Von der Theorie zur Praxis
12.01.2021 MutschellenSeit seiner Studienzeit beschäftigt sich der 29-jährige Beriker Pascal Hügli mit der Kryptowelt. Mit der Kryptowährung Bitcoin vor allem. Zusammen mit zwei Kollegen hat er vor gut einem Jahr dazu ein Buch herausgegeben, von dem demnächst eine Neuauflage erscheint. Nun ...
Seit seiner Studienzeit beschäftigt sich der 29-jährige Beriker Pascal Hügli mit der Kryptowelt. Mit der Kryptowährung Bitcoin vor allem. Zusammen mit zwei Kollegen hat er vor gut einem Jahr dazu ein Buch herausgegeben, von dem demnächst eine Neuauflage erscheint. Nun setzt er auch beruflich auf diese neue Welt. --eob
«Das hat Zukunft»
Pascal Hügli ist daheim in der Welt von Bitcoin und Blockchain
Die Kryptowährung Bitcoin geht durch die Decke. Die Kryptowelt ist seit einiger Zeit auch Bestandteil der Vermögensverwaltung. «Es braucht sicher noch ein paar Jahre, bis sie in der breiten Öffentlichkeit ankommt», weiss Pascal Hügli.
Erika Obrist
«Es kommt etwas Neues auf uns zu, das die Welt umkrempeln wird, wie es beim Internet der Fall war», sagte Pascal Hügli vor etwas mehr als einem Jahr. Damals war das Buch «Ignorieren auf eigene Gefahr – die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain» des Berikers herausgekommen, das er zusammen mit Yonghan Lee und Richard Dettling verfasst hat. Darin erklären sie die Entstehung der Technologie der Kryptowährungen und mögliche Auswirkungen auf die Finanzwelt. Das Buch hat derart guten Anklang gefunden, dass in diesem Jahr eine Neuauflage geplant ist.
Hügli befasst sich schon lange mit der Welt der Verschlüsselung von Informationen, der Kryptografie, und ihren Anwendungen. Die Kryptowährungen, die bekannteste ist Bitcoin, würden bald allgegenwärtig sein, sagte Hügli damals.
Von der Theorie in die Praxis
Hügli hat Politologie studiert und schon an der Uni von Bitcoin gehört. Das Thema Kryptowährung hat ihn derart fasziniert, dass er sich gründlich eingelesen und sich beruflich als Finanz- und Wirtschaftsjournalist darauf spezialisiert hat. Nun hat er den nächsten Schritt getan: In einer Schweizer Vermögensverwaltungsfirma ist er in einem Teilpensum verantwortlich für die Forschung. Er versucht, Strömungen und Zusammenhänge auszumachen, die in der Gesellschaft vorhanden sind. Seine Erkenntnisse werden in Strategien des Unternehmens einfliessen. «Das ist eine ideale Ergänzung zu meiner eher theoretischen Tätigkeit als Finanzjournalist und als Dozent an der Hochschule für Wirtschaft Zürich», sagt der 29-Jährige. Mit der neuen Aufgabe sei er Teil der praktischen Welt von Blockchain und Bitcoin.
Angesprochen auf die Frage, wie er diese unterschiedlichen Mandate unter einen Hut bringt, antwortet er: «Auch die Zukunft des Arbeitens ist dezentraler. Jüngere Generationen werden nicht mehr nur einen Arbeitgeber haben, sondern ihre persönliche Jobsituation diversifizieren.»
Nun, da der Wert der Bitcoins durch die Decke schiesst – der aktuelle Wert beläuft sich auf rund 40 000 Dollar, Tendenz sinkend –, interessierten sich wieder viele Leute für die Kryptowährungen. «Auch Grossinvestoren und institutionelle Anleger wie Pensionskassen beginnen zu investieren.» Kryptowährungen seien jedoch noch immer ein Thema der Finanzwelt. Es brauche wohl noch ein paar Jahre, bis die Kryptowelt in Form von Alltagsanwendungen bei allen Leuten angekommen sei. «Es ist ein Marathon.» Ein Marathon, der eben erst gestartet worden sei.
Dennoch ist Hügli überzeugt, dass die Menschheit am Anfang einer neuen digitalen Welt stehe. Konzerne wie Google und Facebook hätten sich etabliert. Das Problem: Sie kontrollieren sämtliche Daten, welche die Nutzerinnen und Nutzer preisgeben. Die Kryptowelt könne da eine Alternative sein: Nicht eine Firma besitze die Daten, sondern die Nutzer selber. «Das hat Zukunft.»
Mehr als Spekulation
Die Technik für diese Zukunft sei vorhanden: Blockchain. Damit meint er nicht irgendeine Blockchain, sondern die Bitcoin-Blockchain, die sich gerade zum sichersten dezentralen Netzwerk der Welt entwickelt. «Bitcoin ist weitaus mehr als reine Spekulation, sondern die Basis für ein Finanzsystem 2.0», erklärt Hügli. Jetzt gelte es, diese Technik noch kundenfreundlich auszugestalten, sodass jeder sie anwenden und seine Daten, sein Geld und seine Identität selber verwalten könne. Dank Blockchain. Bei dieser Technologie werden die Daten dezentral in Blöcken gespeichert auf den Computern von vielen Teilnehmenden. «Alle Teilnehmenden haben zur gleichen Zeit dieselben Informationen», weiss Hügli. Das schliesse Tricksereien aus, da die Nutzer das sofort bemerkt hätten.
Heute stehen hinter jedem Geldtransfer Zentralen. Banken beispielsweise, bei denen die Daten ein- und ausgehen. Bei Kryptowährungen gibt es keine Zentralen: Alle Daten sind auf den Computern der Menschen gespeichert, die Bitcoin besitzen. Weltweit. Die Nutzer erhalten einen Zugangsschlüssel – und keine zentrale Verwaltung wie Firmen oder der Staat hat Verfügungsgewalt.
Das hat Vor- und Nachteile zugleich. Der Vorteil: Man ist Besitzer der eigenen Daten. Der Nachteil: Vor allem kriminelle Organisationen machten sich zu Beginn der Kryptografie die Tatsache zunutze, dass auch der Staat keinen Zugriff auf die Daten hat. Dieses Problem besteht heute noch.
Schutzmittel gegen Geldentwertung
Und wie wird sich die Kryptowelt entwickeln? «Die Mehrheit der Menschheit wird die Vermögensverwaltung weiterhin an Unternehmen delegieren, die das professionell tun», blickt Hügli voraus. Mit der Blockchaintechnik und mit Kryptowährungen wie Bitcoin bestehe aber die Möglichkeit, sein Vermögen selber zu verwalten. Da Bitcoin auf 21 Millionen Einheiten beschränkt ist und niemals mehr Bitcoins aus dem Nichts geschaffen werden können, hat man als Bürger ein probates Schutzmittel gegen die heute galoppierende Geldentwertung auf dem Bankkonto. «Diese Entwertung ist es, die der Gesellschaft zu schaffen macht und den Menschen die Lebensenergie absaugt», meint Hügli.