Besondere Momente im Redaktionsalltag: Kleine Aufstiegsfeier bei den Geissmanns in Hägglingen (3. August 2020)
Stefan Sprenger
Seit Profifussballer Joel Geissmann in Lausanne spielt, ist er selten im Freiamt anzutreffen. Mit Joel Geissmann zusammen organisiere ...
Besondere Momente im Redaktionsalltag: Kleine Aufstiegsfeier bei den Geissmanns in Hägglingen (3. August 2020)
Stefan Sprenger
Seit Profifussballer Joel Geissmann in Lausanne spielt, ist er selten im Freiamt anzutreffen. Mit Joel Geissmann zusammen organisiere ich den «Zusammenzug» der ganzen Geissmann-Fussball-Dynastie. Der Grund: Aufstieg in die Super League. Es gibt eine kleine, spontane Aufstiegsfeier im Elternhaus in Hägglingen – nur mit Kaffee und guter Stimmung.
Sommer 2020: Die ganze Sportwelt verdaut den Coronafrühling, als alles in Schockstarre war. Auch jetzt fallen viele Sportevents aus, wenig bis gar keine Zuschauer sind erlaubt. Immerhin: Die Profiligen im Fussball können die Saison zu Ende spielen. Lausanne schafft den Aufstieg in die Challenge League. Und bei den Westschweizern spielt der Hägglinger Geissmann eine tragende Rolle. Der laufstarke Kämpfer, der so verbunden ist mit dem Freiamt. Er, der in Hägglingen mit dem Kicken angefangen hat und beim FC Wohlen in der Challenge League zum Leistungsträger wurde. Ich mag ihm diesen Erfolg von Herzen gönnen.
Es ist Montag, der 3. August. «EG» Geissmann, 85 Jahre alt, immer noch «zwäg», wartet in Hägglingen auf die Ankunft seines Enkels. Er erzählt, dass er nach dem Aufstieg Joel angerufen habe, «der Teilnehmer war aber immer besetzt». Alle müssen lachen. Als Joel das Haus betritt und «EG» ihn begrüsst, ist er sichtlich gerührt. «Schön, spielst du jetzt in der Super League», flüstert er ihm zu. «Sensationell» habe er jeweils gespielt, sagt er zu mir. Und «unglaublich stolz» sei er. «EG», jahrelang der Patron des FC Hägglingen, geniesst den Moment.
Ebenso Roger Geissmann. Sohn von «EG», Papa von Joel. Der 55-Jährige analysiert die Spiele seines Juniors genauer – und kritischer. «Läuferisch war Joel einer der Besten der ganzen Liga», meint der Vater – ebenfalls sehr stolz. Aber er müsse seine Läufe in die Tiefe effizienter umsetzen. Auch Roger Geissmann ist im Freiämter Fussball ein bekanntes Gesicht. Auf der Hägglinger Zinsmatte und der Wohler Paul-Walser-Stiftung zeigte er seine Klasse und Rasse auf dem Rasen.
In der Küche der Familie Geissmann in Hägglingen entsteht eine harmonische Runde. Mit dabei auch die Freundin von Joel Geissmann: Rayana Roth, eine gebürtige Villmergerin. Ich als Journalist höre der Unterhaltung gespannt zu. Es fällt auf, dass die Geissmanns enorm bodenständig, natürlich und heimatverbunden sind. Sie wissen, dass Fussball die schönste Nebensache der Welt ist – in diesem Jahr sowieso. Sie nehmen sich selbst nicht so wichtig und es ist ihnen nicht ganz wohl, im Mittelpunkt zu stehen.
Für das gemeinsame Foto hat Joel allen ein Lausanne-Trikot mitgebracht. «EG» ziert sich zunächst und meint, das Shirt sei ihm zu eng. «Passt schon», meint Joel. Am nächsten Tag strahlt die ganze Geissmann-Dynastie von der Titelseite des «Wohler Anzeigers». Joel Geissmann bedankt sich mehrmals dafür. «EG» und Roger ebenso. Der Profifussballer verschenkt danach über diese Zeitung eines seiner Aufstiegstrikots. Die Nachfrage ist so gross, dass er ein zweites Trikot verschenkt. Toll.
Beim Treffen in Hägglingen – gleich neben der «Blacho-Tex», dem Familienunternehmen der Geissmanns, steht Vater Roger im Türrahmen zur Verabschiedung (die über eine Viertelstunde dauert). Er sagt: «Joels Aufstieg ist auch für das Dorf Hägglingen, den FC Bünz-Maiengrün und den FC Wohlen etwas Schönes.» Und auch für mich. In diesem Corona-Sportjahr war es ein Moment der Normalität. Ein besonderer Moment, der dank den sympathischen Geissmanns noch besser wurde.