Abschied ohne Händedruck
24.03.2020 BremgartenSunnemärt Bremgarten: Hanspeter und Alice Seiler sind in Pension gegangen
40 Jahre war Hanspeter Seiler Leiter Technischer Dienst im Einkaufszentrum. Die letzten Arbeitstage waren mehr als speziell.
André ...
Sunnemärt Bremgarten: Hanspeter und Alice Seiler sind in Pension gegangen
40 Jahre war Hanspeter Seiler Leiter Technischer Dienst im Einkaufszentrum. Die letzten Arbeitstage waren mehr als speziell.
André Widmer
«Es ist merkwürdig, aufzuhören in dieser Situation», meint Alice Seiler. «Zum Adieusagen würde eigentlich ein Händedruck gehören», sagt Hanspeter Seiler. Das könne man aber nachholen, meinen sie, wie auch den geplanten Abschiedsapéro, der nun verschoben ist aufgrund der Massnahmen rund um die Ausbreitung des Coronavirus.
Hanspeter Seiler war als Technischer Leiter seit der Eröffnung des Einkaufszentrums die gute Seele, der Mann für alle Fälle im Sunnemärt Bremgarten. Auch seine Frau Alice half tatkräftig mit, sogar noch nach ihrer offiziellen Pensionierung im letzten November. Nun also der Abschied zu einer Zeit, in der nur noch ein Teil der Geschäfte im Sunnemärt geöffnet haben dürfen.
Arbeit und Begegnungen
Das Ehepaar Seiler schaut auf Jahrzehnte mit vielseitiger Arbeit, auf schöne, aber auch berührende Begegnungen zurück. «Es ist ein kleines Center, man kennt sich.» Viele Geschäfte kamen und gingen in den letzten 40 Jahren, die Verkaufslächen wurden grösser und die Anzahl Läden weniger.
Auch sei der Sunnemärt ein Treffpunkt, wenn gewisse Leute nicht vorbeikämen, stimme etwas nicht, so Hanspeter Seiler.
Gute Seele geht in Pension
Hanspeter Seiler war 40 Jahre lang Leiter des Technischen Dienstes des Sunnemärts
1980 ist das Einkaufszentrum Sunnemärt in Bremgarten eröffnet worden. Hanspeter Seiler hat seit Beginn für Ordnung und für das reibungslose Funktionieren der Infrastruktur gesorgt. Mit den Einschränkungen wegen des Coronavirus ist es nun ein denkwürdiger Abschied geworden.
André Widmer
Seine Frau wurde offiziell mit 64 im November pensioniert, arbeitete aber auch noch weiter, damit sie beide gleichzeitig in den Ruhestand gehen konnten. Auch sie half tatkräftig im Einkaufszentrum Sunnemärt und in den dazugehörenden Wohninfrastrukturen mit. Seit Freitag ist nun auch Hanspeter Seiler in Pension – nach knapp 40 Jahren als Leiter des Technischen Dienstes.
Als gute Seele des Einkaufszentrums startete Hanspeter Seiler bereits am 1. Juli 1980 – zwei Monate vor der Eröffnung – mit seiner Arbeit. «Wir sind voll in die Baustelle hineingezogen», erinnert er sich. Denn er und seine Frau bezogen eine der Wohnungen über dem Einkaufszentrum, das zu jener Zeit noch nicht vollständig erstellt war. Seiler konnte so bei den letzten Vorbereitungen als Leiter des Technischen Dienstes mitarbeiten, kannte die Infrastruktur und ihre Funktionsweisen von der Pike auf. «Vor und bei der Eröffnung war es recht stressig.» In den Jahren danach waren für ihn und den «Sunnemärt» mehrere wichtige Etappen zu verzeichnen: 2005 die Erweiterung des Parkhauses und des Coop-Supermarktes. «Das war ein ziemlich grosser Umbau», so Hanspeter Seiler. 2014 folgte im Innern des Zentrums ein «Facelifting», bei dem beispielsweise die Decken neu gestaltet und die Wände neu gestrichen wurden.
