Abstimmungskampf tobt
15.09.2020 Oberwil-LieliOberwil-Lieli stimmt über Nutzungsplanung ab
Eine zweistellige Millionensumme für die Gemeindekasse oder Ackerland samt Naherholungsgebiet erhalten? In Oberwil-Lieli wird am 27. September an der Urne über die revidierte Nutzungsplanung abgestimmt. Befürworter ...
Oberwil-Lieli stimmt über Nutzungsplanung ab
Eine zweistellige Millionensumme für die Gemeindekasse oder Ackerland samt Naherholungsgebiet erhalten? In Oberwil-Lieli wird am 27. September an der Urne über die revidierte Nutzungsplanung abgestimmt. Befürworter und Gegner des neuen Planwerks verschicken Flugblätter und schreiben Leserbriefe zuhauf. Mit den Fakten und Zahlen nehmen es beide nicht allzu genau. Der Gemeinderat reagiert mit Richtigstellungen. Schaffen will die Gemeinde in Lieli Parzellen für Landhäuser. Dafür soll in Oberwil gemeindeeigenes Bauland ausgezont werden. --eob
Natur gegen Geld
Der Abstimmungskampf um die revidierte Nutzungsplanung tobt
Leserbriefe füllen die Seiten des dorfeigenen Publikationsorgans Wochenfalter. Befürworter und Gegner der Umzonung Unterdorf / Juchächer kreuzen die Klingen. Fakten bleiben vielfach auf der Strecke.
Erika Obrist
Gemeindeammann Ilias Läber hat es an der «Gmeind» im Juni 2019 eingestanden: Es ist vielen Leuten womöglich zu schnell gegangen mit den Umzonungsplänen des Gemeinderats. An jener Versammlung präsentierte Läber erstmals das Vorhaben des Gemeinderats in Zusammenhang mit der Revision der Nutzungsplanung: 12 700 Quadratmeter Landwirtschaftsland im Gebiet Juchächer im Dorfteil Lieli sollen der Bauzone zugeschlagen werden.
Im Gegenzug werden im Unterdorf im Dorfteil Oberwil 9277 Quadratmeter Bauland, das der Gemeinde gehört, der Landwirtschaftszone zugeschlagen. Ebenfalls zu Landwirtschaftsland werden sollen die 3487 Quadratmeter Land im Gebiet Letten, die sich in der Zone für öffentliche Bauten befindet. Flächengleicher Landabtausch nennt sich das. Das kantonale Baugesetz lässt das zu. Nachdem ein Rückweisungsantrag ganz knapp abgelehnt worden war, wurde dem Gemeinderat mit 152:53 Stimmen grünes Licht gegeben, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzufahren.
Widerstand erwachte bei der öffentlichen Auflage
Der Gemeinderat hat den Baulandabtausch im Rahmen der Gesamtrevision der Nutzungsplanung in den Bauzonenplan aufgenommen. Das Mitwirkungsverfahren ging noch geräuschlos über die Bühne. Das änderte sich jedoch mit der öffentlichen Auflage der Planwerke. Über hundert Einsprachen gingen gegen die geplante Umzonung ein. Zusammengetragen hatte die Einsprachen das Komitee Pro Juchächer, bei dem sich vor allem Franziska Janett öffentlich äussert.
Dieses Komitee will den Juchächer als Landwirtschaftsland erhalten. Der Natur zuliebe und als Erholungsgebiet. Vor allem stemmt es sich dagegen, dass auf diesem Areal Landhäuser erstellt werden sollen. Der Gemeinderat begründet die Umzonung mit finanziellen Argumenten. Zwischen 11,4 bis 16 Millionen Franken – je nach Quadratmeterpreis – spüle der Verkauf der Parzellen im «Juchächer» in die Gemeindekasse. Die Auszonung des Baulands im Unterdorf führe lediglich zu einer Abnahme des Finanzvermögens. Eine rein buchhalterische Massnahme ohne Einfluss auf die Liquidität der Gemeinde.
Erklärungsbedarf ist gross
In der Zwischenzeit hat sich auch ein Komitee «Ja zur BNO» gegründet. Wobei auch dieses Komitee nichts zur Bau- und Nutzungsordnung (BNO) sagt, dem kommunalen Baugesetz. Es operiert ebenfalls, wie der Gemeinderat, hauptsächlich mit dem zu erwartenden Gewinn für die Gemeindekasse aus dem Verkauf der Baulandparzellen, wenn die Bevölkerung die revidierte Nutzungsplanung genehmigt.
All die Leserbriefe und Flugblätter zeigen vor allem eines: Es herrscht noch sehr viel Erklärungsbedarf rund ums revidierte Planwerk. Regelmässig veröffentlicht der Gemeinderat «Richtigstellungen» im «Wochenfalter». Er präsentiert Zahlen, welche die Gegner mit eigenen Berechnungen zu widerlegen suchen.
Keine «Gmeind», kaum Mitsprachemöglichkeit
An der «Gmeind» am 28. August hätte über die revidierten Planwerke abgestimmt werden sollen. Die Versammlung wurde abgesagt. Nun wird am 27. September über die Urne darüber befunden. Somit wird der Bevölkerung die Möglichkeit genommen, Änderungsanträge zu stellen zu einzelnen Paragrafen der Bau- und Nutzungsordnung. Es wird ihr die Möglichkeit genommen, Änderungsanträge zum Zonenplan und zum Kulturlandplan zu stellen. Sie kann nur zum Gesamtpaket Bauzonenplan und Kulturlandplan inklusive Bauund Nutzungsordnung befinden.
«Es war schlicht nicht möglich, eine Gemeindeversammlung durchzuführen», begründet Ammann Ilias Läber das Vorgehen. Angesichts der Coronaschutzmassnahmen sei die Mehrzweckhalle zu klein. Der Gemeinderat habe sich auch überlegt, eine ausserordentliche Gemeindeversammlung anzusetzen für die Nutzungsplanung. «Da aber das Geschäft so viele Leute bewegt im Dorf, hätte wieder die Möglichkeit bestanden, dass mehr Leute kommen, als wir wegen Corona in die Halle lassen dürfen – und dann hätten wir die Versammlung nicht durchführen dürfen.» Deshalb habe der Gemeinderat schweren Herzens auf die Durchführung einer Versammlung verzichtet. Und was passiert, falls die Bevölkerung an der Urne ablehnt? «Dann müssen wir miteinander diskutieren, was allenfalls geändert werden muss», so Ilias Läber.
Vier Vorlagen
Am 27. September wird in Oberwil-Lieli nicht nur über die revidierte Nutzungsplanung an der Urne befunden. Entscheiden muss der Souverän zudem über den Beitritt zur ZSO Freiamt, über die neue Lösung betreffend Mittagstisch und Randstundenbetreuung sowie über den Kredit von 2,784 Millionen Franken für die Sanierung Augenweidstrasse. --red