Kampfrichter mit grossem Lächeln

  12.11.2021 Kampfsport

Kickboxen: Antonio Cerundolo ist zum «Ringsport A Class Referee» befördert

Antonio Cerundolo feiert ein Jubiläum. 30Jahre ist es her, dass er mit Kickboxen angefangen hat, damals, im November 1991. Zu diesem Ehrentag hat er sich selbst ein besonderes Geschenk bereitet. Der 41-Jährige wurde in die höchste Klasse für Schiedsrichter innerhalb des Weltverbandes WAKO befördert. Es war allerdings ein steiniger Weg mit viel Arbeit bis dahin.

Josip Lasic

Aufgestellt, freundlich, stets ein Lächeln auf den Lippen. So kennt man Antonio «Toni» Cerundolo in Wohlen. Kaum zu glauben, dass er in seinem Hobby anders sein kann – ja sogar muss. Das Mitglied von Kickboxing Wohlen ist Kampfrichter im Kickboxen und Boxen. «In solchen Kämpfen brüllen die beiden Trainer in den Ring. Die Kämpfer leisten sich teilweise Unsportlichkeiten, die Zuschauer bringen Feuer in die Atmosphäre. Da gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Manchmal heisst das, einen Kämpfer zu bestrafen. Auch wenn man damit einen Teil der Zuschauer verärgert.»

Dass der sympathische Cerundolo auch anders kann und seinen Job als Kamprichter gut erfüllt, beweist die Ehrung, die ihm im Rahmen der Weltmeisterschaft in Jesolo zuteil wurde. Er wurde zum «Ringsport A Class Referee» befördert. Zur höchsten Schiedsrichterstufe.

Dieser Weg wird kein leichter sein

Viel Zeit hat er nicht, um diesen Erfolg zu geniessen. Aktuell ist Toni Cerundolo als Kampfrichter an der Junioren-Europameisterschaft im montenegrinischen Budva im Einsatz. «Bei vielen Turnieren werden nur A-Schiedsrichter aufgeboten. Und genauso, wie du befördert werden kannst, gibt es die Möglichkeit, degradiert zu werden, wenn deine Leistungen nicht mehr stimmen.»

Talent und Zusatzengagement

Die harte Arbeit hört nicht auf für den 41-Jährigen. Dabei war es ein weiter weg zum A-Schiedsrichter. Nach seiner Karriere als Kämpfer wollte Cerundolo, der mittlerweile in Villmergen wohnt, dem Kickboxsport erhalten bleiben. Von den Optionen Trainer, Funktionär oder Schiedsrichter hat ihn die letzte am intensivsten gereizt. So fing es an. Cerundolo interessieren die Vollkontakt-Disziplinen im Kickboxen. Er beschliesst, diesen Weg zu gehen – obwohl ihm viele Leute davon abraten. «Es hiess immer, dass das eine Ostblock-Hochburg ist, aber ich wollte nicht aufgeben, bevor ich es nicht einmal versucht habe.»

Um sich den Weg zum «Ringsport A Class Referee» zu erarbeiten, musste Cerundolo zahlreiche internationale Turniere besuchen und dort gute Leistungen zeigen. Sein Vorteil, wie er ihn nennt: «Ich musste niemals grossartig Regeln büffeln. Das ist mir aus meiner Zeit als Kämpfer geblieben. Natürlich habe ich die Regelbücher immer wieder zur Hand, wenn es darum geht, etwas nachzusehen, aber das ist nicht pausenlos der Fall.»

Hilfreich ist sicher sein Zusatzengagement. Cerundolo ist nicht nur Kampfrichter im Kickboxen, sondern auch im Boxen. Als der Wohler noch Kämpfer war, trainierte er mit der Wohler Kickboxlegende Rocco Cipriano. «Rocco nahm mich mal zur Seite und hat gesagt: ‹Hör mal, Toni. Im Ausland können alle Kickboxer auch boxen. Wir müssen das auch intensiver trainieren.›» Gesagt, getan. Die beiden schliessen sich dem Boxclub Brugg an. Eine gute Ergänzung zu ihrem sonstigen Training. «Und so ist es auch beim Kampfrichtern. Es hilft.» Verwechslungspotenzial gab es bei ihm zumindest so gut wie nie. «Ich hatte nie den Instinkt, bei einem Boxkampf mein Bein einzusetzen, und als Kampfrichter war der grösste Fauxpas, dass ich mal ‹Fight› zur Kampferöffnung gesagt habe, statt ‹Box›.»

