Freiämter Ringer holen Silber
08.12.2020 RingenDie RS Freiamt verliert den zweiten Finalkampf gegen Willisau auswärts mit 15:19. Nach dem 18:15-Heimsieg der Freiämter reicht das nicht für den Titel, der wie im Vorjahr nach Willisau geht. Erneut brachte der letzte Kampf die Entscheidung. --jl
Brutal, aber ...
Die RS Freiamt verliert den zweiten Finalkampf gegen Willisau auswärts mit 15:19. Nach dem 18:15-Heimsieg der Freiämter reicht das nicht für den Titel, der wie im Vorjahr nach Willisau geht. Erneut brachte der letzte Kampf die Entscheidung. --jl
Brutal, aber selbst verschuldet
Nationalliga A, 2. Finalkampf: RC Willisau – RS Freiamt 19:15 (11:7)
Wie im Vorjahr fällt die Entscheidung im allerletzten Kampf der Saison. Erneut ist es ein Punkt Differenz, der Willisau zum Meister macht. Für die RS Freiamt wiederholt sich die Geschichte auf brutale Art und Weise.
Josip Lasic
Die Spannung in der BBZ-Halle in Willisau steigt ins Unerträgliche. Neun von zehn Duellen im zweiten Final sind vorbei. Gastgeber Willisau führt mit 16:15. Der letzte Kampf bringt die Entscheidung, wer Meister wird. Erinnerungen ans Vorjahr werden wach. Damals hatte Freiamts Nico Küng den «Schwarzen Peter» und musste gegen Willisaus Jonas Bossert antreten. Letzterer gewann das Duell und Willisau den Meistertitel. Diesmal ist es Routinier Reto Gisler, der 46-jährige Freistiltrainer der Freiämter, der die Entscheidung bringen soll. Er trifft im Freistil bis 75 kg auf Willisaus Kaderringer Tobias Portmann, mit 21 Jahren deutlich jünger als der Chef Leistungssport der Freiämter. «Gisi» reicht nach dem 18:15-Sieg der RS Freiamt aus dem Hinkampf aber eine Niederlage mit zwei Punkten Differenz. Dann ist der Gesamtpunktestand ausgeglichen. Dann kommt es auf die Anzahl Einzelsiege an. Nach wie vor Gleichstand. Bei den Schultersiegen führt Freiamt mit 1:0. Dadurch würden die Gäste den Titel nach Hause nehmen.
Knapper geht es nicht
«Gisi, Gisi» hallt es in der zuschauerlosen Halle aus den Kehlen des Freiämter Teams. Portmann kann punkten. 1:0, 3:0, 4:0. Noch ist alles in Ordnung. 4:0 nach Einzelpunkten bedeutet ein 2:0 in der Teamwertung. Zu wenig für Willisau. Dann holt Portmann das 5:0. Das wäre ein 3:0 und damit der Sieg für die Innerschweizer. Der Freiämter dreht auf. Portmann kann nicht mehr punkten – Gisler auch nicht. Es bleibt beim 5:0. Willisau ist Meister. Gisler ist enttäuscht, aber gefasst. «Ich war sehr ruhig vor dem Kampf und konnte gut dagegenhalten. Ein Punkt war nicht machbar. Er hatte viel Energie, die er ins Rennen geworfen hat. Sehr viel.» Dann ergänzt der 46-Jährige: «Ich glaube nicht, dass wir uns an meinem Kampf abarbeiten müssen. Den Titel haben wir schon vorher verloren.»
Strebel kratzt an Überraschung
Freiamt-Captain Pascal Strebel stellt sich schützend vor den Routinier. «Völliger Unsinn, einen Fehler oder die Schuld bei Reto zu suchen. Er war da, um den Schaden zu minimieren. Ein 0:2 oder 1:3 wäre nicht unrealistisch gewesen. Jetzt war es ein 0:3. Ich denke, dass wir vorher genug Matchbälle hatten, die wir liegen liessen.» Den letzten hatte der Olympionike von 2012 selbst. Er bestritt den vorletzten Kampf des Abends gegen Jonas Bossert in der Kategorie Greco bis 75 kg. Der Willisauer ist nach zwei Siegen in der Qualifikation Favorit. Doch Strebel dreht auf und führt den Gegner an den Rand einer Niederlage. Bossert dreht das Ergebnis und siegt trotzdem. Die letzten zwei Duelle liefen mehr oder weniger, wie es zu erwarten war. Die grösseren Fehler unterliefen der RS Freiamt vorher.
Der gefallene Held
Der Abend beginnt für die Freiämter unglücklich. Nils Leutert unterliegt gegen Timon Zeder bis 57 kg Greco mit 1:2. Bald-Olympionike Stefan «Stifi» Reichmuth lässt darauf bis 130 kg Freistil Roman Zurfluh keine Chance. 4:0 durch technische Überlegenheit. Mit einem 3:0-Sieg im Freistil bis 61 kg gegen Lukas Bossert bringt Nino Leutert die Freiämter wieder auf die Spur.
