Alte Tradition pflegen
29.04.2022 Region BremgartenSulzer Fährbetrieb lebt
Zwischen April und Mitte Oktober führt der «Fähriverein Sulz-Fischbach» an den Wochenenden Passanten trockenen Fusses über die Reuss. Die älteste schriftliche Quelle dieses Betriebs datiert aus dem Jahr 1531. Seit 1978 ...
Sulzer Fährbetrieb lebt
Zwischen April und Mitte Oktober führt der «Fähriverein Sulz-Fischbach» an den Wochenenden Passanten trockenen Fusses über die Reuss. Die älteste schriftliche Quelle dieses Betriebs datiert aus dem Jahr 1531. Seit 1978 kümmert sich der Verein darum, während er früher oft durch das nahe Restaurant Fahr bewerkstelligt wurde. «Es ist einfach entspannend auf dem Wasser», begründet der Fährimann-Obmann Toni Meier sein Engagement. Er fühlt sich in seinem Tun durch die Bevölkerung bestätigt. «Jährlich fahren wir 8000 bis 13 000 Leute über die Reuss. Es ist eine sehr schöne und alte Tradition.» --rwi
Die Ruhe auf dem Wasser
Fährbetrieb bei Sulz ist wieder offen
Jährlich transportiert der «Fähriverein Sulz-Fischbach» von April bis Oktober zwischen 8000 und 13 000 Personen über die Reuss bei Künten-Sulz und Fischbach-Göslikon. Fährimänner-Obmann Toni Meier geniesst es, diese alte Tradition am Leben zu erhalten.
Roger Wetli
«Ich bin gerne auf dem Wasser», strahlt Fährimänner-Obmann Toni Meier. «Besonders schön ist es jeweils in der Sommerzeit kurz vor dem Mittag. Dann also, wenn das Reusswasser noch frisch riecht.» Er findet es toll, Teil dieser Tradition zu sein. Die ältesten bekannten Schriften über einen Fährbetrieb bei Sulz gehen auf 1531 zurück. Weitere alte Schriftzeugnisse gibt es von 1828.
Arbeiter der Strohindustrie
Die Fähre wurde immer wieder betrieben und teilweise aufgrund mangelnden Unterhalts wieder geschlossen. Seit 1978 hält der extra dafür gegründete «Fähriverein Sulz-Fischbach» den Betrieb konstant offen. Und dies regulär zwischen April und Mitte Oktober jeweils an Samstagund Sonntagnachmittagen. Dann transportieren die Fährleute die Erholungssuchenden von der einen auf die andere Reussseite. Eine Zeit lang hatte dieser Übergang aber auch eine gewisse Bedeutung während der regulären Arbeitstage. Damals gelangten die Arbeiterinnen und Arbeiter der Wohler Strohindustrie hier über die Reuss, und liefen danach über Fischbach-Göslikon nach Wohlen.
Regelmässige Prüfungen
Bereits seit 28 Jahren beim «Fähriverein» ist Toni Meier, der in Stetten aufwuchs und noch heute dort lebt. «Ich bin da reingerutscht. Mein Vater fuhr die Fähre schon», lacht er. «Es ist nicht schwer, die Fähre über die Reuss zu fahren. Trotzdem braucht man eine Motorboot-Theorieprüfung und das Pontonier-Brevet. Letzteres, um die Fähre auch dann noch steuern zu können, wenn das Seil reisst, an dem das Boot angebunden ist.» Damit alles sicher ist, prüfen Experten in regelmässigen Abständen Boot und Anlage.
Der Verein zählt heute rund 160 Mitglieder. Gefahren wird aber nur noch von zwölf Personen. «Wir tun das abwechslungsweise. Gewisse sind hier zwei- bis dreimal, andere achtmal pro Jahr anzutreffen», so Meier. «Der grösste Teil der Fährpersonen ist im Pensionsalter. Wie viele andere Vereine haben auch wir Mühe, Nachwuchs zu finden.» Meier führt das darauf zurück, dass sich viele heute nicht mehr an Wochenenden für etwas Verbindliches verpflichten möchten. «Dabei ist es an der Reuss äusserst entspannt. An Tagen, an denen nicht viel läuft, brätle ich durchaus mal mit der Familie und fahre zwischendurch Passanten über die Reuss», gibt er Einblick. «Es gibt aber auch Nachmittage, an denen wir permanent die Reuss überqueren.»
Toni Meier freut sich, dass sein Verein trotz verregnetem Frühsommer 2021 8000 Passagiere zählen konnte. «Damit war es kein Spitzenjahr. Wir konnten aber die anfänglichen Verluste aufholen. Dies ist nicht selbstverständlich, kommen die meisten Leute doch im Frühjahr, wenn sie nach dem langen Winter wieder draussen unterwegs sind.»
Preise seit 30 Jahren gleich
Der Verein finanziert sich durch die Fahrgelder. Diese seien seit 30 Jahren konstant und könnten bald mal moderat erhöht werden. «Am wichtigsten ist uns, dass wir den Unterhalt der Fähre finanzieren können», so Meier. «Das war bisher immer der Fall.» Keine Konflikte gibt es mit den vielen Gummibooten, die an heissen Tagen die Reuss herunterfahren. «Schwieriger sind da Personen, welche sich ohne Schwimmwesten die Reuss heruntertreiben lassen. Sie sind für uns sehr schlecht sichtbar. Wobei es noch nie zu gravierenden Umfällen gekommen ist», weiss Meier.
Defizitgarantie in Aussicht gestellt
Fischbach-Göslikon und Künten planen seit Längerem, auf der Höhe des Campingplatzes einen Steg über die Reuss zu bauen. «Wir sind gespannt auf seine Auswirkungen auf unseren Betrieb. Es könnte für uns danach sowohl schlechter oder auch besser laufen», erklärt der Fährimänner-Obmann. «Künten hat uns auf jeden Fall eine Defizitgarantie in Aussicht gestellt.» Toni Meier hofft, dass der Betrieb noch lange aufrechterhalten werden kann. «Es macht Spass und steckt sehr viel Idealismus dahinter», lacht er.
Die genauen Fahrzeiten sind auf www.faehriverein.ch zu finden.