Grosse Ehre für die Stadt
23.07.2021 Bremgartenerhält einen Teil des Zeitungsarchivs des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers»
Dora und Ferdinand Weissenbach schenken der Stadt Bremgarten ihre Archivbände von 1894 bis 1994.
Celeste Blanc
Die offizielle ...
erhält einen Teil des Zeitungsarchivs des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers»
Dora und Ferdinand Weissenbach schenken der Stadt Bremgarten ihre Archivbände von 1894 bis 1994.
Celeste Blanc
Die offizielle Schenkung war ein kurzer Akt. Viel lieber schwelgte die Schenkende Dora Weissenbach mit den Anwesenden in Erinnerungen an die Zeit, als sie mit ihrem Mann Hans Weissenbach den «Bremgarter Bezirks-Anzeiger» noch herausgab.
Bis 1990 war die Zeitung in Familienbesitz, bis sie dann vom «Tages-Anzeiger» und später von der Kasimir Meyer AG (heute Freiämter Regionalzeitungen AG) übernommen wurde. Das Archiv mit den Beständen von 1894 bis 1994 blieb weiter in Familienbesitz. Nun gehört es der Stadt Bremgarten. Für Vizeammann Doris Stöckli ist die Übergabe ein Vertrauensbeweis an die Stadt: «Und eine grosse Ehre.» Die Bände werden im Stadtarchiv aufbewahrt.
Überraschungsgast
Der Bestand des Zeitungsarchivs befindet sich in einem guten und vollständigen Zustand und ist der Öffentlichkeit auf Gesuch zugänglich. «Die Zugänglichkeit war für mich ein grosses Anliegen», so Dora Weissenbach, die seit einiger Zeit über eine Schenkung an die Stadt nachdachte.
Als Überraschungsgast war Arthur Abt anwesend. Er machte 1961 bei der Druckerei Weissenbach die Lehre als Schriftsetzer und ist langjähriger Bekannter der Familie. Er erzählte einige amüsante Episoden aus seiner Zeit als Lehrling.
Quellen, die zur Stadt gehören
Dora und Ferdinand Weissenbach übergeben das Archiv des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers»
Es ist eine Schenkung der besonderen Art: Dora und Ferdinand Weissenbach übergeben der Stadt Bremgarten ihr Archiv. Über hundert Bände fassen die Berichterstattungen des Lokalblattes von 1894 bis 1994, die nun im Stadtarchiv aufbewahrt werden und auf Gesuch der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Celeste Blanc
Am Donnerstagvormittag fuhr der Lieferwagen mit einem stadthistorisch wertvollen Inhalt vor das Rathaus in Bremgarten. Mit Vorsicht folgte die Verlagerung der alten Archivbestände des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers», die von 1894 bis 1994 reichen, ins Stadtarchiv im Untergeschoss des Rathauses. Fortan ergänzen nun die über 100 Bände, die insgesamt 7,5 Laufmeter besetzen, die Quellen zur Geschichte der Stadt.
Es scheint auf den ersten Blick ein kleiner Akt – doch für die Stadt Bremgarten ist er von grosser Bedeutung. Dank der ein Jahrhundert umfassenden medialen Berichterstattung gibt es neue Quellen und Auszüge zur neuzeitlichen Stadtgeschichte. Für Vizeammann Doris Stöckli, die als Vertreterin des Stadtrates anwesend war, ist es eine grosse Ehre: «Es ist ein Zeichen an die Stadt, dass die Familie Weissenbach uns grosses Vertrauen schenkt.»
Lange Zeit in Familienbesitz
Vor der Unterzeichnung der Schenkungsurkunde besuchten Dora und ihr Sohn Ferdinand Weissenbach den neuen Standort im Stadtarchiv. Für sie hat der Bestand einen emotionalen Wert, schliesslich handelt es sich um einen wichtigen Teil der Familiengeschichte. Über 125 Jahre war das Archiv in Familienbesitz. Der «Bremgarter Bezirks-Anzeiger», der bis 1990 im Besitz der Familie war, wurde in drei Generationen geführt. Dass nun die Stadt Bremgarten die Schenkung erhält, sei im Sinne ihres Mannes Hans, erzählt Dora Weissenbach. Es wäre sein Wunsch gewesen, dass das Archiv in der Stadt bleibt: «Denn mein Mann lebte als eingefleischter Stadtbürger für Bremgarten», so Dora Weissenbach.
