Elegantes stählernes Pferd
29.12.2020 Region BremgartenBesondere Momente im Redaktionsalltag: Zu Besuch bei Thomas Wicki in Zufikon (13. Juli 2020)
Roger Wetli
Irgendwas bleibt mir als Redaktor bei jedem Artikel hängen. Manchmal mehr, manchmal weniger. Das Treffen mit ...
Besondere Momente im Redaktionsalltag: Zu Besuch bei Thomas Wicki in Zufikon (13. Juli 2020)
Roger Wetli
Irgendwas bleibt mir als Redaktor bei jedem Artikel hängen. Manchmal mehr, manchmal weniger. Das Treffen mit «Mustang-Restaurateur» und Busunternehmer Thomas Wicki aus Zufikon hinterliess erstaunlich hartnäckige Spuren. Und das bei mir als Person, die sich eigentlich nur wenig für Autos begeistert. Ein Auto ist für mich in erster Linie ein Hilfsmittel, um schnell von A nach B zu kommen. Was draussen kreucht und fleucht, ist für mich deutlich lebendiger als ein schön geformtes Stück Blech mit technischer Ausstattung.
Den Begriff «Mustang» verband ich deshalb bisher fast ausschliesslich mit Pferden. Einzig von einem Liedtitel einer lokalen Band im ZZ-Top-Stil wusste ich, dass es auch Autos mit diesem Namen gibt – und dass man mit diesen wunderbar zu zweit in den Sonnenuntergang fahren kann. Etwas neugierig war ich deshalb schon, als ich für die Sommerserie «Liebling auf Rädern» von Thomas Wickis Leidenschaft erfuhr und er mir für das Interview zusagte. Dabei rief ich mir lang vergangene Erinnerungen an Ausflüge an Opel-Manta- und Oldtimer-Treffen hervor, zu denen ich einige Kollegen begleitete. Die liebevollen Blicke, die damals hart gesottene Kerle auf ihre Boliden warfen, kannte ich also bereits. Und dass sie in ihre Fahrzeuge viel Zeit und Geld investieren.
So ist es auch bei Thomas Wicki. Wenn er von den unzähligen Stunden erzählt, in denen er mit seinem Sohn den weissen Mustang Mach 1 mit Jahrgang 1973 liebevoll restauriert hat, merkt man schnell, dass es hier um mehr als leblose Materie geht. Und man glaubt ihm, wenn er den «Weissen» als Familienmitglied bezeichnet.
Als ziemlich talentfreier Handwerker mit beschränktem technischem Hintergrundwissen fasziniert mich, wie Leute wie Wicki und sein Sohn Fahrzeuge auseinandernehmen, restaurieren und diese riesigen dreidimensionalen Puzzles wieder zusammenbauen – und sie fahren danach sogar. Wickis Mustang verfügt dazu über eine zeitlose, klassische Ästhetik, die eine gewisse Ehrfurcht hervorruft. Ähnlich wie ich es beim Anblick gewisser repräsentativer historischer Gebäude empfinde. Das Auto verfügt über Ecken und Kanten, wirkt aber trotzdem sportlich und elegant. Startet Wicki den Motor, wird dieser Eindruck akustisch noch verstärkt. Zwischen Krächzen und Schnurren hört man da verschiedenste Nuancen. Das schlafende Pferd erwacht, spannt seine Muskeln und möchte sofort losgaloppieren. Es ist ein ganz eigener Charakter.
Teil des Alltags geworden
Die Wickis besitzen mittlerweile noch einen zweiten neueren Mustang. Dieser verfügt zwar nicht über dieselbe Ausstrahlung wie der Oldtimer, öffnete mir aber die Augen, wie viele Mustangs auf den Freiämter Strassen unterwegs sind. Die für mich einst «exotische» Marke ist plötzlich Teil des Alltags geworden und fällt mir regelmässig auf. Wohl auch deshalb ist mir dieser Besuch bei Thomas Wicki noch so gut in Erinnerung. Das führte dazu, dass ich mittlerweile stolzer Besitzer eines eigenen blau-weissen Mustang aus den 60er-Jahren bin – aus Lego notabene. Der zeitlose Charakter wird mit diesem Modell perfekt eingefangen und mit dem lieblich Eckigen der Bausteine verbunden.
Einen Richtigen mein Eigen nennen möchte ich dagegen nicht. Dafür fehlen mir der Platz, das handwerkliche Geschick und die Geduld. Dazu kommt die innere Gespaltenheit, dass es sich trotz allem nur um eine Transporthilfe handelt. Freude am Anblick habe ich natürlich weiterhin.