Das ganze Team wechselt
19.06.2020 SportFC-Bremgarten-Frauen gehen zum FC Mutschellen
Weil der FC Bremgarten den Frauen-Trainer René Knecht entlässt, geht praktisch das ganze Team auf den Mutschellen.
Die 1.-Liga-Frauen des FC Bremgarten waren das Aushängeschild des Vereins. Die ...
FC-Bremgarten-Frauen gehen zum FC Mutschellen
Weil der FC Bremgarten den Frauen-Trainer René Knecht entlässt, geht praktisch das ganze Team auf den Mutschellen.
Die 1.-Liga-Frauen des FC Bremgarten waren das Aushängeschild des Vereins. Die FCB-Frauen waren zufrieden mit dem Trainerstaff. Doch der Vorstand hatte andere Pläne und hat vor wenigen Wochen die Trainer entlassen. Dies, weil man das Team sportlich voranbringen wollte. Jetzt wird das Team aufgelöst, weil 18 Spielerinnen zum FC Mutschellen wechseln. Sie folgen Trainer Knecht. Es ist eine einzigartige Geschichte, die auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen ist. --spr
Team wechselt den Verein
Fussball, Frauen: Die 1.-Liga-Frauen des FC Bremgarten wechseln zum FC Mutschellen in die 4. Liga
Erdbeben in der Frauenabteilung des FC Bremgarten. Weil der Vorstand Trainer René Knecht entlässt, gehen 18 Spielerinnen zum FC Mutschellen. Chad Evans, Präsident des FC Bremgarten, sagt zum FC Mutschellen: «So etwas macht man nicht.»
Stefan Sprenger
«Wir waren schockiert», sagt Jaqueline Scherrer. Sie ist Vize-Captain der Bremgarter Frauen und seit 15 Jahren im Verein. Schockiert war das ganze Team, als bekannt wurde, das der Trainerstaff entlassen wird. «Wir waren zufrieden. Es hat super gepasst», sagt die 28-Jährige. Doch der Vorstand hatte anderes vor mit den FCB-Ladies.
Chad Evans, Präsident des FC Bremgarten, beschreibt die Gründe, wieso mit Trainer René Knecht nicht verlängert wurde, wie folgt: «Einige Spielerinnen waren unzufrieden, die Trainings seien nicht gut. Es war einzig ein sportlicher Entscheid. Wir wollten die Frauen mit neuem Schwung voranbringen.»
Die FCB-Frauen sind letzten Sommer am grünen Tisch in die 1. Liga aufgestiegen. Es war allen bewusst, dass dies keine einfache Saison wird. Und so war es dann auch. Die Erfolgserlebnisse in der Vorrunde blieben aus. Die Bremgarterinnen, die in der 2. Liga erfolgsverwöhnt waren, mussten sich erst an die 1. Liga gewöhnen. «Wir wussten, dass es schwierig wird. Auch der Aufwand wurde grösser. Die Motivation litt manchmal. Aber wir waren mit vollem Herz dabei und es hatte nicht mit dem Trainer zu tun», so Vize-Captain Scherrer. «Der Fussball und der Spass stehen im Vordergrund.»
Trotzdem: Trainer René Knecht wurde entlassen. Der 38-Jährige ist seit Anbeginn der FCB-Frauenabteilung dabei. Als Assistenz- und Juniorentrainer. Und nun seit 1,5 Saisons als Cheftrainer. «Ich hätte gerne weitergemacht», sagt er. «Dass ich entlassen wurde, enttäuscht mich. Ich habe sicherlich nicht alles perfekt gemacht. Aber es ist sehr schade, dass es nach so vielen tollen Jahren so enden muss», sagt René Knecht, ein Ehrenmitglied und Seniorenspieler des FC Bremgarten. «Es ist eben so, der Vorstand wollte neuen Wind. Das muss man akzeptieren.»
Offene Türen bei Mutschellen
Doch der neue Wind bleibt aus. Denn das Team existiert nicht mehr. Auf der Homepage schreibt der FC Bremgarten: «Die erste Frauenmannschaft des FCB zieht sich aus dem Spiel- und Trainingsbetrieb komplett zurück, die Mannschaft ist bei den Verbänden abgemeldet.» Eine Begründung fehlt. Dazu möchte Chad Evans nichts sagen.
Nun wechseln 18 Spielerinnen (von total 22) zum FC Mutschellen. Trainer René Knecht klopfte nach seiner Entlassung auf der Burkertsmatt an. Und stiess auf offene Türen. «Ein Geschenk», sagt FC-Mutschellen-Präsident Thomas Kälin. «Für mich war es aber von Anfang an wichtig, dass alles fair läuft. Ich bin kein Mannschaftsdieb», so Kälin. Der FC Mutschellen wurde nicht aktiv. «Es war der freie Entscheid von jeder einzelnen Spielerin», sagt Trainer René Knecht. Und die Frauen des FC Bremgarten entschieden sich fast geschlossen für den Wechsel auf den Mutschellen und zeigen sich solidarisch mit ihrem Trainer. Vize-Captain Jaqueline Scherrer sagt: «Wir waren zufrieden mit dem Trainer und hatten einen tollen Teamgeist. Deshalb konnte nun jede Spielerin selber entscheiden, was sie möchte. Und es ist ja eindeutig: Wir wollten zusammenbleiben und wir wollten Knecht weiterhin als Trainer.»
