Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Feiertage
Meine Mutter seufzte jeweils, wenn nach Dreikönig die Festtage vorbei waren, und meinte, gottlob kämen nun wieder Tage mit Normalbetrieb. Als Kind verstand ich ...
Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Feiertage
Meine Mutter seufzte jeweils, wenn nach Dreikönig die Festtage vorbei waren, und meinte, gottlob kämen nun wieder Tage mit Normalbetrieb. Als Kind verstand ich sie nicht. – Nach den Festtagen ist vor den Festtagen? Müssen wir nun warten bis Ostern? Früher war mehr (Lametta), das gilt tatsächlich auch für die Anzahl der Feiertage. Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit waren es im Gebiet der heutigen Eidgenossenschaft über 100 Feiertage pro Jahr. Allerdings arbeitete man auch sechs Tage pro Woche, und Ferien gab es keine.
Durch Reformation, katholische Aufklärungsbestrebungen und später durch die Industrialisierung wurden diese Feiertage erheblich zusammengestrichen. Heutzutage ist die Anzahl – wen wunderts – von Kanton zu Kanton verschieden. Und manchmal noch innerhalb des Kantons.
So kommen wir im Freiamt auf jährliche 12 bis 13 Feiertage, wenn ich das richtig gezählt habe. Im Tessin wären es 15, das ist das Maximum in der Schweiz, Bern hingegen kennt nur neun Feiertage in zwölf Monaten.
Dabei wäre Feiern gesund. Ich meine nicht komasaufen, sondern würdigen, zurückblicken, sich freuen und dankbar sein. Gründe dafür gibt es mehr als genug. Dass zum Beispiel eine Arbeit abgeschlossen ist. So gesehen ist Feiern echte Burn-out-Prophylaxe. Ich empfehle das allen meinen Kursteilnehmenden, die oft sagen, sie könnten noch nicht feiern, sie würden das dann am Schluss tun, wenn sie das eidgenössische Papier in ihren Händen halten würden.
Ich sehe das dezidiert anders, ich finde, man sollte nicht erst am Ende von gelösten Aufgaben aufatmen, innehalten, sich freuen, sondern schon dazwischen, wenn ein Kapitel abgeschlossen, ein Meilenstein erreicht ist. Aufatmen, sich aufrichten, sich etwas gönnen ist angezeigt. Sonst rennt man von einer chronischen Stresssituation in die nächste, und das ist ungesund.
Auch in der eigenen Biografie gibt es Gedenktage, die sich zum Feiern eignen würden. Da gibt es nicht nur den Hochzeitstag, auch andere Ereignisse aus dem eigenen Leben könnte man auswählen.
Falls einem gar kein Grund zum Feiern einfällt, könnte man einfach einen spontanen Feiertag erfinden. Heute zum Beispiel «100 Jahre 10. Jänner».