An den Bodensee
29.07.2022 MutschellenBarbara und Robert Weinbuch sagen Adieu
Ende Juli verabschieden sich Pfarreiseelsorgerin Barbara Weinbuch und Pastoralraumleiter Robert Weinbuch aus dem Freiamt. Das Paar war zuerst in Zufikon, dann in Waltenschwil und bis heute auf dem Mutschellen engagiert. Am Bodensee werden sie ...
Barbara und Robert Weinbuch sagen Adieu
Ende Juli verabschieden sich Pfarreiseelsorgerin Barbara Weinbuch und Pastoralraumleiter Robert Weinbuch aus dem Freiamt. Das Paar war zuerst in Zufikon, dann in Waltenschwil und bis heute auf dem Mutschellen engagiert. Am Bodensee werden sie zwei neue Pastoralräume leiten und dort nach der Pension ihren Lebensabend verbringen. «Wir freuen uns auf die Herausforderungen, werden aber gleichzeitig die vielen tollen Leute hier vermissen», beteuert das Paar. --rwi
Abschied nach 22 Jahren
Pfarreiseelsorgerin Barbara Weinbuch und Pastoralraumleiter Robert Weinbuch verlassen das Freiamt
Sie kamen im Jahr 2000 ins Freiamt und hatten seither Anstellungen in den katholischen Kirchen in Zufikon, Waltenschwil und auf dem Mutschellen – Barbara und Robert Weinbuch. Ende Juli ziehen sie für neue Aufgaben an den Bodensee.
Roger Wetli
«Wir freuen uns auf die neuen beruflichen Herausforderungen», strahlen Barbara und Robert Weinbuch. «Wir nehmen von jedem bisherigen Ort etwas mit: von Waltenschwil, wie eine Basisgruppe funktioniert; von Zufikon, wie man verschiedene religiöse Strömungen vereinen kann; vom Mutschellen, was ein Pastoralraum genau sein kann; und von Gunzgen, unserem ersten Ort in der Schweiz, dass Kirche Heimat sein kann.»
Ein Geschenk des lieben Gottes
Beide betonen, dass ihnen die hier getätigte kirchliche Basisarbeit sehr gefällt. «Es ist kein Beruf, sondern eine Aufgabe, die uns der liebe Gott geschenkt hat», strahlt Robert Weinbuch. «Und es ist der tollste Beruf überhaupt.» Beide verstehen das Ziel der Seelsorge, dem Leben, dem Menschen zu dienen. «Kirche muss Lebenshilfe sein. Und zwar in sämtlichen Lebensbereichen», ist Barbara Weinbuch überzeugt.
Und ihr Ehemann zitiert den Bibeltext aus Johannes 12.12: «Ich bin gekommen, damit sie das Leben in Fülle haben.» Das sei auch der Grund, wieso die Kirche hilft, geflüchtete Ukrainer willkommen zu heissen.
Prozess zugelassen
Barbara und Robert Weinbuch kamen 2000, also vor 22 Jahren, ins Freiamt. «Wir wurden dort am 1. August sehr herzlich empfangen», erinnert sich Barbara Weinbuch. Nahm ihr Mann die Kirchenleitung an, engagierte sie sich im Claroladen und in der Baukommission. «Wie in Gunzgen gründete ich auch in Zufikon eine Blauring/Jungwacht, die bis heute besteht. Denn die Arbeit mit Jugendlichen war mir immer sehr wichtig», ist Robert Weinbuch zufrieden. Nach zehn Jahren wechselte er als Pfarreileiter nach Waltenschwil, während seine Frau ab 2010 ebenfalls seelsorgerische Aufgaben übernahm und zuerst zwei Jahre in Bremgarten und seither auf dem Mutschellen engagiert war. «In Waltenschwil wollten wir eigentlich bis zur Pension bleiben», erinnert sich Robert Weinbuch. «Dann entstanden die Pastoralräume und ich erhielt die Möglichkeit, den Pastoralraum am Mutschellen zu leiten. Also wechselte ich auf April 2016 doch nochmals die Pfarrei.» Pastoralraum bedeute, einen Prozess zuzulassen. Und das hätten seine Frau und er hier gemacht.
Bewerbung aus Frust
Kennengelernt hatte sich das Paar während seiner Theologieausbildung. Sie wuchs im Ruhrgebiet auf, er rund 60 Kilometer südlich von München. «Ich erlebte dort ein Bergbaumilieu, während Roberts Vater ebenfalls als Bergmann in einer Zeche arbeitete. Diese ähnliche gesellschaftliche Herkunft verbindet uns bis heute», analysiert Barbara Weinbuch. «Unter Tage muss man sich auf seinen Kumpel verlassen können und bei Bedarf auch schnell handeln. Mit dieser Eigenschaft stiessen wir die Leute manchmal leider etwas vor den Kopf.» Nach dem Studium nahm Robert Weinbuch 1988 eine Stelle als Pastoralassistent in Augsburg an, während seine Frau am selben Ort als Religionslehrerin im kirchlichen Dienst tätig war. «Das wollte ich aber eigentlich gar nicht», ist sie noch heute entrüstet.