Dem FC Bremgarten passt dies nicht. Präsident Evans sagt: «So etwas habe ich noch nie erlebt, dass ein Verein eine ganze Mannschaft bewusst übernimmt.» Seine Nachricht an den FC Mutschellen: «So etwas macht man nicht. Wir haben die Frauenabteilung aufgebaut, haben viel getan für das Team und waren stolz auf unser Aushängeschild. Und jetzt das. Ich bin schwer enttäuscht. Und dies alles in unserem 100-Jahr-Jubiläum.»
Auf dem Mutschellen nimmt man die Vorwürfe gelassen. «Aus unserer Sicht sind wir fair vorgegangen. Wir sind passiv geblieben», so FCM-Präsident Thomas Kälin. «In unserem Verein würde so etwas nicht passieren. Da sollte man auch ein wenig selbstreflektierend sein.»
Vize-Captain Scherrer: «Nicht miteinander geredet»
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Am Ursprung steht wohl die mangelnde Kommunikation. Trainer René Knecht, Spielerin Jaqueline Scherrer und weitere Protagonisten im FC-Bremgarten-Umfeld (die lieber nicht öffentlich reden möchten) kritisieren in erster Linie die Kommunikation des FCB-Vorstandes. «Man hat nicht miteinander geredet», sagt Jaqueline Scherrer. Sie war es dann auch, die dem FCB-Vorstand den fast einheitlichen Wechsel zum FC Mutschellen bekannt gab. «Der Vorstand war sprachlos. Und uns tut es auch weh, dass es so weit kommen musste.»
Das FCB-Herz blutet. Das Aushängeschild transferiert sich selbst zum Freiämter Rivalen. Die zweite Mannschaft des FC Bremgarten wird neu die erste Mannschaft und spielt in der 4. Liga. Dort kommt es womöglich zum Derby gegen das neu gegründete Frauenteam des FC Mutschellen. FCB-Präsident Evans sagt: «Wir wünschen allen bei ihren neuen Tätigkeiten in der Zukunft nur das Beste und denken sehr gerne an die gemeinsam gross gefeierten Erfolge zurück.» Vize-Captain Scherrer hofft, dass endlich Ruhe einkehrt und sagt: «Wir können jetzt auf der Burkertsmatt neu anfangen, zusammenbleiben und befreit aufspielen.»
Zusammenarbeit mit FC Muri wird aufgelöst – oder?
Der FC Mutschellen kommt durch die Auflösung der ersten Mannschaft des FC Bremgarten per Handkuss zu seinem ersten, aktiven Frauenteam. Bislang gab es nur zwei Juniorenteams auf der Burkertsmatt.
Apropos Juniorenteams: Der FC Bremgarten hat die Zusammenarbeit mit dem FC Muri auf Ebene der Juniorinnen aufgelöst. Christoph Waser, Juniorenobmann des FC Muri, sagt: «Aus heiterem Himmel wurde die Zusammenarbeit aufgelöst. Zuvor lief die Kooperation mit dem FC Bremgarten hervorragend. Offiziell wurde uns kein Grund genannt für die Auflösung der Zusammenarbeit», so Waser. Beim FC Muri müsse man nun umorganisieren und schauen, wie es mit den Juniorinnen weitergeht. «Der Entscheid ist am Ende schlecht für die kleinsten Fussballerinnen», so Waser. Der FC Muri hat eine Aktivmannschaft und zwei Juniorenteams in der Frauenabteilung. Auch Waser kritisiert die Kommunikation des FC Bremgarten. «Der Präsident weigerte sich, mit uns an einen Tisch zu sitzen. Wieso, wissen wir auch nicht.»
«Unklar, ob wir das eingehen»
Und was sagt FC-Bremgarten-Präsident Chad Evans zu der Auflösung der Zusammenarbeit bei den Juniorinnen zwischen Bremgarten und Muri? «Sie bleibt bestehen und wird nicht aufgelöst.» Ja, was denn jetzt? Jimmy Sagri von der Sportkommission des FC Muri klärt auf: «Wir wurden über die Auflösung informiert. Für uns war es ein Schock. Zwei Wochen später rief uns der FC Bremgarten erneut an und wollte die Gruppierung doch nicht auflösen und hat den Entscheid zurückgezogen», so Sagri. Das Problem: Der FC Muri hat aufgrund der Auflösung die erste Frauenmannschaft von der 2. in die 3. Liga transferiert. «Freiwillig, weil wir dies alleine und ohne Zusammenarbeit nicht hätten stemmen können.» Fakt ist, dass der FC Muri in diesen Tagen intern bespricht, wie es weitergeht. «Es ist unklar, ob wir die Zusammenarbeit nochmals eingehen, nachdem wir so behandelt wurden vom FC Bremgarten», so Sagri. --spr



