelt Birchmeier. «Allein mit Muskelkraft wären wir nicht weit gekommen.» Diese wird künftig weiterhin vor allem in der Ausübung eines besonderen Sports zu Wasser gefragt sein, dessen Gedeih in Bremgarten langfristig gesichert zu sein scheint. Neben dem altehrwürdigen Clubhaus auf einem der schönsten Fleckchen Bremgartens. Ohne dabei die kleinen oder grossen tierischen Bewohner der Reuss zu behelligen – die trotz Mauer auch künftig naturnahe Verhältnisse vorfinden.