BRIEF AUS FLORIDA
06.08.2021 Grosser RatJoe Huber, Fort Myers.
Hochachtung verdient
Obwohl mir eigentlich die einseitige und USA-überpatriotische Berichterstattung der Olympischen Sommerspiele aus Tokio gegen den Strich geht, ist sie ...
Joe Huber, Fort Myers.
Hochachtung verdient
Obwohl mir eigentlich die einseitige und USA-überpatriotische Berichterstattung der Olympischen Sommerspiele aus Tokio gegen den Strich geht, ist sie doch eine willkommene Abwechslung in unserer ja sonst nur von schlechten Nachrichten dominierten Medienwelt. Da vermisst man nicht mal die abwesenden Zuschauer in den Stadien. Einfach mal was anderes als nur Berichte über Unwetter-Katastrophen, Covid und politischen Blödsinn aus praktisch allen Hauptstädten dieser Welt. Das gibt einem bereits ein gutes Gefühl. Über die bis jetzt von den Schweizer Athletinnen und Athleten erreichten Supererfolge lese ich dann jeweils erst am darauffolgenden Tag im Internet. Denn die amerikanische NBC, welche einen Exklusivvertrag mit dem IOC für die TV-Rechte hat, konzentriert sich wirklich nur auf die US-Teilnehmer. Das war aber schon immer so und ich habe mich daran gewöhnt. Die TV-Übertragungen hinterlassen den Eindruck, es handle sich hier um amerikanische Meisterschaften mit ausländischer Beteiligung.
Ebenfalls eine erfreuliche Abwechslung durften wir im lokalen Schweizer Klub erleben. Denn nach eineinhalbjähriger Pause trafen wir uns wieder zum ersten Anlass, nämlich zur Feier zum 730. Geburtstag der Eidgenossenschaft. Knapp 50 Leute, darunter auch einige Gäste, die auch gleich Mitglieder wurden, erschienen am späteren Nachmittag trotz brütender Hitze und grosser Luftfeuchtigkeit im für diesen Anlass von uns gemieteten und direkt am Golf von Mexiko gelegenen privaten Beach Club. Die meisten von uns hatten sich jetzt während fast 18 Monaten nicht mehr gesehen. Und so gab es über den beim Apéro servierten Waadtländer Weisswein genügend Gelegenheit, sich miteinander auszutauschen. Nach dem traditionellen Abspielen der Nationalhymne – es sangen etwa gleich viele mit wie bei der Schweizer Fussballnationalmannschaft – und der 1.-August-Ansprache des amtierenden Bundespräsidenten hiess es für den Grilleur, loszulassen und nebst den bereits vorhandenen 35 Grad Celsius nochmals mindestens so viel an Grillhitze aushalten zu müssen. Die seit jeher aus Colorado eingeflogenen Bratwürste waren auch diesmal den durch die Transportkosten verursachten hohen Preis absolut wert. Und auch das dazu servierte, in der Schweiz hergestellte Bürli schmeckte allen hervorragend. Nachdem wir dann noch einen herrlichen Sonnenuntergang über dem Golf von Mexiko beobachten durften, ging es wieder auf den Heimweg. Für diejenigen, die am weitesten weg wohnten, bedeutete das wieder eineinhalb Stunden Heimfahrt. Insgesamt drei Stunden Autofahrt für eine Bratwurst, ein Bürli und Diskutieren mit Landsleuten verdient Hochachtung.
Wir haben wieder für jeden Monat einen Anlass geplant, in der Hoffnung, dass wir dieselben auch durchführen können, denn die so wichtigen zwischenmenschlichen Beziehungen haben auch bei uns stark leiden müssen.
Die ganze Welt kann doch eigentlich nur noch besser werden.
Der in Jonen aufgewachsene Joe Huber wohnt seit 1986 in den USA. Lange Zeit in New York, nun in Fort Myers, Florida. Regelmässig berichtet er von seinem Leben und hält seine Gedanken als Auslandschweizer fest.