Erich Probst springt ein

Der pensionierte ehemalige Murianer Gemeindeschreiber Erich Probst übernimmt das Amt bis August 2023 in Fischbach-Göslikon. Er möchte bis dann die Prozesse optimieren.

«Mittlerweile konnte ich in zahlreichen Gesprächen die Probleme eruieren», erklärt Erich Probst, der über 20 Jahre lang Gemeindeschreiber von Muri war. «Ich weiss nicht alles, aber die langjährige Erfahrung auf diesem Gebiet ist von Vorteil.»

Seit Juni arbeitet der Murianer jetzt als Gemeindeschreiber in der Verwaltung von Fischbach-Göslikon. Er springt dabei für verschiedene Vorgänger ein, die seit 2020 gekommen und wieder gegangen sind. Zu seinen Aufgaben zählt, neben der Bewältigung des Tagesgeschäftes die Prozesse und Systemabläufe so zu etablieren, dass seiner Nachfolge das Einarbeiten erleichtert wird. «Dies soll den Job einfacher machen», erklärt er. Das ist wichtig, denn in einer Gemeindeverwaltung gebe es rund 220 Prozesse, über die der Gemeindeschreiber einen Überblick behalten muss. --red

Probleme anpacken

Gespräch mit Gemeindeschreiber Erich Probst

Er löscht seit über zwei Jahren die Feuer in den Verwaltungen der Region: Erich Probst ist seit seiner Pension beinahe im Dauereinsatz, um als Gemeindeschreiber in befristeter Anstellung den Gemeinden unter die Arme zu greifen. Nach Hägglingen und Hendschiken ist er bis nächsten Sommer in Fischbach-Göslikon angestellt.

Celeste Blanc

«Als mich damals der Murianer Gemeindepräsident Hans-Peter Budmiger fragte, was ich in meiner Pension wohl tun werde, konnte ich ihm keine Antwort geben. Ich war dafür noch nicht bereit», lacht der 68-Jährige.

Der Ruhestand ist für viele die Zeit, in der die Projekte, die lange aufgeschoben wurden, endlich angegangen werden können. Grosse Reisen, neue Hobbys oder pendente Projekte realisieren – solche Dinge nehmen sich die meisten für die Zeit nach ihrer Arbeit vor. Anders ist das bei Erich Probst. Gut zweieinhalb Jahre nach seiner Pensionierung ist der ehemalige Gemeindeschreiber und Geschäftsleiter der Gemeinde Muri für andere Gemeinden der Region im Einsatz. Nach Hägglingen folgte eine Übergangsanstellung in Hendschiken. Seit Juni arbeitet er zusätzlich in Fischbach-Göslikon, wo er per Anfang August zu 80 Prozent angestellt sein wird.

Eines Besseren belehrt

Erich Probst fungiert momentan als «Feuerlöscher». Denn immer wieder haben die Gemeinden Probleme, die Stellen des Gemeindeschreibers oder der Gemeindeschreiberin zu besetzen. So auch knapp ein Jahr nach der Pensionierung von Probst, als Hägglingen eine Mutterschaftsvertretung für die Gemeindeschreiberin Selina Lusser suchte. «Meine Frau machte mich auf das Inserat während der Ferienrückfahrt aufmerksam. Obwohl ich zuerst nicht wollte, habe ich mich dann doch beworben», blickt er zurück.

Probst, der seine berufliche Laufbahn als Gerichtsschreiber und anschliessend als Leiter Stadtkanzlei / Stadtschreiber-Stellvertreter von Olten gestartet hat, wechselte vor über 20 Jahren in die Gemeinde Muri, wo er bis zu seiner Pension tätig war. «Ich hätte mir damals nie vorstellen können, auf einer kleinen Gemeinde zu arbeiten. Ich hatte immer das Gefühl, dafür fehle mir die Grundausbildung», gibt er zu.

Mit seiner ersten Anstellung in Hägglingen wurde er aber eines Besseren belehrt. «Ich bin ein Macher und liebe es, wenn es vorwärtsgeht. Auf kleineren Gemeinden können Projekte, je nachdem, wie man es anstellt, schon ein bisschen schneller durchgebracht werden.»

Sieben Monate war Probst für die Gemeinde im Unterfreiamt tätig. Es folgte Hendschiken, für die er als Mutterschaftsvertretung in einem 80-Prozent-Pensum arbeitet. «Es machte einfach Freude. Mich hatte die Pension ehrlich gesagt ‹angegurkt›, denn ich bin noch vital und voller Tatendrang. Und mit der vorübergehenden Anstellung kann ich mithelfen, anstehende Projekte voranzutreiben und Pendenzen abzuschliessen.» Dabei haben die guten Strukturen und die fortgeschrittene Digitalisierung der Geschäfte in Hägglingen und Hendschiken sehr geholfen.