Dann folgt das «Duell der Giganten» und vermutlich der grösste Nackenschlag des Abends für die RS Freiamt. Willisaus Vize-Europameister Samuel Scherrer trifft auf Freiamts Christian Zemp bis 97 kg Greco. Der Neuzugang der Freiämter gewann im Hinkampf gegen Willisau gegen Daniel Häfliger durch einen Schultersieg mit 4:0. In der Vorrunde konnte er Scherrer ein 1:2 abverlangen. Diesmal dreht der Willisauer auf und holt sich das 4:0 durch technische Überlegenheit. Die Luzerner schreien sich die Freude aus den Lungen, strotzen vor Selbstvertrauen. Die Freiämter wirken geknickt, verunsichert. «Ich hätte nicht gedacht, dass Christian mit 0:4 verliert», sagt Pascal Strebel. «Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es für ihn der erste Final ist. Und der Gegner war Samuel Scherrer. Er und Stifi Reichmuth bringen momentan halt eine Klasse auf die Matte, wie sie niemand in der Schweiz hat.»
Danach läuft es für die RS Freiamt gut. Michael Bucher schlägt Roger Heiniger bis 65 kg Greco mit 3:1, Magomed Ayshkanov gewinnt mit dem selben Resultat gegen Gergely Gyurits im Freistil bis 86 kg. Randy Vock und Marc Weber entscheiden ihre Duelle gegen Mansur Mavlaev und Michael Portmann im Freistil bis 70 kg beziehungsweise Greco bis 80 kg je mit 2:1 für sich. Das Problem: Alle geben sie einen Punkt ab. Bucher, Vock und Weber nach – teilweise deutlicher – Führung. Ein Zu-null-Sieg hätte gereicht, um den Titel ins Freiamt zu bringen. Randy Vock: «Verglichen mit meinen anderen Kämpfen in diesem Jahr, war das nicht gut. Statt Vollgas weiterzuringen, habe ich versucht, den Vorsprung zu verwalten. Es schien, als hätten wir Angst gehabt.»
So sieht es auch der Trainer. «Es war einfach keine geschlossene Teamleistung wie im Hinkampf. Dabei will ich keinen Ringer als den Buhmann herauspicken. Wir haben den ganzen Abend Punkte verschenkt», sagt Leutert. Die Freiämter sind selbstkritisch. So gut wie kein Kampf lief so, wie es im Ringerkeller in Aristau geplant wurde. «Wir müssen mental und taktisch zulegen», sagt Captain Pascal Strebel. «Und an Cleverness. Das kann man lernen.» Und daran hat es in diesem Finalkampf den Freiämtern gefehlt. Um den Titelverteidiger zu stürzen, müssen weniger Fehler passieren.
«Der Erfolg wird kommen»
Am Ende war Reto Gisler der Pechvogel, der das Ganze hätte retten sollen. Wie soll es seiner Meinung nach weitergehen? «Wie sagen die Fussballtrainer so schön: Wir müssen es analysieren», antwortet «Gisi», der mittlerweile sein Lachen wiedergefunden hat. «Willisau war bereiter. Es gilt das zu verdauen und weiterzumachen. Wir arbeiten hart. Der Erfolg wird früher oder später kommen.»
Lob vom Meister
Die RC Willisau hat viel positive Worte für die Freiämter übrig
Für Willisau-Trainer Thomas Bucheli ist es nach zehn Jahren als Coach der letzte Kampf. Statt einer Abschiedsrede richtet er die letzten Worte nach dem Kampf an die Gäste. «Es war uns eine grosse Freude, gegen euch zu . Der Kampf war enorm knapp und spannend.»
Er ist froh, dass er sich mit seinem dritten Meistertitel verabschieden konnte. «Die Freiämter haben uns aber nichts geschenkt. Wir müssen ehrlich sein. Wenn bei 20 Duellen beide Teams je zehn gewinnen und ein Punkt den Unterschied macht, hätten es beide verdient.»
Auch «Stifi» Reichmuth zeigt Sportsgeist. Nachdem der erste Jubel durch ist, sitzt er beim weinenden Nino Leutert und tröstet ihn. «Auf der Matte sind wir Gegner, aber Leute wie Randy Vock oder auch Nino sind für mich wie Brüder.» Reichmuth und Bucheli verweisen beide darauf, dass Willisau zweimal ähnlich knapp gegen Kriessern unten durch musste. Beide betonen, dass auch die Zeit der Freiämter noch kommen wird.
Mit Vize-Europameister Samuel Scherrer macht auch der zweite grosse Name aus den Reihen der Willisauer den Freiämtern Mut: «Am Ende war es knapp. So ist der Sport. Das Glück kippt irgendwann auf die Seite der Freiämter.» --jl
RINGEN TELEGRAMM
Willisau – Freiamt 19:15 (11:7)
BBZ Willisau. – 0 Zuschauer. – KR: Jean-Claude Zimmermann.
57 kg Greco: Timon Zeder – Nils Leutert 2:1. 61 kg Freistil: Lukas Bossert – Nino Leutert 0:3. 65 kg Greco: Roger Heiniger – Michael Bucher 1:3. 70 kg Freistil: Mansur Mavlaev – Randy Vock 1:2. 75 kg Greco: Jonas Bossert – Pascal Strebel 2:1. 75 kg Freistil: Tobias Portmann – Reto Gisler 3:0. 80 kg Greco: Michael Portmann – Marc Weber 1:2. 86 kg Freistil: Gergely Gyurits – Magomed Ayshkanov 1:3. 97 kg Greco: Samuel Scherrer – Christian Zemp 4:0. 130 kg Freistil: Stefan Reichmuth — Roman Zurfluh 4:0.



