«Stadt sollte uns etwas wert sein»
10.09.2021 BremgartenStadtratswahlen (3. Teil): Steuererhöhung und BNO-Revision
In den vergangenen Ausgaben haben die sieben Kandidierenden für den Stadtrat erklärt, weshalb man sie wählen sollte und was ihre Ziele in der kommenden Amtsperiode wären. Heute äussern ...
Stadtratswahlen (3. Teil): Steuererhöhung und BNO-Revision
In den vergangenen Ausgaben haben die sieben Kandidierenden für den Stadtrat erklärt, weshalb man sie wählen sollte und was ihre Ziele in der kommenden Amtsperiode wären. Heute äussern sie sich zu zwei konkreten Themen, die in der nächsten Legislatur für Diskussionsstoff in Bremgarten sorgen dürften.
Der Steuerfuss in Bremgarten bleibt ein heisses Eisen. Auch im Wahlkampf merkt man den Kandidierenden an, dass sich keiner die Hände daran verbrennen will. Zu frisch ist die Erinnerung an die verlorene Referendumsabstimmung im vergangenen Jahr, die dem amtierenden Stadtrat eine empfi ndliche Niederlage zufügte. Sich nach diesen Geschehnissen zum jetzigen Zeitpunkt klar für einen höheren Steuerfuss auszusprechen, wäre wohl unpopulär. Und doch wird das Thema über kurz oder lang wieder aktuell werden in der kommenden Legislatur, wenn Investitionen anstehen, die anders nicht zu fi nanzieren sind. Deshalb die Frage an sämtliche Kandidierenden: Die Bau- und Nutzungsordnungsrevision (BNO) dürfte in der kommenden Legislatur vor das Volk kommen. Eine richtungsweisende Abstimmung. Hier werden die Rahmenbedingungen festgelegt, ob und wie Bremgarten in Zukunft wachsen kann und darf und wie es sich städtebaulich verändert. Eine solche Totalrevision ist jeweils auf 15 Jahre ausgelegt und prägt damit das Erscheinungsbild einer Gemeinde nachhaltig. Zusätzliche Brisanz birgt die Tatsache, dass eine Teiländerung der BNO bezüglich der geplanten Umzonung Oberebene an der Gemeindeversammlung 2020 zurückgewiesen wurde. Deshalb die Frage an die Kandidierenden:
Was ist Ihre Meinung zum Thema Steuererhöhung in Bremgarten?
Raymond Tellenbach
FDP, bisher Stadtammann Departement: Präsidiales, 66 Jahre
«Die Referendumsabstimmung hat klar gezeigt, dass eine Steuerfusserhöhung nicht gewünscht wird, also arrangieren wir uns entsprechend und tun alles, um nicht erhöhen zu müssen. Allerdings müssen nicht zwingende Investitionen direkt mit einer Steuerfusserhöhung verbunden sein, ich denke da zum Beispiel an einen Casino-Neubau, da entscheidet dann der Souverän.»
Doris Stöckli
Parteilos, bisher Vizeammann Departement: Planung, Bau und Liegenschaften, 62 Jahre
«Der Steuerfuss wird zum Glück von unseren Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern bestimmt. Unsere Demokratie erlaubt uns glücklicherweise, mitzubestimmen, ob wir uns für Weiterentwicklung, Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit aussprechen oder aber wir uns auf das Notwendigste beschränken wollen. Beides ist entscheidend dafür, was den Einwohnerinnen und Einwohnern wichtig ist, wie wir nach aussen auftreten und wahrgenommen werden. Als Ratsmitglied einer Zentrumsgemeinde stehe ich gern für einen zeitgemässen, zukunftsorientierten und einladenden Auftritt von Bremgarten ein.»
