Investition in die Zukunft
20.09.2024 Hägglingen, Region UnterfreiamtUnterschriftensammlung für die Einführung von Tagesstrukturen
Mit ihrem Antrag rennen Maja und Nicolai Lütschg bei vielen Eltern offene Türen ein. Das Feedback auf ihr Vorhaben ist riesig. «Wir hoffen, der Gemeinderat nimmt den Ball auf und ...
Unterschriftensammlung für die Einführung von Tagesstrukturen
Mit ihrem Antrag rennen Maja und Nicolai Lütschg bei vielen Eltern offene Türen ein. Das Feedback auf ihr Vorhaben ist riesig. «Wir hoffen, der Gemeinderat nimmt den Ball auf und prüft eine Lösung, damit auch Hägglingen zeitgemässe Tagesstrukturen erhält», sagen sie.
Chregi Hansen
Es ist nicht so, dass es im Dorf aktuell gar keine Betreuungsangebote gibt. In Hägglingen existieren sowohl eine Spielgruppe wie auch eine Kita. «Aber deren Angebot richtet sich eher an kleine Kinder. Und nicht an Schulkinder», sagen Maja und Nicolai Lütschg.
Die beiden wissen genau, wovon sie sprechen. Sie sind beide beruflich in führenden Positionen tätig. Und sie sind Eltern zweier Kinder, der Grössere ist im Sommer in den Kindergarten gekommen. Die Kita ist ausgelastet, es ist fast unmöglich, sein Kind für einen weiteren halben Tag anzumelden. Die Familie Lütschg wünscht sich darum ein zeitgemässes Angebot an Tagesstrukturen. Mit flexiblen Modulen, die je nach Bedarf eine lückenlose Betreuung von morgens bis abends garantieren, mit qualifiziertem Personal und in geeigneten Räumen. Auch in den Schulferien. So also, wie es an vergleichbaren Orten bereits besteht.
Aktion ging viral
Und sie sind mit diesem Wunsch nicht allein. Ein von ihnen formulierter Antrag an den Gemeinderat, sich des Themas anzunehmen, wurde bereits von rund 200 Personen unterschrieben. «Die Idee ist im Gespräch meiner Frau mit anderen Müttern entstanden. Und ist nachher viral gegangen, wie man heute sagen würde», schmunzelt Nicolai Lütschg. Unterschrieben hätten dabei nicht nur Väter und Mütter, die betroffen sind. Sondern auch etliche, die selbst keinen Bedarf an solchen Angeboten haben. Aber es wichtig finden, dass die Gemeinde hier aktiv wird. «Die Unterschriftensammlung wurde fast zum Selbstläufer, in allen Quartieren haben sich Leute für das Anliegen eingesetzt», freut sich Mutter Maja Lütschg. Auch telefonisch und per Mail bekommen die Initianten viel Support zu spüren. «Viele sind froh und dankbar, dass wir den Ball aufgenommen haben», sagen sie.
In ihrem Antrag stellen die beiden nicht bloss Forderungen, sondern machen auch deutlich, warum heute eine Tagesstruktur für Kindergarten- und Schulkinder einfach nötig ist. Und wie letztlich die Gesellschaft, die Kinder und auch die Gemeinde profitiert. Es gehe zum einen darum, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. «In Hägglingen gibt es viele Neuzuzüger wie wir», sagt Nicolai Lütschg. «Viele kommen aus grösseren Orten. Sie sind gewohnt, dass es solche Angebote gibt.» Er und seine Frau sind beispielsweise vor drei Jahren nach Hägglingen gezogen. «Es gefällt uns sehr und wir engagieren uns auch im Dorf», machen sie deutlich. So ist Maja Lütschg im Vorstand des Familienvereins tätig. Ehemann Nicolai wiederum hat in der Arbeitsgruppe für die Planung der Asylunterkunft mitgewirkt. Und da mitbekommen, dass in seinem neuen Wohnort gute Lösungen möglich sind, wenn die Argumente stimmen.
Auch die Gemeinde profitiert
Aber auch die Kinder profitieren von einem solchen Angebot. Sie werden in einem solchen Rahmen vielfältig gefördert, lernen andere Kinder kennen und erhöhen so ihre Sozialkompetenz. Nicht zuletzt kann auch die Gemeinde profitieren. Etwa durch mehr Steuereinnahmen, wenn beide Elternteile arbeiten. Zudem seien Gemeinden mit einem Betreuungsangebot attraktiver für gute Steuerzahler, sind die beiden überzeugt. Tagesstrukturen also als Standortfaktor. Nicht zuletzt finanzieren sich diese Angebote durch die Beiträge der Eltern mehrheitlich selber, die Kosten für die Gemeinden seien klein. «Es geht doch um unsere Kinder. Sie sind unsere Zukunft. Ihnen müssen wir Sorge tragen», sagen die beiden.