Aber auch Robert Weinbuch geriet mit seiner Offenheit mit den Kirchenoberhäuptern in Konflikt. «Wir wussten von Kollegen, dass die Katholische Kirche in der Schweiz weniger engstirnig ist. Also bewarb ich mich im Herbst 1989 in einem Frustmoment spontan für eine Stelle in Gunzgen», blickt Robert Weinbuch weit zurück. «Ich vergass diese Bewerbung wieder und war überrascht, als ich im Frühling 1990 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde – und zwar sofort und mit der Auflage, dass Barbara ebenfalls mitkommt.» Domherr sei damals Hermann Schüepp aus Zufikon gewesen. Das Paar entschied sich zum Umzug in die Schweiz und bereute diesen Schritt nie. «Wir haben uns in Gunzgen sehr wohl gefühlt. Hier kamen unsere beiden Kinder zur Welt. Alle hatten riesig Freude an ihnen», so Barbara Weinbuch. «Wir wuchsen mit ihnen in die Aufgaben hinein.» So entstand damals etwa «Fiire mit de Chline». Nach zehn Jahren spürte das Paar, dass es wieder Zeit für etwas Neues war, und kam anschliessend ins Freiamt.
Am Bodensee alt werden
Ähnlich ist es auch wieder heute: «Uns gefällt es nach wie vor sehr gut im Freiamt», betonen beide. Trotzdem beenden sie ihre Tätigkeiten hier Ende Juli und starten nach ihren Ferien Anfang Oktober in der Bodenseeregion neu. «Wir werden da versuchen, beide Pastoralräume aufzubauen und weiterzuentwickeln. Diese Aufgabe reizt uns beide», lacht Robert Weinbuch. Wobei das Paar diesmal in unterschiedlichen Pastoralräumen tätig sein wird. Zum ersten Mal überhaupt übernimmt Barbara Weinbuch die Leitung eines solchen. «Ich traue mir das zu. Und sonst kann ich ja immer noch Robert fragen», lacht sie. Wird ihr Gebiet künftig vier Pfarreien umfassen und auf den Namen «Thurtal-Seerücken-Untersee» hören, sind es bei Robert Weinbuch acht Pfarreien unter dem Titel «Am See und Rhy». Davon befinden sich zwei im Kanton Schaffhausen und sechs im Kanton Thurgau.
Am Bodensee bezieht das Paar eine gemeinsame Wohnung im Pastoralraum von Robert Weinbuch. «Die Wohnung liegt in einer Gemeinde, die direkt an ein Dorf von Barbaras Wirkungsfeld grenzt. Von da her ist der Standort ideal», gibt Robert Weinbuch an. «Wir möchten am Bodensee alt werden. Diese Wohnung müssen wir nach unserer Pensionierung nicht verlassen.» Wird Barbara Weinbuch wohl noch weitere fünf Jahre arbeiten, möchte ihr Ehemann 2025 in Pension gehen – wenn es nicht klappt. «Wenn es die Gesundheit zulässt und mir die Aufgabe gefällt, werde ich auf alle Fälle länger arbeiten», stellt er in Aussicht.
Noch viele Kinder getauft
Vermissen werden die beiden die Menschen des Freiamts. «Wir hatten ein tolles Team von sehr engagierten Seelsorgenden hier. Auch mit den Katechetinnen, den Vorständen der Frauengemeinschaften und vielen Freiwilligen und Mitarbeitenden verstand ich mich sehr gut», sagt Barbara Weinbuch. «Wir haben hier sehr viel Wertschätzung erhalten.» Und ihr Ehemann ergänzt: «Es liessen in den letzten drei Monaten noch sehr viele Eltern ihre Kinder durch mich taufen – also solange ich noch hier bin. Wir gehen definitiv mit einem lachenden und einem weinenden Auge.» Und natürlich werde es komisch sein, mal nicht das «Kino uf em Dorfplatz» zu besuchen.
Trotz Schwund an Gläubigen sehen beide weiterhin die Wichtigkeit der katholischen Kirche. «Die Räume könnten allerdings noch besser genutzt werden», gibt Barbara Weinbuch zu bedenken. «Denn während es an Personal fehlt, verfügt unsere Kirche über viele Immobilien, die noch häufiger Orte der Begegnungen werden könnten.» Mit dem Seniorenturnen und der Mütter- und Väterberatung in Rudolfstetten sei hier ein erster Schritt in diese Richtung getan worden.