Daniel Sommerhalder
SP, bisher Departement: Tiefbau, Umwelt und Verkehr, 42 Jahre
«Insbesondere in der aktuellen Zeit ist es schwierig, Vorhersagen bezüglich der künftigen Steuereinnahmen zu treffen. Fakt ist, dass 80 Prozent des Budgets «fremdbestimmt» sind, also der Stadtrat keinen grossen Einfluss darauf hat. Ebenso klar ist, dass Investitionen zu Abschreibungen und so indirekt zu mehr Ausgaben führen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass notwendige Investitionen zu leisten sind, da sonst ein Investitionsstau droht, der dann die nachfolgende Generation belastet. Hier gilt es auch, das Volk entsprechend abzuholen, um beurteilen zu können, was wichtig ist und was nicht. Ein tolles Bremgarten sollte uns auch entsprechend etwas wert sein!»
Theo Rau
CVP, bisher Departement: Soziales, Gesundheit und Gesellschaft, 65 Jahre
«Der Finanzplan gibt hier die Antwort vor. Wenn wir die darin aufgeführten Investitionen tätigen, werden wir diese Frage bei jedem neuen Budget wieder prüfen müssen. Die Entscheidung von meiner Frau und mir, vor etwas über 20 Jahren nach Bremgarten zu ziehen, wurde auf jeden Fall nicht vom Steuerfuss beeinflusst.»
Claudia Bamert
Läbigs Bremgarte, bisher Departement: Bildung/Schulen, Kultur und Sport, 46 Jahre
«Die Stimmbürger haben an der Urne bestimmt, dass der Steuerfuss auf 94 Prozent festgelegt wird. Daran wird sich der Stadtrat orientieren. Werden alle im Finanzplan vorgesehenen Investitionen bewilligt und keine Abstriche bei den städtischen Dienstleistungen vorgenommen, muss die Entwicklung bei den Steuereinnahmen analysiert werden. Dann wird es sich zeigen, wann die Zeit für eine Diskussion über einen künftigen Steuerfuss geführt werden muss. Persönlich bin ich der Meinung, dass ein tiefer Steuerfuss nicht zulasten der Qualität durchgesetzt werden darf. Ich verfolge lieber eine Politik mit nachhaltigen Investitionen als mit kurzfristigen, persönlichen Steuerersparnissen.»
Sandro Schmid
GLP, neu 34 Jahre
«Bremgarten lebt bis zum Jahr 2030 noch von der Ausgleichsreserve und kann sich daher aktuell den tieferen Steuersatz leisten. Wir wissen jedoch noch nicht, ob der Kanton die Unternehmenssteuern senken wird. Ich sehe eine allfällige Erhöhung des Steuerfusses als Möglichkeit, damit zukünftige Projekte der Stadt geplant, fi nanziert und durchgeführt werden können. Die Bedingung dafür ist aber, dass die Steuergelder vernünftig und zielgerichtet eingesetzt werden, ansonsten ergibt eine Erhöhung meiner Meinung nach keinen Sinn.»
Claudio Müller
SVP, neu 37 Jahre
«Das Thema ist aus meiner Sicht aktuell nicht gegeben. Letztes Jahr konnte Bremgarten mit über 1,2 Millionen Franken ein rekordhohes Ergebnis präsentieren. So müsste von einer Steuersenkung anstelle einer -erhöhung gesprochen werden. Im Budget 2020 wollte der Stadtrat eine Steuerfusserhöhung, obwohl kein Bedarf vorhanden war. Ich habe mich aktiv dagegen engagiert. Der gewonnene Urnengang hat gezeigt, dass die Mehrheit der Bürger keine Steuererhöhung und keine weiteren Abgaben und Gebühren möchte. Ich setze mich für eine überlegte und einnahmenorientierte Ausgabenpolitik ein, also sparsamer Umgang mit Steuergeldern, für eine schlanke, effi ziente Stadtverwaltung.»
Welche Eckpunkte in der bevorstehenden BNO-Revision sind Ihnen besonders wichtig?
Raymond Tellenbach
«Die Zone obere Ebene soll das vom Kanton vorgegebene Wachstum (was in der Vergangenheit auch immer zutraf) so weit schlucken, dass wir die aktuellen Quartiere und den Ortsteil Hermetschwil-Staffeln nicht mit höheren Gebäuden und grösseren Volumen belasten müssen. Die Altstadt soll bestmöglich erhalten bleiben – da haben wir allerdings sowieso keinen Spielraum.»
