Eigeninitiative zeigen
29.07.2022 Region BremgartenDie Zufiker Landwirte stellen seit Juni 2021 zwei Personen an, welche die invasiven Neophyten auf ihren Landwirtschaftsflächen ausreissen. Sie tun dies, um ihre Parzellen zu schützen und um sich weiterhin auf ihre Kernaufgaben konzentrieren zu können. Mit dem Vorgehen sind sie ...
Die Zufiker Landwirte stellen seit Juni 2021 zwei Personen an, welche die invasiven Neophyten auf ihren Landwirtschaftsflächen ausreissen. Sie tun dies, um ihre Parzellen zu schützen und um sich weiterhin auf ihre Kernaufgaben konzentrieren zu können. Mit dem Vorgehen sind sie bisher sehr zufrieden. --rwi
Massnahmen selber angepackt
Zwei Personen reissen im Auftrag der Landwirte invasive Neophyten aus
Aus dem Ausland eingeschleppte invasive Pflanzen sind nicht nur in Naturschutzgebieten ein Problem, sondern auch in Landwirtschaftsflächen. Die Zufiker Landwirte bezahlen jetzt in der zweiten Blüteperiode Personen, welche die Gewächse für sie entfernen.
Roger Wetli
«Diese Kräuter beeinträchtigen die Futterqualität und sind zum Teil giftig für unsere Tiere», erklärt Ronnie Schüepp, Landwirt von Zufikon. «Das Kanadische Berufkraut hat zum Beispiel einen deutlich geringeren Nährwert als das gute Gras und verdrängt die einheimischen Pf lanzen.» Die Probleme bestehen aber nicht nur auf den Weide- und Grasfutter-Flächen, sondern auch auf Ökoparzellen. «Sie erfüllen dann nicht mehr den gleichen Zweck für die Förderung und Erhaltung einheimischer Tier- und Pflanzenarten und fallen ab einer bestimmten Neophytendichte aus den Direktzahlungen», ergänzt Landwirt Beat Wertli. Die Bekämpfung dieser Pflanzen ist sehr aufwendig, deshalb sassen die Zufiker Bauern zusammen, um das Problem gemeinsam anzupacken. «Wir alle sind mit dem eigenen Betrieb bereits mehr als ausgelastet, also beschlossen wir, gemeinsam zwei Personen anzustellen, welche invasive Neophyten ausreissen», begründet Landwirt Albert Karli.
Versamung verhindern
Das Projekt wurde im Juni 2021 gestartet und lief bis Mitte Oktober. Dieses Jahr wurde die Arbeit bereits Ende April aufgenommen. Eine der Angestellten ist die Zufikerin Klara Koch. «Ich laufe regelmässig die mir zugeteilten Flächen ab und schaue, ob es die Pflanzen hat.» Sieht sie eine, gräbt sie diese samt Wurzel mit einer Hacke aus und entsorgt sie in einem Abfallsack. «Dies ist notwendig, weil gewisse Pflanzen nach dem Ausreissen nachblühen und versamen. Ist die Fläche aber sehr gross, sammle ich in den Abfallsäcken nur die Blüten und lasse die Pflanzenreste verrotten.» Für ein dicht bewachsenes Feld benötigt Klara Koch auch mal fünf bis sechs Stunden.
Sind die Flächen geräumt, müssen sie immer wieder nachkontrolliert und nachbearbeitet werden. «Diese Pf lanzen produzieren unglaublich viele Samen. Zudem schieben sie schnell Blüten nach, wenn man sie aus Versehen nur abreisst anstatt ausgräbt», weiss Koch. Sie reisst vor allem das Einjährige Berufkraut und das Kanadische Beruf kraut aus. «Mittlerweile erkenne ich diese beiden in verschiedenen Wachstumsstadien inmitten anderer Gewächse, auch wenn es nur wenige sind», lacht sie. «Dafür wird es für mich in der Freizeit schwierig, wo ich diese Pflanzen nun überall sehe.»
Toni Neff als ursprünglicher Initiator
Lange hatten die Zufiker Landwirte das Problem der invasiven Neophyten nicht erkannt. «Der ursprüngliche Initiator war Toni Neff, der uns Landwirte darauf aufmerksam gemacht hatte», blickt Ronnie Schüepp zurück. «Wir fanden es zuerst nicht so dramatisch.» Auch bei Klara Koch spielte Neff eine wichtige Rolle. «Wir mähten eine eigene Fläche einmal nicht und schauten, was darauf wächst. Toni Neff erklärte mir dann, dass es sich vornehmlich um invasive Neophyten handelt und was diese für Probleme verursachen. Also fing ich mit der Bekämpfung auf dieser Wiese an.»
Nach Neffs Aufklärungsarbeit trafen sich die acht Zufiker Landwirte. «Einer möchte die Pflanzen jetzt selber bekämpfen. Wir anderen einigten uns bei der Kostenaufteilung auf einen Schlüssel, der besagt, wer wie viel zahlt. Denn in der Landschaft ist es sehr schwierig, zu sagen, wem welche Parzelle gehört», so Beat Wertli. «Unsere beiden Angestellten sollen sich auf das Ausreissen konzentrieren und nicht auf das Rapportieren, wo, wie lange und wie viele Pflanzen sie entfernt haben.» Einzig die Arbeitszeit werde notiert. Ebenfalls im Verteiler ist die Gemeinde, weil gerade bei Feldwegen die Abgrenzung zwischen den Parzellen der Landwirte und der Gemeinde schwierig ist.
Hoffen auf Signalwirkung
Die Zufiker Landwirte sehen das Problem aber nicht nur in der offenen Landschaft. «Die Pflanzen müssten eigentlich überall entfernt werden, weil sie sonst generell versamen. Gerade im Siedlungsbereich ist der Handlungsbedarf noch sehr gross», so Albert Karli. Allerdings bewegt man sich da rechtlich auf heiklem Terrain. Deshalb schiesst Klara Koch jetzt Fotos von Privatgärten, die besonders stark durch invasive Neophyten bewachsen sind, und sendet diese an die Zufiker Bauverwaltung. «Diese macht die Eigentümer anschliessend auf das Problem aufmerksam. Das funktioniert», ist Koch glücklich.
Ihr und den Landwirten ist klar, dass die invasiven Neophyten nicht innert zweier Wachstumsperioden vollständig entfernt werden können. «Ich sehe zwar, dass die Massnahmen etwas bewirken. Wir dürfen aber jetzt nicht nachlässig werden. Sonst sind die Felder schnell wieder überwuchert», ist die Zufikerin überzeugt. Sie schätzt an ihrer Arbeit, dass sie diese flexibel in ihren Alltag integrieren kann. Oft ist sie dazu auch gleich mit ihren Hunden unterwegs.
Die Zufiker Landwirte hoffen, dass ihre selbst bezahlte Massnahme Signalwirkung hat. «Die Ausbreitung dieser Pflanzen stoppt nicht an den Gemeindegrenzen. Deshalb bräuchte es eigentlich überregional koordinierte f lächendeckende Massnahmen», so Beat Wertli. «Vielleicht macht unser Beispiel ja Schule. Wir sind mit unserer Lösung bisher sehr zufrieden.»