Das Unmögliche wagen
28.08.2020 MutschellenOberwil-Lieli soll im 2022 Etappenankunftsort der Tour de Suisse werden
Die besten Radprofis live vor Ort erleben? In Oberwil-Lieli soll das möglich werden. «Wenn das Vorhaben zum Fliegen kommt, am 17. Juni 2022», sagt OK-Präsident Manuel ...
Oberwil-Lieli soll im 2022 Etappenankunftsort der Tour de Suisse werden
Die besten Radprofis live vor Ort erleben? In Oberwil-Lieli soll das möglich werden. «Wenn das Vorhaben zum Fliegen kommt, am 17. Juni 2022», sagt OK-Präsident Manuel Villiger.
Erika Obrist
«Es ist alles machbar – man muss nur daran glauben.» An diesem Satz orientiert sich Manuel Villiger. Schon als Jugendlicher. Im ersten Lehrjahr als Hochbauzeichner hat er mit Gleichgesinnten den Verein Hühnerbar-Crew gegründet. Mit ihnen am Kirchenfest im Jahr 2004 eine Bar geführt. Es folgten weitere Feste und Partys, organisiert von den unternehmungslustigen jungen Leuten. «Ich habe Spass am Organisieren», sagt der bald 33-Jährige.
Mit zweitägigem Dorffest verbinden
Manuel Villiger ist einer, der gerne Projekte anreisst und sie auch umsetzt. Zudem schaut er sich gern Velorennen im Fernsehen an. «Weshalb die Rennfahrer nicht einmal live vor Ort erleben – bei einer Etappenankunft der Tour des Suisse in Oberwil-Lieli beispielsweise?», fragte sich der Mitinhaber einer Firma, die im Baumanagement tätig ist. Kam hinzu, dass Villiger früher einen Arbeitskollegen hatte: Fabian Jeker, ehemaliger Radprofi und Zweiter der Tour de Suisse im Jahr 2004. Villiger erzählte Jeker von seiner Idee – worauf dieser sogleich Tourdirektor Oliver Senn anrief. Dieser verwies ihn an Kurt Betschart, technischer Leiter der Schweizer Rundfahrt. «Betschart kam nach Oberwil-Lieli, um zu schauen, ob eine Etappenankunft überhaupt möglich ist», blickt Villiger zurück. Es ist möglich.
Geplant war eine Ankunft an einem Freitagabend im Juni 2021, denn ein zweitägiges Dorffest sollte dieses nicht alltägliche Ereignis umrahmen. Auch das passte in den Tourplan 2021. Dann kam Corona. Die Absage der Tour de Suisse 2020 mit der Verschiebung der ganzen Routenplanung inklusive Etappenorte ins Jahr 2021.
Aufgeben? Nicht doch. «Dann halt ein Jahr später», sagte sich Villiger. Das Organisationskomitee mit Manuel Villiger an der Spitze hat letzte Woche seine erste Sitzung abgehalten. «Wenn das Vorhaben zum Fliegen kommt, ist Oberwil-Lieli am 17. Juni 2022 Ankunftsort einer Tour-de-Suisse-Etappe», freut sich der Macher.
Etwas für die Allgemeinheit tun
Das OK Etappenankunft Tour de Suisse hat eine erste Sitzung abgehalten
Pflichtenheft studieren, Konzept erstellen, Bewilligungen einholen, Sponsoren suchen, ein Fest auf die Beine stellen und noch zwei bis drei Leute zusätzlich ins OK holen: Im Juni 2022 soll die Bevölkerung in den Genuss eines Radsportereignisses kommen.
Erika Obrist
Die besten Radprofis meistern den Anstieg von Unterlunkhofen nach Oberwil-Lieli scheinbar spielend. In den engen Kurven auf der Dorfstrasse kämpfen sie um die beste Position für den Schlussspurt um den Tagessieg. Wer wird den Zielstrich unterhalb des Parkplatzes Dreispitz als Erster überqueren?
Dieses Szenario könnte sich am 17. Juni 2022 so abspielen in Oberwil-Lieli. An diesem Freitag soll eine Etappe der Tour de Suisse hier enden. Davon träumt Manuel Villiger seit einiger Zeit. Wobei träumen der falsche Ausdruck ist: Das Vorhaben hat bereits feste Formen angenommen. Er ist Präsident des Organisationskomitees, das aus dem Traum Etappenankunft Wirklichkeit werden lassen will. Letzte Woche hatte das OK seine Startsitzung. Mit dabei sind Marc Wetli, Christian Küng, Paddy Müller, René Bätscher und Gemeinderat Stefan Strebel. «Wir suchen nun noch zwei bis drei weitere Leute, die mit uns das für Oberwil-Lieli wohl einmalige Ereignis vorbereiten helfen», sagt Villiger.
