«Wohl Sympathien verscherzt», Leserbrief von Valery David Fricker in der Ausgabe vom 13. April
Valery David Fricker schreibt im Leserbrief meiner Meinung nach völlig richtig: «Kapitalismuskritik muss salonfähig werden.» Und dass die Marco Polo ...
«Wohl Sympathien verscherzt», Leserbrief von Valery David Fricker in der Ausgabe vom 13. April
Valery David Fricker schreibt im Leserbrief meiner Meinung nach völlig richtig: «Kapitalismuskritik muss salonfähig werden.» Und dass die Marco Polo Business Apartments AG die vorgebrachte Kritik an ihrer Geschäftstätigkeit in Bremgarten so schnell und nachvollziehbar schlüssig aus einigen Köpfen schaffen konnte, ist ebenso richtig wie verdankenswert.
Was zurückbleibt, ist ein offenbar weitverbreitetes Unverständnis an der Anonymität der Kritik. Dieses Unverständnis erstaunt doch sehr. Gerade die Anonymität der Meinungsäusserung ist doch ein zentrales Element unseres Stimm- und Wahlrechts. Das heisst, dass jemand gewaltfrei, aber öffentlich seine Meinung äussern kann, ohne deswegen irgendwelche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Viele Leserinnen und Leser erinnern sich noch gut an einen Fall aus der nicht allzu fernen Vergangenheit in einem nicht allzu weit entfernten Ort, wo sich jemand zu einem aus seiner Sicht klaren Missstand gewaltfrei, aber öffentlich geäussert hat und in der Folge unerträglich stigmatisiert worden ist.
Genau solche Vorkommnisse sind mit ein Grund, weshalb an nicht anonymen Gemeindeversammlungen manche Traktanden angenommen und in der folgenden, anonymen Referendumsabstimmung wieder kassiert werden. Die Edward Snowdens sind halt dünn gesät und es gibt durchaus gute Gründe, persönliches Unbehagen und vor allem Systemkritik lieber anonym als unter voller Namensnennung zu äussern. Insbesondere dann, wenn die Kritisierten, wie in diesem Fall, umgehend mit einer Gegendarstellung darauf antworten und die Sachverhalte richtigstellen können.
Wer öffentlich tätig wird, muss sich öffentlicher und unter Umständen anonymer Kritik stellen, darf aber auch sein Gegendarstellungsrecht einfordern.
Peter Keller, Bremgarten