Vieles landet auf dem Tisch des Gemeindeschreibers

Mangelhafte Abläufe und eingeschlichene ineffiziente Routinen seien es gemäss Erich Probst, welche die Gemeindeschreiber-Stelle noch anspruchsvoller machen würden, als dass sie es ohnehin schon sei. «Als Gemeindeschreiberin ist man Managerin der Gemeinde. Man schätzt, dass es um die 220 Prozesse in einer Gemeindeverwaltung gibt, über die der Gemeindeschreiber grundsätzlich den Überblick behalten muss. Zusätzlich bereitet er zweimal im Jahr die Gemeindeversammlungen vor und ist, je nach Gemeinde, alle zwei Wochen an einer Gemeinderatssitzung anwesend. Jede Sitzung braucht eine gründliche Vorbereitung mit detailliert ausformulierten Geschäften.» Zudem ist man je nach Situation und Ressort die fachliche Unterstützung des Gemeinderats und rechtliche Auskunftsstelle. «Weiter landen, wenn beispielsweise Abläufe in den jeweiligen Abteilungen nicht präzise funktionieren, die unerledigten Arbeiten auf dem Tisch des Gemeindeschreibers.»

Komme nun ein neuer Gemeindeschreiber oder eine neue Gemeindeschreiberin, hat die Person im schlimmsten Fall schon einen Haufen Pendenzen, die abgearbeitet werden müssen. Das kostet Zeit und Energie. «So wird das Einarbeiten zur Herausforderung.» Die Probleme bei der Rekrutierung werden zudem durch den Umstand verschärft, dass Nachwuchs fehle. Obwohl viele das Gemeindeschreiber-Diplom erlangen, bevorzugen danach einige die Anstellung als Stellvertretung oder in einem Teilzeitpensum.

Effiziente Prozesse bringen Ruhe

Obwohl alle drei Gemeinden, in denen Probst nach seiner Pension ausgeholfen hat, auf ihre eigene Weise sehr unterschiedlich funktionieren, sind es doch ebendiese «Missstände», wie er es nennt, die dazu führen können, dass es beim Gemeindeschreiber viele Wechsel gibt. «Und Wechsel sind, wie es auch bei Neuwahlen in den Gemeinderat ist, ein Know-how-Verlust für die Verwaltung», so Probst.

Das sehe er auch in der Gemeinde Fischbach-Göslikon. Seit Juni arbeitet sich Probst in die neue Stelle ein, im August wird er, neu befristet bis August 2023, ein Jahr im 80-Prozent-Pensum arbeiten. «Dass es in Fi-Gö nicht rundlauft, sieht man an den häufigen Stellenwechseln», so Probst, der über 20 Jahre in Muri wohnt. Nachdem Gemeindeschreiber Lukas Jansen 2020 nach Dottikon wechselte, folgte Sarah Gähwiler. Nach knapp einem Jahr kündigte sie ihre Anstellung aufgrund von Dissonanzen und wechselte nach Ennetbaden. Bruno Stolz übernahm für ein Jahr, kündigte seine Anstellung per Ende März 2022. Er blieb übergangsweise noch ein paar Monate, und zwischenzeitlich konnte die Gemeinde Erich Probst anstellen.

«So viel kann ich dazu sagen: Mittlerweile konnte ich in zahlreichen Gesprächen die Probleme eruieren», so der erfahrene Gemeindeschreiber. Man habe erkannt, wo die Schwachstellen sind. Probst, der mit seiner 40-jährigen Arbeitserfahrung «unvoreingenommen» in einer Gemeinde anfängt, erkannte relativ schnell die fehlenden oder fehlerhaften Prozesse. «Ich weiss natürlich nicht alles, aber die langjährige Erfahrung auf dem Beruf ist hier von Vorteil.»

Systemabläufe neu etablieren

Ziel für Probst ist es nun, in der Gemeinde Fischbach-Göslikon effiziente Systemabläufe zu etablieren, die einem nachfolgenden Gemeindeschreiber oder einer Gemeindeschreiberin die Einarbeit erleichtern. Diese Stelle soll Anfang 2023 ausgeschrieben werden. «Doch die optimierten Abläufe sollen nicht nur den Job des Schreibers erleichtern, auch für die ganze Verwaltung sind die Verbesserungen wesentlich, damit sie funktionieren kann. Beispielsweise mit einfachen Veränderungen wie der konsequenten Digitalisierung von Geschäften oder Checklisten oder der Definition der Verantwortlichkeiten bei delegierten Aufgaben. So kann Ruhe in die Verwaltungsarbeit gebracht werden.» Und schliesslich sei auch das Zwischenmenschliche wie die Kommunikation, gemeinsame Pausen oder auch mal eine Runde in der Beiz wichtig für eine funktionierende und harmonische Gemeindeverwaltung.

Obwohl dem Routinier die Arbeit auf den Gemeinden in der Region gefällt, ist für ihn klar, dass ab Sommer 2023 auch für ihn eher Ruhe einkehrt. «Aber auch hier schaue ich vorneweg – wenn es irgendwo Hilfe braucht, ist es für mich gut vorstellbar, dann doch nochmals mein Knowhow einzubringen.»

Helfer in der Not

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title