In der «neuen Normalität»
05.06.2020 BremgartenCoronakrise: Bremgarter Gastrobetriebe mit starken Umsatzeinbussen seit der Wiedereröffnung
Seit knapp einem Monat dürfen in der Schweiz Restaurants und Bars wieder Gäste empfangen. Die Bremgarter Wirte wenden unterschiedliche Lösungsansätze an, ...
Coronakrise: Bremgarter Gastrobetriebe mit starken Umsatzeinbussen seit der Wiedereröffnung
Seit knapp einem Monat dürfen in der Schweiz Restaurants und Bars wieder Gäste empfangen. Die Bremgarter Wirte wenden unterschiedliche Lösungsansätze an, doch die Gästezahlen sind weit weg von der Vor-Corona-Zeit.
André Widmer
«So hätte es nicht funktioniert, so hätten wir nicht aufmachen können», sagt Gastronom Nexhat Asllani vom «Ristorante Luna Rossa» in Bremgarten. Zwei Meter Abstand zwischen den Tischen, wie es die Corona-Pandemiemassnahmen des Bundes fordern, hätten im eher engen Lokal die Gästezahl massiv reduziert. Also griff Asllani auf die zweite offziell erlaubte Lösung zurück: Er platzierte trennende Elemente. Weil die Plastikund Pexiglasscheiben durchsichtig sind, kann Gaststubenfeeling aufkommen. Dennoch: Seit der Wiedereröffnung seit dem 11. Mai registriert man im «Luna Rossa» eine Umsatzeinbusse von rund 35 Prozent.
Unterschiedliche Ansätze
Die Gastrobetriebe reagieren unterschiedlich auf die sogenannte «neue Normalität» mit Hygienemassnahmen und Beschränkungsregelungen. Anders als im «Luna Rossa» ist im «Swiss Café» im Bremgarter Einkaufszentrum Sunnemärt ungefähr jeder zweite Tisch gesperrt. Platz hätte es sicherlich derzeit für mehr Gäste als aktuell kommen, da das Lokal relativ geräumig ist. Doch die Serviceangestellte Jacqueline Steiner erklärt, dass die Gästezahl nur etwa 50 Prozent von dem beträgt, was vor der Coronakrise der Fall gewesen ist. «Die Leute haben noch Respekt.» Viele Leute wagen sich erst zögerlich in Restaurants, obwohl diese die nötigen Sicherheitskonzepte umsetzen. Auch wieder geöffnet hat der «Stiefelchnächt». Der umtriebige Juri Tirez darf allerdings derzeit nur 20 statt der früher 70 Gäste im Innenbereich empfangen, dazu kommen noch 15 Plätze auf der Terrasse.
Viele Leute muss Tirez aufgrund der beschränkten Platzzahl jeweils abweisen, darunter auch Stammgäste. «Sie haben Verständnis», so Juri Tirez. Für ihn war trotz der Schwierigkeiten klar, wieder zu öffnen: «Wir sind Gastronomen und wollen die Leute bedienen.»
Mit unterschiedlichen Ansätzen
Coronakrise: Die Bremgarter Gastronomiebetriebe kämpfen sich in die Normalität zurück
Bis zu 50 Prozent Umsatzeinbussen erleiden Restaurants und Beizen in Bremgarten derzeit. Mit teilweise kreativen Lösungen setzen sie die aufgrund der Coronapandemie geltenden Regeln um.
André Widmer
Für Nexhat Asllani war dies die einzig richtige Lösung: Trennwände zwischen den Tischen. Der Bremgarter Gastronom führt seit fünf Jahren das «Ristorante Luna Rossa», ein Speiselokal mit edlen Weinen. Doch räumlich sei es zu klein, um jeden zweiten Tisch zu nutzen und dennoch genügend Umsatz generieren zu können. «So hätte es nicht funktioniert, hätten wir nicht aufmachen können», erklärt er. Mit durchsichtigem Plastik oder Plexiglas und Holzrahmen kommt er nun den Regeln und Vorschriften nach, die den Gastronomiebetrieben wegen der Coronapandemie seit dem Wiedereröffnungsdatum vom 11. Mai auferlegt wurden. Und diese besagen: zwei Meter Abstand zwischen den Tischen oder trennende Elemente. Er habe für diese Lösungen Komplimente erhalten, so Asllani. «Die Kunden erkennen, dass ich arbeiten will.» Auch mit den trennenden Elementen ist das Platzangebot um 20 Plätze reduziert.
