Beim Debüt gleich Zweiter
12.07.2022 MutschellenDer 18-jährige Wider Raphael Lutz flog kürzlich an der Schweizer Meisterschaft im Streckensegelf lug auf den zweiten Platz. Im Cockpit von Segelfliegern sitzt er bereits seit vier Jahren. Ihn fasziniert das Fliegen. Darum möchte er eines Tages Militär-Hubschrauber-Pilot ...
Der 18-jährige Wider Raphael Lutz flog kürzlich an der Schweizer Meisterschaft im Streckensegelf lug auf den zweiten Platz. Im Cockpit von Segelfliegern sitzt er bereits seit vier Jahren. Ihn fasziniert das Fliegen. Darum möchte er eines Tages Militär-Hubschrauber-Pilot werden. --rwi
Fliegen als Lebenstraum
Raphael Lutz gewann an den Schweizer Meisterschaften im Streckensegelflug Silber
Aufgewachsen auf einem Bauernhof am Hasenberg mischt der erst 18-jährige Raphael Lutz zurzeit die Schweizer Streckensegler-Szene auf. Bei seinem Debüt an den Schweizer Meisterschaften sicherte er sich den zweiten Platz.
Roger Wetli
«Eigentlich ist diese Sportart ein Hüpfen von Thermik zu Thermik», sinniert Raphael Lutz aus Widen. «Dabei benötigt man viel Konzentration, muss seinen Segelflieger sehr gut kennen und im Vorfeld die Flugrouten genau studieren. Beim Fliegen kann man dann dieses Wissen in die Praxis umsetzen.» Dass er alle diese Teilgebiete beherrscht, bewies der Wider kürzlich an den Schweizer Meisterschaften auf eindrückliche Art und Weise, indem er in der Gesamtwertung Silber holte.
Geduld gefragt
Aber von vorn: Acht Tage waren für diese Wettkämpfe vorgesehen gewesen. Schliesslich konnte aus wettertechnischen Gründen nur an drei Tagen geflogen werden. Nach zwei Tagen fliegen lief zwei Tage nichts. «Zu Beginn ging gar nichts. Als dann klar wurde, dass noch weitere Tage sicher nicht geflogen werden kann, reisten die meisten Teilnehmenden wieder nach Hause», erklärt Raphael Lutz. «Ich selber machte das auch, denn am Montag in der Woche danach hatte ich in meiner Berufsausbildung Prüfungen, auf die ich lernen wollte.»
Als es dann endlich losging, flog Raphael Lutz ohne grosse Ambitionen auf einen Podestplatz mit. «Ich erreichte 2021 an einer Regionalmeisterschaft im Birrfeld den 5. Platz in der ‹Mixed-Offen-Klasse›», blickt er zurück. «Ich zählte also sicher nicht zu den Favoriten.» Als er aber bereits am ersten Tag den zweiten Platz erreichte, merkte der junge Wider, dass vielleicht doch mehr drin liegt. «Beim Streckensegelflug geht es darum, mit einem Segelflugzeug verschiedene Wendepunkte anzufliegen. Die genaue Route legt jeder Pilot selber fest. Dabei kann man Punkte sammeln. Man ist da während rund vier Stunden in der Luft.»
Die Segelflugzeuge werden dafür durch Propellermaschinen in die Luft gebracht. 20 Minuten nach dem letzten Start darf eine sogenannte «Startlinie» überf logen werden. «Verliert man an Höhe und kann man am Ausgangspunkt landen, darf wieder gestartet werden. Landet man aber vor dem Ziel woanders, ist der Tag für den Piloten gelaufen», gibt Raphael Lutz Einblick.
Schlechtes Wetter war Vorteil
Gelang ihm am ersten Flugtag eine kleine Sensation, lief es ihm am zweiten Tag nicht ideal. «Ich gelangte auf den 6. Rang. Dafür konnte ich am dritten Tag das Siegertreppchen besteigen», freut er sich. Ein Vorteil sei da gewesen, dass zweimal der Flugplatz Buttwil überflogen wurde, wo er seinen Stammplatz hat und Mitglied der Segelfluggruppe Zürich ist. «In der Gesamtwertung war ich nun auf dem zweiten Platz. Das freute mich sehr, hiess aber noch nichts. Denn ein vierter Wettkampftag stand noch auf dem Programm.»
Dieser wurde zwar minutiös vorbereitet, musste aber schliesslich aufgrund schlechter Wetterlage abgesagt werden, womit die Wertung der drei Tage zum Schlussrang wurde und Lutz Zweitplatzierter blieb. «Da schlugen tatsächlich zwei Herzen in mir. Einerseits wollte ich unbedingt fliegen, auf der anderen Seite sah ich den zweiten Platz in Gefahr, denn zum Drittplatzierten war der Abstand mit elf Punkten sehr dünn, während der Erste mit 2348 Punkten rund 700 Punkte praktisch uneinholbar vor mir lag.» Die Siegerehrung sei dann eine eher kurze Sache gewesen und zum Feiern habe die Zeit eigentlich gefehlt. «Das war schade. Denn in der Segelflugszene herrscht ein kameradschaftliches Miteinander. Während den Wettkämpfen funkt man sich gegenseitig Tipps zu und an freien Tagen unternimmt man gemeinsam Ausflüge. Es ist alles sehr überschaubar und familiär», schätzt der Wider, der bereits als Kind allen Flugzeugen nachschaute.
Militär-Helikopter-Pilot als Ziel
«Mir war bald klar, dass ich irgendwann selber mal f liegen möchte», blickt Raphael Lutz zurück. «Flugstunden mit dem Segelflugzeug kann man bereits mit 14 Jahren nehmen und das Brevet mit 16 Jahren machen. Und die Ausbildung ist verhältnismässig kostengünstig.» Einen Grossteil finanzierte der heute 18-Jährige selber, indem er sich unter anderem als Geschenke Geld fürs Fliegen wünschte. Seine Lehre als Polymechaniker in der Luftwaffe Alpnach hatte er mit Bedacht ausgewählt. «Mein Traum ist nicht Verkehrs-, sondern Militärpilot. Das ist wohl der abwechslungsreichere Job. Mein Ziel ist aber nicht das Fliegen mit Kampfjets, sondern mit dem Helikopter.»
Um die Luft mit den Segelfliegern noch besser zu beherrschen und auch in kritischen Situationen zu wissen, wie man richtig handelt, erlangte er diesen Frühling noch die Kunstflugberechtigung. «Das Fliegen bereitet mir unbändige Freude. An Wochenenden mit guter Thermik bin ich oft beide Tage in der Luft. Ausflüge in Richtung Berge oder in den Norden über den Schwarzwald sind ab Buttwil sehr gut möglich.»
Drei Wochen lang frei fliegen
Seine Eltern unterstützen ihn bei seinem Hobby, indem sie ihn vor der Autoprüfung nach Buttwil fuhren. «Er kämpft für seinen Traum und weiss, was er macht. Daher habe ich auch keine Angst, dass er mal abstürzen könnte», erklärt seine Mutter Andrea Lutz. Und Flugerfahrung wird der ambitionierte Flugzeugpilot dieses Jahr noch viel sammeln. «Geplant ist, in Saanen drei Wochen frei zu fliegen, darauf freue ich mich.» Ein weiterer Höhepunkt werden für ihn die Schnupperflugtage in Buttwil am 20. und 21. August sein. «Dort kann ich meine Begeisterung und mein Wissen über das Segelfliegen weitergeben. Das wird quasi ein Fliegen mit dem Silbermedaillengewinner», lacht er.