Doris Stöckli
«Als Ressortvorsteherin gibt es für mich viele Eckpunkte, die mir wichtig sind. Die Revision der BNO soll für mich primär ein Regelwerk werden, das Bremgarten, mit seinem Ortsteil Hermetschwil-Staffeln, die Basis dafür liefert, sich massvoll und kontrolliert weiterentwickeln zu können. Seiner Bevölkerung aber auch Spielraum lässt, seine individuellen Ziele zu verfolgen. Die gesetzten Eckpunkte sollen auch eine Richtlinie dafür sein, was in Anbetracht von vielerlei Belangen für die Stadt als wichtig erachtet wird.»
Daniel Sommerhalder
«Aus Sicht meines Ressorts ist mir die Anbindung der Quartiere an den öffentlichen Verkehr wichtig, beispielsweise in der Unterstadt. Hier arbeiten wir bereits an einer entsprechenden Studie. Auch die Anbindung «neuer» Quartiere muss immer auf unserem Radar sein. Dann gilt es das vom Kanton prognostizierte Wachstum zu verteilen – hier bin ich für ein überschaubares Wachstum, dort, wo es Sinn macht, beispielsweise in der Oberbene inklusive Gestaltungsplanpfl icht. In den Quartieren sollte die Quartieridentität erhalten bleiben und wichtig ist für mich auch, dass der Sportplatz Bärenmatte weiterhin in der öffentlichen Zone ist und als Sportanlage erhalten bleibt.»
Theo Rau
«Die BNO muss das prognostizierte Wachstum ermöglichen, ohne dass die Stadt ihren Charakter aufgeben muss. Es muss möglich sein, qualii zierte, wertschöpfende Arbeitsplätze zu generieren.»
Claudia Bamert
«Ich bin davon überzeugt, dass eine Revision der BNO für alle in irgendeiner Form Beteiligten einen Mehrwert bringen sollte. Ein grosses Anliegen ist es mir, dass die ausgeschiedenen Grünfl ächen erhalten bleiben. Im Weiteren richte ich mein Augenmerk auf eine qualitative Entwicklung der Bevölkerung. Dabei ist es mir wichtig, dass Rahmenbedingungen zur Ansiedlung von Betrieben mit interessanten Arbeitsplätzen geschaffen werden und dass eine ausgewogene Mischung zwischen Wohn- und Arbeitsraum daraus resultiert.» Attraktivität oder nur das Notwendigste?
Sandro Schmid
«Dass Bremgarten wachsen wird, können wir kaum verhindern, der Siedlungsdruck steigt. Auch in unserer Region steigen deshalb die Immobilienpreise. Wir können aber mitentscheiden, wie und wo die Stadt wachsen soll. Im Zuge der Totalrevision haben wir die Chance, im Rahmen eines gesamtheitlichen Bildes darüber zu diskutieren und zu sehen, was dieses für unsere Schulen, den ÖV, die Werke und die Sportstätten bedeutet. Siedlungszonen müssen mit Vernunft und Weitsicht angelegt werden, auch das Potenzial von Hermetschwil-Staffeln darf nicht vergessen werden. Ferner müssen wir darüber diskutieren, wo zukünftige Sportanlagen stehen werden.»
Claudio Müller
«Bei wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft von Bremgarten müssen alle Akteure angehört und gebührend berücksichtigt werden. Nur gute Konsenslösungen haben an der Urne eine Chance. Ich werde mich einsetzen für ein moderates, gesundes Wachstum von Bremgarten. Wir brauchen funktionierende Verkehrswege, welche keine Belastung für unsere Einwohner sind, und gute Schul- und Sportanlagen, welche für kommende Generationen wertmässig zu erhalten sind. Unter dem Strich geht es jedoch um die Frage, will und muss Bremgarten in den kommenden Jahren wachsen und falls ja, wie sollen wir wachsen.