Zur Freude vieler Radsportfans
Manuel Villiger ist ein Macher und als solcher bestens bekannt im Dorf. Als Jugendlicher hat er mit Gleichaltrigen die «Hühnerbar-Crew» gegründet. Als 16-Jähriger war er schon im Gesamt-OK des Kirchenfests, mit der «Hühnerbar-Crew» hat er dort eine Bar geführt. «Keiner von uns hatte damals das Autobillett, deshalb haben wir die Getränke mit Traktor und Viehanhänger in Hendschiken geholt», blickt er lachend zurück. Auf das Kirchenfest folgten drei Jahre nacheinander die Beachparty am Waldrand, dann die Alpen-Night in der Mehrzweckhalle, die Dorfgaudi auf dem Parkplatz Dreispitz, Beizli unter anderem am Tunnelfest in Birmensdorf und an der Gewerbeausstellung Mutschellen. «Ich habe Freude am Organisieren», sagt Manuel Villiger. Freude daran, etwas für die Allgemeinheit zu tun.
Etwas für die Allgemeinheit auf die Beine stellen will er auch mit der geplanten Etappenankunft in Oberwil-Lieli, die mit einem zweitägigen Dorffest verbunden werden soll. «Ich schaue mir oft Velorennen im Fernsehen an», sagt der Mitinhaber einer Firma, die im Baumanagement tätig ist. Das habe ihn auf die Idee gebracht, die besten Pedaleure nach Oberwil-Lieli zu holen. Zumal der Aargau ja als Radfahrerkanton bekannt ist und viele Fans aus der nahen und weiteren Region dieses Spektakel sicher gern vor Ort miterleben möchten.
Gemeinderat ins OK geholt
Eine Idee umsetzen ist nicht immer leicht. Villiger zugute kam, dass der ehemalige Radprofi früher sein Arbeitskollege war. Dieser stellte ihm den Kontakt zu Tourdirektor Oliver Senn her. Senn verwies ihn an den technischen Leiter der Schweizer Rundfahrt, Kurt Betschart. Dieser schaute sich vor Ort um, wo im Dorf die Zieldurchfahrt erfolgen könnte. Eine Möglichkeit sah er auf der Dorfstrasse unterhalb des Parkplatzes Dreispitz. Villigers Wunsch auf eine Ankunft an einem Freitag oder Samstag liess sich auch erfüllen im Juni 2021.
Der bald 33-jährige Vater eines 14 Monate alten Sohns – «im November erwarten meine Frau und ich das zweite Kind» – machte sich auf die Suche nach Leuten, die mithelfen beim Organisieren. Drei Mitglieder der «Hühnerbar-Crew» meldeten sich, zwei weitere nach einem Aufruf in der Lokalzeitung Wochenfalter.
Dazu holte er Gemeinderat Stefan Strebel ins Boot, «damit die Kommunikation mit den Behörden reibungslos klappt».
Im letzten März hätte die erste Sitzung stattfinden sollen. Vorher absolvierte der junge Unternehmer und Kompaniekommandant im Militär, der nun auf der SVP-Liste auch für den Grossen Rat kandidiert, den Wasa-Lauf in Schweden. 90 km auf Langlaufskis. Bei seiner Rückkehr in die Schweiz war nichts mehr, wie es vorher war: Das Coronavirus brachte die ganze Planung durcheinander. Tour de Suisse 2020: abgesagt. Tour de Suisse 2021: auf der Strecke und mit den Etappenorten von 2020.
Das Aus für Villigers Pläne? Nicht doch. «Es ist alles machbar – man muss nur daran glauben», ist sein Motto. Wenn nicht 2021, dann halt im Jahr 2022.
Vertrag im Frühjahr unterzeichnen
Jetzt lesen sich die Mitglieder des OK in die Akten ein. Studieren das Pflichtenheft. Ende September sollen die Ressorts verteilt sein, damit alle auf ihrem Gebiet vorwärtsmachen können. «Bis Ende Jahr findet jeden Monat eine Sitzung statt», zeigt Villiger den weiteren Weg auf. Im Frühjahr soll der Vertrag mit den Verantwortlichen der Tour de Suisse unterzeichnet werden. Bis dahin müssen das Konzept stehen und die Zusage der Gemeinde vorliegen. Ebenso vorliegen müssen dann die provisorischen Zusagen der möglichen Sponsoren. Denn eine Etappenankunft ist nicht gratis zu haben: Sie kostet einen stolzen fünfstelligen Betrag. «Ich bin zuversichtlich, dass wir das Geld zusammenkriegen», so der optimistische OK-Präsident.
Quasi nebenbei gilt es ja noch das Dorffest zu organisieren. Helferinnen und Helfer müssen gesucht werden. «Erst im Dorf, dann auch in der Region.» Verhandlungen mit Bauern stehen an, damit sie Land für Parkplätze zur Verfügung stellen. Damit das Vorhaben Etappenankunft am 17. Juni 2022 zum Fliegen kommt. Es wird wohl der Fall sein, weil alle Beteiligten daran glauben.