Jetzt handeln und nicht noch lange warten
Noch diese Woche wollen Nicolai und Maja Lütschg die Unterschriften dem Gemeinderat übergeben. «Wir hoffen, dass es danach auch zu einem Austausch kommt und wir unsere Ideen und Überlegungen präsentieren dürfen», sagt sie. «Wir gelangen nicht mit einem konkreten Vorschlag an den Gemeinderat, sondern wünschen uns, dass er sich Gedanken macht, was möglich ist und zu Hägglingen passt – und eine zeitnahe Umsetzung», sagt Nicolai Lütschg. Und: Man müsse das Rad nicht neu erfinden. Es gibt entsprechende Angebote in vielen Gemeinden und auch diverse Anbieter. Allenfalls könne man auch eine gemeinsame Lösung mit Dottikon anstreben, schliesslich führen die beiden Gemeinden gemeinsam die Primarschule. «Die Dottiker Fünft- und Sechstklässler gehen bei uns in Hägglingen zur Schule. Die wären vermutlich teilweise auch froh um einen Mittagstisch.»
Das Ehepaar hofft, dass der Gemeinderat Hägglingen das Thema möglichst schnell aufnimmt. «Es wird aktuell sehr viel gebaut im Dorf und es ziehen viele Familien mit Kindern hierher. Man muss jetzt etwas machen und nicht erst in ein paar Jahren», ist Nicolai Lütschg überzeugt.
Die Schaffung eines solchen Angebotes sei eine Investition in die Zukunft. «Die Zeiten haben sich gewandelt. Nicht jeder hat Familie im Dorf, dem er die Kinder regelmässig anvertrauen kann», sagt der zweifache Familienvater. Darum brauche es eben Tagesstrukturen. Und das hoffentlich bald auch in Hägglingen. Sie jedenfalls werden sich weiter dafür einsetzen.
«Nehmen Thema auf»
Was meint der Gemeinderat zu der Unterschriftensammlung im Dorf? «Wir haben davon gehört, wissen aber noch nicht, was konkret gefordert wird», sagt Ammann Franz Schaad. Von daher sei man gespannt auf die Übergabe des Antrages und freue sich auf den Austausch mit den Initianten.
Das Thema sei nicht neu für Hägglingen. «Wir haben vor Jahren ein entsprechendes Reglement erarbeitet und es gab auch schon Angebote, die aber mangels Nachfrage wieder eingestellt wurden», erklärt Schaad. Inzwischen würde die Kita Minis ein Angebot machen. Es sei gut möglich, dass die Nachfrage das Angebot übersteige. «Wir sind uns bewusst, dass Tagesstrukturen überall an Bedeutung gewinnen. Wir sind gerne bereit, das Anliegen zu prüfen. Letztlich liegt es dann aber an den Eltern, das Angebot zu nutzen und auch zu bezahlen», macht der Gemeindeammann deutlich.
Kita plant zweiten Standort
Auch die Kita «Häggliger Minis» hat von der Unterschriftensammlung erfahren. Sie existiert seit knapp sechs Jahren. Ziel war und ist es, den Kindern eine optimale Betreuungsstruktur anzubieten. «Dabei waren sehr viele Hürden zu überwinden. Die ganze Kita wurde privat und ohne finanzielle Unterstützung aufgebaut. Das Bedürfnis der Familien können wir heute stillen», sagt Leiterin Sandy Saxer.
Aktuell betrage die Auslastung rund 85 Prozent. «Von Anfang an boten wir volle Betreuung an, mit allem, was dazu gehört. Selbstverständlich kommen die Eltern für die Betreuungskosten auf», macht Saxer deutlich. Man sei auch bereit, die Kapazitäten weiter auszubauen, um dynamisch auf Anfragen reagieren zu können. Allerdings sei es schwierig, gutes Fachpersonal zu finden, das schränke das Wachstum ein. Zum anderen kommt die Kita auch räumlich an ihre Grenzen. «Damit wir weiter wachsen können und da wir auch schon einige Kinder aus Dottikon betreuen, sind wir auf der Suche nach einer Lokalität in Dottikon, um einen zweiten Standort aufzubauen», verrät die Kita-Leiterin. --chh