Die Gruppen fehlen
Nexhat Asllani beschäftigt im «Luna Rossa» insgesamt sechs Angestellte. Dank der Kurzarbeitsregelung musste er niemanden entlassen. Und: «Zum Glück haben wir in den letzten fünf Jahren gut gearbeitet», sagt er. Doch trotz seiner kreativen und auch aufwendigen Lösung beträgt die Umsatzeinbusse im Vergleich zur Zeit vor der Coronakrise und den behördlich verordneten Schliessungen vor rund zehn Wochen gegen 35 Prozent. Er sei nicht unzufrieden, erklärt er. Doch die Differenz zum Normalzustand davor ist eben halt auch spürbar. «Was fehlt, sind die älteren Gäste», erklärt der Gastronom. Und auch der Mittag sei ein Problem, denn viele Leute hätten noch Kurzarbeit, würden im Homeoffce arbeiten oder sich nicht ins Restaurant trauen. Was ebenfalls noch fehle, seien die Bankette, die Vereine, die Gruppen, die Geburtstagsfeiern. So fällt derzeit beispielsweise noch der Besuch der Männerriege, die früher jeweils nach 21 Uhr bei ihm eingekehrt sei, aus. Zugpferde wie die Märkte sind derzeit ebenfalls noch Fehlanzeige sowie das gegenseitig befruchtende Ausgangsverhalten der Menschen mit Besuchen in Restaurants und Bars am gleichen Abend, erläutert er. Was will Nexhat Asllani tun, wenn die Regeln noch länger so eingehalten werden müssen? «Jetzt müssen wir schauen, wie es bis Ende Jahr läuft.»
Massiv weniger Plätze
Ebenfalls mit engeren Platzverhältnissen zu tun hat Juri Tirez im «Stiefelchnächt». Vor etwas mehr als einem halben Jahr hat er den «Stiefelchnächt» in der ehemaligen «Sternen»-Bar und somit an neuer Wirkungsstätte wiedereröffnet. Derzeit darf er nur 20 Plätze im Innenraum und 15 auf der Terrasse nutzen – vor dem Lockdown waren es alleine drinnen 70 Plätze. «Plexiglaskabäuschen» seien nicht infrage gekommen, dafür sei es zu eng. Was wegfällt, sind die Stehplätze, die gerade für Barbetriebe wichtig sind. Die Gästeauslastung beträgt im Vergleich vor Corona noch 30 Prozent – diese werden aber voll ausgenutzt. «Die Plätze sind immer besetzt», so Tirez. Aufgrund der Begrenzung muss er wieder und wieder Einlass begehrende Gäste abweisen, darunter viele Stammgäste. «Sie haben Verständnis und wissen ja, dass wir die Regeln nicht gemacht haben.»
Auch wenn es unter diesen Voraussetzungen fnanziell schwierig ist, stand für Juri Tirez ganz klar, wieder zu öffnen. «Wir sind Gastronomen und wollen die Leute bedienen.» Trotzdem verstehe er, wenn andere Betreiber anders handeln würden. Der Lockdown kam defnitiv zur Unzeit, nur wenige Monate nach der Eröffnung. Tirez tätigte beträchtliche Anfangsinvestitionen. Dies insbesondere bei der Einrichtung, aber auch der Lancierung eines Shops im Untergeschoss. Sollten die Regeln für Gastronomiebetriebe mit diesen Platzbeschränkungen so noch lange Bestand haben, könnte es in einem halben Jahr eng werden, lässt Juri Tirez verstehen. «Jetzt reicht es noch, bisher sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.»
Gin kreiert
Wichtig, ja geschäftsmässig überlebenswichtig für ihn ist, dass er am 20. Juni den Barwagen beim Casino eröffnen kann. Dort können problemlos die Abstandsregeln eingehalten werden. Tirez äussert sich kritisch zu den Sicherheitskonzepten des Gastroverbandes. Diese differenzierten nicht zwischen Restaurants, Bars und Clubs, meint er. Er schlägt vor, dass man mehr auf die Selbstverantwortung der Leute setzt und von jedem Gast die Personalien aufnimmt, um ein Contact Tracing machen zu können.
In den Wochen der temporären Zwangsschliessung war Juri Tirez nicht untätig: So haben er und sein Team zusammen mit Turicum Gin einen «Siefelchnächt»-Gin kreiert – mit Passionsfrucht, Ingwer, Limonen und tasmanischem Pfeffer. Die Idee bestand schon länger, nun wurde diese umgesetzt.
«Es braucht jetzt einfach Zeit»
Jacqueline Steiner ist Serviceangestellte im «Swiss Café». In diesem Lokal ist die Gästezahl um etwa 50 Prozent eingebrochen. Gewisse Stammgäste kommen noch nicht. Das Restaurant befndet sich im Einkaufszentrum Sunnemärt. Das «Swiss Café» setzt auf eine andere Lösung als das «Luna Rossa»: Hier verzichtet man auf Trennwände und hat für Abstand gesorgt. Deshalb ist jeder zweite Tisch gesperrt, und dementsprechend mit Klebeband markiert. Das geht aufgrund der doch geräumigen Platzverhältnisse gut. Momentan laufe der Betrieb eher ruhig an. «Die Leute haben noch Respekt», schildert Steiner. «Umsatzmässig lohnt es sich noch nicht», sagt sie, «es braucht jetzt einfach Zeit.» Auffallend, dass gerade an Samstagen die Nachfrage gering ist, obwohl dann eigentlich die Leute im Sunnemärt den Wocheneinkauf tätigen können.
Das «Swiss Café» hat in den ersten zwei Wochen nach der Wiedereröffnung vom 11. Mai auf Klassiker gesetzt und bietet jetzt auch wieder ein Menü an. Ein weiterer Schritt zurück in Richtung Normalität also.