Als der «Bremgarter Bezirks-Anzeiger» 1990 dem «Tages-Anzeiger» verkauft wurde, war der Mitkauf des Archivbestands für die Neubesitzer kein Thema. Das sei ungewöhnlich, meint Myriam Kamphues, Mitglied der Geschäftsleitung von docuteam, die als Projektbegleiterin bei der Übergabe mitwirkte. Normalerweise werde bei solchen Verkäufen das Archiv mitgegeben. «Aber es muss natürlich Interesse daran bestehen und dann Bestandteil der Aushandlungen sein», erklärt Kamphues. Somit blieb der Archivbestand weiterhin im Besitz der Familie Weissenbach. Heute gehört der «Bremgarter Bezirks-Anzeiger» der Freiämter Regionalzeitungen AG.
Für alle Interessierten zugänglich machen
Der Entscheid, das Archiv der Stadt zu übergeben, beschäftige Dora Weissenbach fast dreissig Jahre. Ausschlaggebend für die Überlegungen war ein Hausbrand. Glücklicherweise gab es keine Personenschäden, auch die gebundenen Zeitungsbände blieben verschont. Doch nach diesem Ereignis war Dora Weissenbach klar, dass das Archiv ausser Haus und an einem sicheren Ort aufbewahrt werden musste: «Es lag in unserer Verantwortung, dass der Archivbestand zukünftigen Generationen erhalten bleibt.»
Weiter solle das Zeitungsarchiv künftigen Generationen zugänglich gemacht werden: «Wenn es bei uns im Privathaushalt ‹eingesperrt› bleibt, bringt das gar nichts. Es war mir sehr wichtig, dass es ins Stadtarchiv übergeht, damit die Seiten von Interessierten auch eingesehen werden können.»
Bereits mehrere Jahre liefen die Gespräche mit dem Stadtrat für eine allfällige Übernahme der Archivbände. Dieses Jahr wurde es endlich konkret. Dass die Übergabe so lang auf sich warten liess, sieht Vizeammann Doris Stöckli darin, dass Ab- und Entwicklungen etwas gemeinsam haben: «Es braucht immer seine Zeit, bis sich die Umstände ergeben, dass es zu einem Abschluss kommt.» Stöckli schätze es deshalb sehr, dass die Schenkung nun erfolgt ist: «Es ist eine wichtige Aufgabe des Stadtarchivs, die Geschichte zu übernehmen und zu wahren.» Auch habe ein Archiv nur dann einen Wert, wenn es genutzt werden kann.
In gutem Zustand
Was weiter mit dem Bestand passiert, liegt nun in der Verantwortung des Archivs. Grundsätzlich befinden sich die Bände in gutem Zustand. «Natürlich macht sich das Alter bei den Jahrgängen ab 1894 bemerkbar», so Kamphues. Auch sehe man gewissen Bänden an, dass andere Druckerschwärze benutzt wurde. Dort bröckle diese teilweise ab, während ältere noch in einwandfreiem Zustand seien. Das könne die Leserlichkeit vermindern. Weiter müsse bei den älteren Bänden auf die Bindung geachtet werden, die nicht mehr so gut hält.
Eine künftige Herausforderung wird sicher sein, wie mit dem Zeitungspapier, dessen Haltbarkeit irgendwann nachlassen wird, umgegangen wird. Für Doris Stöckli eine berechtigte Frage: «Es soll für die Ewigkeit erhalten und die Lesbarkeit gewährleistet bleiben.» Eine Überlegung wäre, das Archiv zu digitalisieren. Die Bände können damit problemlos Interessierten online zur Verfügung gestellt werden. Solche Überlegungen haben fürs Erste aber noch Zeit, vor allem auch deshalb, weil die Digitalisierung von Archivbeständen eine teure Investition ist.
Wertvolle Schenkung
Die Bände sind fortan für die Öffentlichkeit auf Gesuchstellung einsehbar. Die Einsicht erfolgt in der Stadtkanzlei in den Büroräumlichkeiten in Anwesenheit einer Person der Stadtverwaltung. Ein Vorgang, der den schlechten Erfahrungen von Dora Weissenbach vorbeugen soll: «Als wir selber noch die Zeitung führten, war oft Hochbetrieb. So gaben wir bei Anfragen die gewünschten Bände ohne unser Beisein heraus.» Es folgte die böse Überraschung: Einige der Zeitungsartikel wurden herausgeschnitten oder -gerissen.
Abgesehen von einzelnen Artikeln ist das Archiv des «Bremgarter Bezirks-Anzeigers» aber lückenfrei und damit vollständig. Weitere Archivbestände gibt es zudem auch bei der Kantonsbibliothek in Aarau und in der Nationalbibliothek, da sie einen Sammelauftrag haben. Myriam Kamphues weiss: «Die Kantonsbibliothek Aargau ist zwar gut aufgestellt, aber es gibt einige Jahre, die fehlen.» Somit ist die Schenkung der Familie Weissenbach eine wahrhaft einmalige und durchaus wertvolle.