«Niemand kann uns schlagen»
11.06.2021 SportFussball, 1. Liga classic: Zehn Fragen an FC-Wohlen-Trainer Thomas Jent vor dem Re-Start gegen Langenthal (So, 15 Uhr)
Der FC Wohlen hat noch vier Spiele in der Saison 2020/21 zu bestreiten. «Eines davon ist enorm wichtig», sagt Trainer Thomas Jent. Der ...
Fussball, 1. Liga classic: Zehn Fragen an FC-Wohlen-Trainer Thomas Jent vor dem Re-Start gegen Langenthal (So, 15 Uhr)
Der FC Wohlen hat noch vier Spiele in der Saison 2020/21 zu bestreiten. «Eines davon ist enorm wichtig», sagt Trainer Thomas Jent. Der 50-Jährige aus Seon spricht vor dem Auswärtsspiel in Langenthal über die Zukunft, über die Europameisterschaft, und er erzählt, was er über die Anfeindungen der FC-Wohlen-Fangruppierung denkt.
Stefan Sprenger
Endlich wieder Fussball. Ihr Team spielt am Sonntag (15 Uhr) auswärts gegen Langenthal. Wie stellen Sie auf?
Thomas Jent: Das bestmögliche Team wird antreten. Wir gehen aber kein Risiko ein. Heisst konkret, dass die angeschlagenen Spieler nicht mittun werden. Das sind Luigj Milicaj, Momo Seferi, Thomas Schiavano und Nicolas Künzli. Er hat sich beim Testspiel gegen die Young Boys U21 nach vier Minuten den Fuss verdreht und sich womöglich einen Muskelabriss am hinteren Oberschenkel zugezogen. Das ist bitter.
Hat diese Verletzung von Künzli gezeigt, dass das Verletzungsrisiko nach der langen Pause eben doch gross ist?
Ich glaube, es liegt nicht an der Pause. Nicolas Künzli hat einfach eine falsche Bewegung gemacht. Das Risiko, sich zu verletzten, ist nur minim grösser als sonst. Und dies liegt nicht an der Physis, denn die Spieler sind fit. Ich glaube, es liegt mehr am fehlenden Spielrhythmus, der dann zu Verletzungen führen kann.
Nach Langenthal folgt noch das Heimspiel gegen Delémont (19. Juni, 15 Uhr) und auswärts gegen Muttenz (26. Juni, 16 Uhr). Für den FC Wohlen geht es sportlich um nichts mehr. Wie gehen Sie in diese Spiele?
Ich sehe diese drei Partien als Vorbereitung für den Auftritt in der Qualifikation für den Schweizer Cup. Am 3. Juli reisen wir nach La Chaux-de-Fonds. Mit einem Sieg können wir uns für den Schweizer Cup qualifizieren, und das ist unser grösstes Ziel, das wollen wir packen. Aber auch in der Meisterschaft wollen wir alle drei Partien gewinnen und viel positive Energie mitnehmen.
In der Saison 2021/22 bleibt das Ziel gleich. Der FC Wohlen will aufsteigen. Stimmts?
(Lacht). Die Aufstiegsspiele sind unser Ziel. Und mit dieser Mannschaft muss das einfach hinhauen. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen. Das Team bleibt grösstenteils zusammen und ist qualitativ sackstark. Mit Alban Pnishi haben wir einen erfahrenen Abwehrboss erhalten. Wir haben die beste Mannschaft der 1. Liga classic. Niemand kann uns schlagen, ausser wir uns selbst. In Vergangenheit haben wir das aber leider zu oft gemacht.
Es ist immer dasselbe Thema. Der FC Wohlen hat eine starke Equipe, verspielt aber durch individuelle Fehler und vergebene Torchancen viele wichtige Punkte. Einverstanden?
In dieser Saison hatten wir durch die langen Ausfälle von Vilson Doda und Luigj Milicaj in der Offensive ein Problem. Unser Hauptproblem ist allerdings ein anderes. Wir sind noch kein Team. Die Spieler müssen füreinander alles geben, 90 Minuten lang, 100 Prozent. Wenn nur einer etwas weniger macht, dann reicht es eben nicht. Das ist reine Kopfsache. Diese Mentalität müssen wir jetzt beweisen.
Es ist ja auch Ihre Aufgabe als Trainer, aus den starken Einzelspielern eine Einheit zu formen.