Ehrgeiz, Liebe zum Sport und Unterstützung

Im Boxen ist der Wohler noch nicht ganz so weit wie im Kickboxen. «Ich will mich als Amateurschiedsrichter auch in diesem Sport weiterbilden.» Ob es irgendwann reicht, professionelle Boxkämpfe zu leiten, steht in den Sternen. «Das wäre ein riesiger Traum», sagt Antonio Cerundolo. Damit liesse sich zumindest viel Geld verdienen. Im Kickboxen und im Amateurboxen geht das nicht. Einen grossen Teil der Kosten muss man aus der eigenen Tasche bezahlen. Nebst Europa- und Weltmeisterschaften ist Cerundolo meistens noch an vier verschiedenen World Cups vertreten, die an unterschiedlichen Orten in Europa stattinden. Für diese Reisen werden zumindest die Spesen übernommen. «Ich würde es aber auch selbst bezahlen. Mir geht es nicht ums Geld, sondern um die Liebe zum Sport.»

Dass er diese Leidenschaft so ausleben kann, hat Cerundolo einem grossen Rückhalt aus der Familie zu verdanken. Seine Partnerin Michela Carrozza unterstützt ihn in seinem Kampfrichterdasein, wo sie nur kann. Seine Tochter Anna betreibt selbst seit zwei Jahren Kickboxing und begleitet den Wohler häufig an Turniere. «Für ihre Unterstützung bin ich ihnen unendlich dankbar. Ohne sie wäre all das nicht möglich.» Der Aussendienstmitarbeiter einer Versicherung ist auch seinem Arbeitgeber dankbar. Allgemein ist Cerundolo ein sehr sozialer Mensch. Seine Einsätze als Kampfrichter lassen ihm kaum ein Wochenende frei. Wenn es das nächste Mal so weit ist, wird er nach Italien fahren, um seine Mutter abzuholen, damit sie mit ihnen in der Schweiz Weihnachten feiern kann. «Das ist uns beiden wichtig. Und wegen der Pandemie ist es ihr nicht ganz geheuer, mit dem Car zu kommen.»

Allen Grund zum Lächeln

Familie, Freunde und Arbeitgeber stehen hinter ihm. Antonio Cerundolo kann seine Leidenschaft verfolgen und ist dabei noch erfolgreich. Er hat allen Grund zum Lächeln und ein aufgestellter, freundlicher Zeitgenosse zu sein.

DIe Kämpfer im Ring sollten das Lächeln und die gute Laune des Unparteiischen dennoch nicht auf die Probe stellen. Denn wenn es um seine Aufgabe im Ring geht, versteht er keinen Spass.


Pleiten, Pech und Pannen

Kickboxen: Frühes Aus für Freiämter an Junioren-EM

Toni Cerundolo ist als Kampfrichter nicht der einzige Vertreter der Region an der Junioren-EM in Budva. Neben Nationalcoach Andrea Faggiano sind die Sinserin Shana Hegglin sowie die Mitglieder von Kickboxing Wohlen Noel Jaggi, Enrico Raggini und Fabio Colafato als Kämpfer dabei. Alle sind in der ersten Runde ausgeschieden.

Enrico Raggini hat im Pointlghting bis 57 kg mit 2:12 gegen den Iren Evan McGuin verloren. Noel Jaggi musste sich im Kicklight bis 63 kg dem Dänen Nicolai Koefoed geschlagen geben. Fabio Colafato hat sich beim Warm-up vor dem Kampf zudem an den Zehen verletzt. Keine guten Voraussetzungen für sein Duell im Pointfighting bis 69 kg. Gegen den Slowenen Ali Botonjic gab es eine Niederlage mit 8 zu minus 2 Punkten. Bleibt noch Shana Hegglin, die sich im K1 bis 60 kg gemessen hat. Ihre Gegnerin war die Polin Zuzanna Kusiak. Faggiano: «Am Schluss fehlten ihr zwei Treffer. Es war sehr knapp.» Hegglins Vater Roland Hatt, ebenfalls Kampfsportler, ergänzt: «Sie hat gekämpft wie eine Löwin und alles versucht, um die Punktrichter zu überzeugen. Es war schön zuzusehen, wie sie bis zum Schluss nicht aufgegeben hat.» Der Kampf ging mit 3:0 an ihre Kontrahentin, wodurch auch für Hegglin das Turnier nach der ersten Runde vorbei war. --jl


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