Zwillinge unter sich
10.03.2020 HägglingenZwillinge aus der Region treffen sich und tauschen sich aus
Die Idee zum Freiämter Zwillingstreffen hatte Georges Saxer nach der Sommerserie dieser Zeitung. Die Zwillinge aus der Region sollen sich doch mal kennenlernen. Gesagt, getan. ...
Zwillinge aus der Region treffen sich und tauschen sich aus
Die Idee zum Freiämter Zwillingstreffen hatte Georges Saxer nach der Sommerserie dieser Zeitung. Die Zwillinge aus der Region sollen sich doch mal kennenlernen. Gesagt, getan.
Chantal Gisler
Ein Zwilling kommt selten allein. An diesem Abend sind es sogar zwei Zwillinge, die allein kommen. Ist nicht schlimm. Schliesslich geht es um den Austausch. Zum ersten Mal treffen sich Freiämter Zwillinge im Hägglinger Dubach-Haus, um genau das zu machen: sich über ihr Zwillingsdasein auszutauschen. Aus Muri sind die Zwillinge Olivia und Jasmin Lang nach Hägglingen gekommen. Vom Mutschellen Anneliese Brem und Trudi Gehrig. Jasmin Döbeli-Rey aus Boswil und Carmine Viceconte aus Wohlen sind ohne ihren Zwilling, und doch mit viel Freude mit dabei.
Organisiert wurde der Anlass von den Zwillingen Saxer aus Hägglingen. Ausschlaggebend war die Sommerserie dieser Zeitung «Zwillinge im Freiamt». «Die Zeitung hat uns im Freiamt bekannt gemacht, daher wollen wir uns untereinander bekannt machen», erklärt Georges Saxer. Von ihm kam die zündende Idee. Sein Zwillingsbruder Roland wusste ohne Worte, dass es eine gute Sache werden würde, und packte gleich tatkräftig mit an.
Lachen und verstehen
«Isch das bi euch au so?» – das ist an diesem Abend die am häufigsten gestellte Frage. Und meistens wird sie mit einem Nicken oder einem kollektiven «Ja» beantwortet. Von Zwillingen sogar noch im gleichen Augenblick. Dann wird gelacht.
Es ist etwas, das ein Aussenstehender wohl nie verstehen wird. Zwillinge sind etwas Besonderes. Sie verbindet ein untrennbares Band. «Ein Band, das normale Geschwister wohl nie verstehen werden», da sind sich alle einig. Carmine Viceconte versucht es in Worte zu fassen: «Egal, wie nah man seinem Bruder oder seiner Schwester ist, mein Zwillingsbruder ist ein Teil von mir.» Wieder zustimmendes Nicken. «Wir ticken gleich, obwohl wir unterschiedliche Individuen sind.» Jasmin Döbeli-Rey bringt es auf den Punkt: «Meine Schwester und ich sind uns so nah, dass mein Partner manchmal sagt, dass er mit zwei Frauen zusammen ist.» Wieder Lachen, wieder Verständnis.
Doppelte Freude
Roland und Georges Saxer organisieren zum ersten Mal Freiämter Zwillingstreffen
Es war eine Premiere: Zum ersten Mal treffen sich Freiämter Zwillinge, um sich kennenzulernen und auszutauschen. Etwas, das es gerne wieder geben dürfte.
Chantal Gisler
«Es ist so schön, wenn man von einem Erlebnis mit seinem Zwilling erzählt und alle nicken», sagt Carmine Viceconte. Und wieder nicken die Zwillinge um ihn herum zustimmend. Wie so oft an diesem Abend. «Nicht-Zwillinge können dieses besondere Band, diese besondere Verbindung zwischen Zwillingen nicht nachvollziehen. Man muss schon selbst einer sein, um dieses Gefühl zu kennen.» Normalen Geschwistern muss er oft erklären, weshalb eine Situation für ihn und seinen Zwilling speziell ist.
Umso schöner ist es für Viceconte, dass er sich mit Freiämter Zwillingen austauschen kann. «Ich dachte immer, dass Zwillinge gar nicht oft vorkommen. Aber dann habe ich die Zwillingsserie im ‹Wohler Anzeiger› gelesen und ich dachte mir: ‹Oh, wow, da gibt es ja doch einige, die wohl das genau Gleiche fühlen wie ich und mein Bruder.›» Das Treffen hat nichts direkt mit dieser Zeitung zu tun. Es ist die Idee von Georges und Roland Saxer. Aber dazu später mehr.