Der Mann für alle Fälle
Hanspeter Seiler hatte als Leiter des Technischen Dienstes ein sehr grosses Aufgabengebiet abzudecken. Natürlich zusammen mit seinem Team, das neben seiner Frau Alice auch aus seinem Stellvertreter und Nachfolger Heinz Schneider bestand. Zuständig war Seiler für sämtliche technischen Anlagen, die Wartung von Heizung, Lüftung, den Unterhalt von Lift und Brandmeldeanlagen, aber auch für die Hauswartung des Teils mit 40 Einheiten von Wohnungen, Büros und Praxen, der WCs, der Abfalleimer. Viele Kleinreparaturen hatte Seiler zu machen, dazu kamen die ganzen Umgebungsarbeiten und die Mitarbeit bei Übergaben von Ladenlokalen. Und weil auch Promotionen, Ausstellungen, Verkaufsaktivitäten oder soziale Aktionen in der Mall über ihn abgewickelt wurden, war er quasi auch Eventmanager. «Ein Stück weit schon», bestätigt er. Märtplatzanlässe habe es früher aber mehr gegeben. Beeindruckend war für ihn jeweils, wenn der Rigimarsch im Zentrum den Start hatte. Alice Seiler ihrerseits hatte auch viel zu tun, arbeitete bei der Reinigung der Treppenhäuser des Wohnungsteils, der Waschküche und im Sunnemärt. Nicht immer einfach war die Bewirtschaftung der Parkplätze, weil gewisse Leute versuchten, diese für ihre Autos als Abstellplatz zum Bahnhof zu missbrauchen. Hanspeter Seiler hat nun auch mathematisch Bilanz gezogen: In den 39 Jahren und 9 Monaten seiner «Amtszeit» seien es bei drei Abfallcontainerleerungen total 7430 Container gewesen – bei 1,2 Meter Länge aneinandergereiht eine Distanz vom Sunnemärt über den Mutschellen bis ungefähr Reppischhof.
Berührende Erlebnisse
In den rund vier Dekaden im Sunnemärt erlebten Seilers viel. Der Ladenmix änderte sich im Laufe der Jahre. Die Ladenlokale wurden grösser und die Anzahl der Geschäfte weniger. «Viele Geschäfte kamen und gingen», bilanziert Hanspeter Seiler. Vom Anbeginn sei praktisch keiner mehr hier. «Es gab auch schwierigere Fälle wie Konkurse.» Dann auch nicht immer einfache Wohnungsmieter. Berührend für ihn auch das Schicksal eines Geschäftsbetreibers, der in eine Spirale geriet. «Wir haben ihn auch privat gekannt. Wir konnten ihm nicht helfen, sahen, wie es abwärts ging.» Schöne Erfahrungen waren hingegen die zahlreichen Kontakte mit dem Personal der verschiedenen Geschäfte. «Es ist ein kleines Center, man kennt sich. Leute machten ihre Lehre hier und kamen später als Teilzeiter wieder zurück.» Auch sei der Sunnemärt ein Treffpunkt für gewisse Leute. Wenn einer nicht komme, stimme etwas nicht, meint Hanspeter Seiler.
Abschlussapéro muss warten
Die letzten Tage hat Hanspeter Seiler sich wohl nicht so vorgestellt. Doch die Massnahmen um die Coronavirus-Epidemie zwingen auch das Einkaufszentrum Sunnemärt zu besonderen Vorkehrungen. Nur fünf Mieter dürfen aufgrund der behördlichen Vorgaben noch öffnen. Es bilden sich Warteschlangen. Es ist ein etwas trauriger Anblick in der Mall. «Es ist merkwürdig, aufzuhören in dieser Situation», meint Alice Seiler. «Zum Adieusagen würde eigentlich ein Händedruck gehören», sagt Hanspeter Seiler. Das könne man aber nachholen, meinen sie, wie auch den geplanten Abschiedsapéro, der nun verschoben ist. Auch die Ferienreise zur Pension muss nun natürlich warten. «Es gibt Schlimmeres», so Seiler.
Weil die Mietwohnung keine Dienstwohnung ist, wird der Sunnemärt auch künftig das Zuhause von Alice und Hanspeter Seiler sein. Der Standort sei auch aufs Alter ideal. Das Einkaufen quasi im Haus und der Bahnhof gleich um die Ecke. «Wir sind nicht von der Welt, bleiben gerne hier.» Langweilig wird es dem Ehepaar kaum werden. Da ist einerseits die Familie. Und während Alice Seiler sich vermehrt der Malerei widmen kann, wird Ehemann Hanspeter als gelernter Schreiner das Schrauben in seiner Hobbywerkstatt nicht lassen. Und er ergänzt: «Der Töff steht im Keller.»