Definitiv ist das mein Job. Wie gesagt: Wir sind die beste Truppe der Liga, menschlich verstehen sich alle bestens. Aber auf dem Feld müssen wir noch mehr eine eingeschworene Mannschaft werden. Das ist der schwierigste Teil meines Jobs, daran arbeiten ich und der gesamte Trainerstaff stark. Beispielsweise werden wir im August ein Wochenende in die Berge fahren, um den Zusammenhalt zu fördern. Ich bin überzeugt, dass dieses Wochenende wichtiger sein wird als die vielen Trainingseinheiten. Kicken können die Jungs, jetzt müssen sie zusammenwachsen. Jeder muss im Spiel alles geben. Nur so haben wir Erfolg.
Am Sonntag gibts den ersten Ernstkampf seit einem halben Jahr. Sind Sie nervös?
Nein. Ich freue mich gigantisch. Auch im Training habe ich gespürt, dass es die Jungs kaum erwarten können, endlich wieder loszulegen. Ich werde am Samstag das Spiel von La Chauxde-Fonds anschauen gehen, am Sonntag sind wir selbst dran. Und da startet ja noch die Fussball-Europameisterschaft. Ein vollbepacktes Fussballwochenende, endlich.
Sprichwort Fussball-EM. Wer wird Europameister?
Ich hoffe natürlich auf die Schweiz. Die Gruppe mit Wales, Italien und der Türkei ist aber sehr happig. Ausserdem ist diese EM ganz speziell. Nicht viele Fans, dazu Spiele über den ganzen Kontinent verteilt. Ich glaube, die Mentalität der Mannschaft ist sehr wichtig. Jenes Team, das am besten damit klarkommt, wird Europameister. Wenn ich tippen müsste, dann würde ich alles auf Deutschland als neuen Europameister verwetten. Diese Truppe ist riesig motiviert und eine Turniermannschaft. Wenn die ins Rollen kommen, bremst sie niemand.
Mit Captain Marko Muslin und Goalietrainer Boris Ivkovic verlassen per Ende Saison zwei langjährige Identifikationsfiguren den Verein. Gibt es eine Abschlussparty für die beiden?
Nach dem Heimspiel am 19. Juni hat Boris Ivkovic anscheinend eine Party mit dem ganzen Dorf geplant (lacht). Spass beiseite. Muslin und Ivkovic sind tolle Typen und haben einen würdigen Abschluss verdient. Den werden sie auch kriegen.
Wir sind bei der letzten Frage. Thema Corona. Sie wurden von der FC-Wohlen-Fangruppierung «Gate Süd» in einem Facebook-Eintrag angegangen. Dies, weil sie sich kritisch zu den Coronamassnahmen geäussert haben. Zitat aus dem Eintrag: «Offenbar ist auch ein Staffmitglied der 1. Mannschaft in diesen gefährlichen Sog aus Antisemitismus, Hetze, Lügen und Panikmache hineingezogen worden». Wie haben Sie darauf reagiert und wie ist Ihre Meinung dazu?
(Überlegt) Generell fand ich dies schade. Mein Name wurde zwar nicht genannt, aber alle wussten, dass es sich um mich handelt. Es wurde total übertrieben. Ich finde es gefährlich und sehr problematisch, wenn man seine Meinung nicht mehr äussern darf und sogar dafür angefeindet wird. Ich bin kein Corona-Leugner, kein Verschwörungstheoretiker und schon gar kein Rechtsradikaler. Ich wurde von der Fangruppierung einfach abgestempelt. Ich habe lediglich einige Massnahmen hinterfragt, die in meinen Augen sehr übertrieben waren. Dass man die schwachen und alten Menschen schützen muss, ist für mich total nachvollziehbar. Wieso meine 13-jährige Tochter einen Mundschutz im Schulzimmer tragen muss, eher nicht. Nach diesem Facebook-Eintrag der FCW-Fans habe ich ihnen den Dialog angeboten. Sie wollten nicht. Für mich war die Sache damit erledigt. Ich bin ein toleranter Mensch und akzeptiere andere Meinungen. Ich werde auch in Zukunft sagen, was ich denke. Und ich stehe nach wie vor einigen Massnahmen kritisch gegenüber. Nun wollen wir aber Corona hinter uns lassen und endlich wieder Fussball spielen.