Gemeinsam gegen Mobbing
10.06.2022 MutschellenKSM führt in Meldeplattform für Jugendliche ein
Mit der Einführung in eine neue Online-Meldeplattform ruft die Schulsozialarbeit der KSM die Jugendlichen zum Handeln auf.
Mobbing an Schulen ist gemäss verschiedenen Umfragen und Studien ...
KSM führt in Meldeplattform für Jugendliche ein
Mit der Einführung in eine neue Online-Meldeplattform ruft die Schulsozialarbeit der KSM die Jugendlichen zum Handeln auf.
Mobbing an Schulen ist gemäss verschiedenen Umfragen und Studien zunehmend ein Problem. Um dagegen vorzugehen, nimmt die Kreisschule
(KSM) am von der Pro Juventute lancierten Projekt «#standup» teil. Das Projekt besteht einerseits aus Präventionsarbeit, andererseits haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre Beobachtungen direkt und anonym an die Schulsozialarbeiter zu melden. --cbl
Neue Kultur schaffen
Die Kreisschule Mutschellen leistet Präventionsarbeit gegen Mobbing
Anfang Jahr lancierte die Pro Juventute mit «#standup» eine Initiative gegen Mobbing an Schulen, wobei die Schülerinnen und Schüler wesentlich mithelfen sollen. Insgesamt nehmen schweizweit 36 Schulen daran teil. Neu auch die Kreisschule Mutschellen (KSM).
Celeste Blanc
«Okay, du bist schon cool, weil du im Internet beleidigst, nach Streit suchst. Aber pass mal auf, ich sag dir eins, komm mit deinem Gewissen in ein paar Jahren klar, wenn du selber Kinder hast und sie gemobbt werden, ja.» Einprägend sind die Worte des Songs «Sag nein» vom Rap-Duo «Wie Ihr», der den Schülerinnen und Schülern an diesem Morgen vorgespielt wird. Und sie bringen nur eines von vielen Problemen auf den Punkt, die durch Mobbing in der Jugend hervorgerufen werden können.
Um Mobbing an der Schule den Kampf anzusagen, nimmt die KSM an der Initiative «#standup» der Pro Juventute teil. Lanciert wurde das von einer Projektgruppe, bestehend aus Schulsozialarbeiter Dominic Bieri, der Lehrerin Tatjana Hartmann und Schulsozialpädagoge Rene Wyss. Mit dem Onlinegehen der spezifischen Meldeplattform, wo Schülerinnen und Schüler Mobbing-Fälle melden können, ist das Projekt diese Woche offiziell gestartet. An einem Informationsanlass präsentierten Dominic Bieri und Schulsozialarbeiterin Gabriella Rohr dieses den rund 500 Schülerinnen und Schülern.
Mobbing nimmt zu
Mobbing zwischen Kindern und Jugendlichen ist eine traurige Realität und nimmt gemäss Pro Juventute zu. Laut einer Pisastudie gaben im Jahr 2015 11 Prozent an, Mobbing zu erfahren, 2018 waren es bereits 13 Prozent. In der Schweiz sind die Zahlen etwas höher: Gemäss SRF haben 28 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz angegeben, schon einmal Hasskommentare über das Natel erhalten zu haben. Und jeder Vierte gab an, schon mal «fertiggemacht» worden zu sein, sei es über das Telefon oder auf dem Pausenplatz.
Deshalb setzt die Initiative an zwei wichtigen Punkten an: der Prävention und der aktiven Handlung. Lehrerinnen und Lehrer werden dabei einerseits geschult, spezifische Unterrichtseinheiten zu erarbeiten, mit denen sie in den Schulklassen Präventionsarbeit leisten. «Thematisiert wird unter anderem, wie man Freunde findet, oder auch, wie man im Klassenverband über Mobbing sprechen kann», erklärt Bieri. Dabei sei es sehr wichtig, dass das «Tabuthema» Mobbing aufgebrochen und ein Rahmen geschafft wird, in dem darüber gesprochen werden kann.
Sicherer Rahmen wichtig
Weiter werden die Schülerinnen und Schüler selbst involviert, indem sie sich über eine Online-Meldeplattform aktiv gegen das Mobbing von Klassenkameraden einsetzen können. «Sich zu wehren oder auch einer gemobbten Person zu helfen, das braucht grossen Mut», wissen Bieri und Rohr. Aus Angst, als «Petze» abgestempelt zu werden oder gar selber zum Opfer zu werden, beobachten viele aber stillschweigend das Geschehen. Hier setzt die Plattform an: Dadurch, dass die Jugendlichen anonym Hinweise abgeben können, sollen sie motiviert werden, sich aktiv gegen das Mobbing einzusetzen. Dafür haben die Schulsozialarbeiter überall in der Schule Plakate mit einem QR-Code aufgehängt, der sie direkt auf das Meldeformular weiterleitet. «Einerseits können die Schülerinnen und Schüler im geschützten Rahmen ihre Beobachtungen weiterleiten. Und andererseits – eben weil es so einfach ist – wird die Hemmschwelle für potenzielle Mobber erhöht», so Bieri.
Geht ein Hinweis über die Plattform ein, werden Bieri und Rohr informiert. Dann fängt ihre Arbeit an. «Entweder sprechen wir mit den Lehrern, was sie beobachtet haben, oder gehen auf die betroffene Person direkt zu», erklären Bieri und Rohr. Dabei sei es wichtig, genau zu untersuchen, ob es sich um einen «Konf likt» zwischen Schülerinnen und Schülern handelt oder ob effektives Mobbing von mehreren Jugendlichen betrieben wird.
Das sei heute manchmal gar nicht so einfach, weil das Wort «Mobbing» bei den Jugendlichen ein Modewort geworden sei «und auch bei ‹einfachen› Beleidigungen bereits verwendet wird», so Bieri. Die beiden sehen für ihre Arbeit und die Jugendlichen einen grossen Vorteil: «Wir als Schulsozialarbeiter können nicht alles wissen, was die Schülerinnen und Schüler bewegt. Durch die Hinweise jedoch können wir konkret anpacken.»
Mobbing prägt beide Seiten
Das Pilotprojekt läuft noch bis Ende Jahr. Danach soll die Mobbing-Prävention fix im Schulalltag an der KSM etabliert werden. Denn das Projekt dient einem höheren Zweck: «Ziel ist es, an der ganzen Schule eine ‹gemeinsame Haltung›, also eine Kultur zu etablieren, in der es keinen Platz mehr für das Mobben hat», so Bieri.
Zu was Mobbing führen kann, erzählt Bieri auch den Jugendlichen beim Informationsanlass. Er erzählt von der Jugendlichen Céline aus Spreitenbach, die sich vor ein paar Jahren aufgrund von Mobbing das Leben genommen hat.
Er und Gabriella Rohr appellierten an die Vernunft der Jugendlichen. Es seien alle verantwortlich, dass sich jeder und jede wohl in der Schule fühlt. Denn: «Es macht etwas mit einem, wenn man in der Schule gemobbt wird», so Bieri weiter. Unsicherheit vor anderen Menschen oder in der Gruppe sowie ein tiefes Selbstwertgefühl und Selbstzweifel können Jahre später die Opfer noch begleiten. Aber auch die Mobber werden später von ihren Taten eingeholt. «Im Erwachsenenalter muss man damit leben, dass man einem wehgetan hat. Dann ist es plötzlich nicht mehr ‹cool›, sondern man fühlt sich schuldig und schlecht», ergänzt Rohr.