Schwierig zu unterscheiden
Insgesamt drei Zwillingspärchen sind an diesem Abend im Dubach-Haus. Anneliese Brem und Trudi Gehrig vom Mutschellen, Olivia und Jasmin Lang aus Muri und die Brüder Saxer, die das Treffen organisieren. Camine Viceconte und Jasmin Döbeli-Rey sind ohne ihren Zwilling da. Die Mutschellerinnen und die Murianerinnen machen es Aussenstehenden besonders schwer, sie zu unterscheiden. Immerhin trägt Trudi Gehrig eine Brille, ihre Schwester nicht. «Wir haben uns spontan dazu entschieden», sagen sie. Grauer Pullover, schwarze Hosen, sogar die Schuhe sind gleich. Die Bewegungen, das Lachen. Der Griff zum Wasserglas könnte nicht synchroner sein. Nur die Taschen und eben die Brille, daran kann man sie unterscheiden. Schwieriger wird es bei Olivia und Jasmin Lang: Gleicher Pullover, beide tragen ihr Haar offen und haben Zahnspangen im Mund. Nur die Hosen sind anders. Aber wer trug nochmals Grau und wer Schwarz? «Man gewöhnt sich daran», sagen Olivia und Jasmin Lang, als sie zum wiederholten Mal verwechselt werden. «Aber eigentlich sehe ich ihr gar nicht so ähnlich», sagt Olivia und inspiziert ihre Zwillingsschwester. Dann lachen sie. Jasmin erklärt: «Man lernt, sich auf andere Merkmale im Gesicht zu verlassen.» Mutter Silvia Lang ergänzt: «Das stimmt. Jasmin hat hier zum Beispiel meine Locke, Olivia hat die nicht», sagt sie und zeigt auf Jasmins Scheitel. Eine ganz leichte Welle ist zu erkennen. Aber auch nur, wenn man es weiss.
Möglichkeit für Austausch
Und genau das ist die Idee von Georges und Roland Saxer. Auch sie hat diese Zeitung in der Sommerserie «Zwillinge im Freiamt» porträtiert – als eines von insgesamt 14 Zwillingspärchen in der gesamten Region. «Wir erleben Dinge, die normale Geschwister oder Einzelkinder kaum nachempfinden können», weiss Georges Saxer.
Deshalb möchte er den Zwillingen im Freiamt die Möglichkeit geben, sich auszutauschen, ohne dass man alles erklären muss. Sondern wo man einfach verstanden wird, weil die anderen das gleiche Gefühl für ihren Zwilling haben. Klar gibt es den Zwillingsverein vom Kanton Aargau. «Aber das ist nicht das Gleiche», sagt Jasmin Döbeli-Rey. Sie ist ohne ihre Schwester Jenny nach Hägglingen gekommen. Ein Zwilling kommt zwar selten alleine, aber dafür hat es sich gelohnt. «Das hier ist näher. Im Freiamt ist man sich näher.»
Nicht ohne einander
So nah wie Döbeli-Rey und ihre Zwillingsschwester. «Ich könnte nicht ohne sie», sagt sie. Ihr Freund würde gerne nach Australien auswandern. «Ich wäre sofort dabei. Aber es geht nicht. Nicht ohne meine Schwester. Es klingt komisch, aber es ist so. Vor Nicht-Zwillingen muss ich das immer erklären. Ihr versteht mich», sagt sie in die Runde. Kollektives Nicken.
Ihr gegenüber sitzen Olivia und Jasmin Lang. Auch sie kennen dieses Gefühl. Bald kommen sie in die Oberstufe. Es wäre ganz schön doof, wenn sie nicht in die gleiche Klasse eingeteilt würden, sind die 11-Jährigen überzeugt. Mutter Silvia Lang sagt: «Sie können nicht ohne einander.» Klar gibt es mal Streit, aber das ist nur von kurzer Dauer. Viel eher zeigt sich die Verbundenheit. Beispielsweise, wenn die eine der anderen Wasser einschenken wollte. Oder wenn sie ohne zu zögern die Waffel von Mamis Kaffee teilen. Genau in der Mitte. Normale Geschwister hätten hier wohl die ganze Waffel für sich beansprucht. Zumindest in den meisten Fällen.
Gerne wieder
Es ist ein gelungener Abend, findet Georges Saxer. Sein Bruder sitzt neben ihm und nickt zu allem, was er sagt. Ihnen gegenüber sitzt Carmine Viceconte. Auch er ist begeistert. «Als ich meiner Mutter von diesem Anlass erzählte, sagte sie mir, dass ich unbedingt gehen müsse. Damit ich mich mit euch austauschen kann. Und ich muss sagen, ihr seid grossartig. Der Anlass ist grossartig.» Er blickt in die Runde.
Wenn es nach dem Wohler ginge, könnte der Anlass gerne wieder stattfinden. Vielleicht auch mit anderen Zwillingspärchen aus dem ganzen Freiamt.







