«Transparenz sieht anders aus»
14.01.2020 EinwohnerratStart in die zweite Hälfte der Legislaturperiode am kommenden Montag, 18 Uhr, im Casino
Die Besetzung der beiden Präsidien und zwei Ratsmitglieder sind neu im Einwohnerrat. Eines bleibt aber offenbar gleich: die unterschiedlichen Ansichten über die Finanzen ...
Start in die zweite Hälfte der Legislaturperiode am kommenden Montag, 18 Uhr, im Casino
Die Besetzung der beiden Präsidien und zwei Ratsmitglieder sind neu im Einwohnerrat. Eines bleibt aber offenbar gleich: die unterschiedlichen Ansichten über die Finanzen der Gemeinde, die bei der beantragten Erhöhung des Stellenetats auch eine Rolle spielen. Hinzu kommt aktuell die mangelhafte Kommunikation des Gemeinderates.
Daniel Marti
Halbzeit im Dorfparlament bedeutet neue Besetzungen der Präsidien. Meinrad Meyer (CVP) ist neuerdings höchster Wohler, Peter Christen (SVP) sitzt der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission vor. Dies wird an der ersten Sitzung des Einwohnerrates mit einem Apéro noch ein bisschen gefeiert – allerdings erst nach getaner Arbeit.
Auf der Traktandenliste der ersten Sitzung nach dem Führungswechsel (siehe Kasten) stehen zwei zukunftsweisende Geschäfte: die Erhöhung des Stellenplanes um 360 Prozent und der Projektierungskredit für die Sanierung des Lehrschwimmbeckens im Schulzentrum Bünzmatt.
«Was sich hier der Gemeinderat wieder leistet …»
Vor allem der Antrag für die Stellenerhöhungen der Abteilungen Steueramt, Soziale Dienste sowie Planung, Bau und Umwelt steht im Fokus. Die Notwendigkeit von 360 Stellenprozent ist vom Gemeinderat zwar präzis dargelegt, aber die Art und Weise der Kommunikation gab sehr zu reden. Zwei Tage nach der Budgetsitzung im Einwohnerrat flatterte die Vorlage auf die Tische der Parlamentsmitglieder – ohne ein Wort darüber an der Einwohnerratssitzung zu verlieren. Der Gemeinderat verwies zwar auf den aktuellen Finanzplan, musste aber an diversen Fronten Kritik einstecken. Diese «Nichtkommunikation» an der Budgetsitzung verärgerte viele – und darunter könnte sogar das eigentliche Geschäft, die Stellenerhöhungen, leiden.
Vor allem die bürgerliche Seite des Rates, die bei Finanzangelegenheiten dem Gemeinderat regelmässig kritisch gegenübersteht, bringt ihre Bedenken an. Der Präsident der FDP Wohlen, Thomas Hoffmann, verweist beispielsweise auf das Legislaturprogramm des Gemeinderates. Da steht: «Die Kommunikation, intern und extern, der Gemeinde Wohlen ist transparent, aktuell und umfassend. Sie erfolgt mit hoher Relevanz und entspricht den Anforderungen der jeweiligen Zielgruppen.»
Darum ist für ihn die Kommunikation für die Stellenerhöhung nicht akzeptabel. Hoffmann: «Was sich hier der Gemeinderat Wohlen wieder leistet, ist alles andere, als er sich im Legislaturprogramm selber auferlegt hat.» Es sei korrekt, so Hoffmann weiter, dass der Gemeinderat eine Infoveranstaltung durchgeführt habe und dass die allfälligen zusätzlichen Stellen im Finanzplan aufgeführt sind. Beides sei aber nur zur Kenntnisnahme und eine Planung «ist somit nicht rechtlich verbindlich».
Und Hoffmann weiter: «Eine transparente, aktuelle und umfassende Kommunikation sieht aus meiner Sicht anders aus. Mindestens eine Erwähnung, als der Stellenplan besprochen wurde, wäre aus meiner Sicht angebracht gewesen. Aber in Sachen Finanzen hat der jetzige Gemeinderat aus meiner Sicht noch nie ein gutes Händchen bewiesen.»
Störend und unverständlich
Die Nichtkommunikation sei «störend» und für viele Einwohnerräte und auch für viele Einwohner «unverständlich». Berichte und Anträge, die den Stellenplan betreffen, «gehören aus meiner Sicht vor einer Budgetsitzung versandt und nicht unmittelbar nachher». Der FDP-Präsident macht erneut deutlich, dass, solange die längst fällige Motion AHA noch nicht umgesetzt sei, er sich gegen weitere Steuerfusserhöhungen oder gebundene Zusatzkosten der Gemeinde einsetzen werde. «Ausser es sind notwendige Investitionen.»
Die 360 Stellenprozent machen jährlich über 430 000 Franken aus. Die Motion AHA tritt für einen ausgeglichenen Haushalt bei den Gemeindefinanzen ein, und sie wird im August fünf Jahre alt sein. Ein Bericht dazu ist also schon seit Jahren überfällig.
SVP befürchtet Absprache des Ammanns mit eigener Partei
Über die Nichtkommunikation will sich SVP-Einwohnerrat Peter Christen dagegen nicht gross auslassen. Grundsätzlich sei er nicht überrascht, dass diese 360 Stellenprozent jetzt beantragt werden. Beim Stellenetat der Gemeindeverwaltung sei im Finanzplan 2020 bis 2029 der Bedarf ausgewiesen. Ihn stört eine andere Sache noch viel mehr. «Interessant ist, dass knapp davor eine Anfrage der SP an den Gemeinderat gestartet wurde, die genau dieses Thema aufgreift.» Mit dem politischen Vorstoss wird genau dieser Stellenetat der Gemeindeverwaltung thematisiert, notabene eine knappe Woche vor der Präsentation der Vorlage. «Hier scheint eine gewisse Absprache oder Beeinflussung der SP-Fraktion durch den Gemeindeammann stattzufinden», spekuliert und kritisiert er.
Auch kritische Töne aus der CVP
Vorlage und Vorstoss sind dermassen ähnlich, dass man davon ausgehen darf, dass die Ratslinke die Stellenerhöhungen des Gemeinderates durchwinken wird. Und was macht die Ratsmitte? Auch aus der CVP sind kritische Stimmen zu vernehmen. Womit der Vorlage der Absturz droht. Christen ist nun gespannt auf die Fraktionssitzung der SVP, die noch ansteht. Er gibt den Tarif bekannt: «Selbstverständlich stehen wir jeder Aufstockung des Verwaltungsapparates der Gemeinde Wohlen kritisch gegenüber und werden die Kosten-Nutzen-Bilanz dieser Vorlage sehr genau gegeneinander abwägen und danach entsprechend abstimmen.»
Die Vorlage betreffend Erhöhung des Stellenplanes für die drei Abteilungen wird es also am kommenden Montag nicht leicht haben. Die (zu) spärliche Kommunikation des Gemeinderates und die Notwendigkeit werden auf dem Prüfstand stehen.
Lehrschwimmbecken: Betrieb für weitere 20 Jahre sichern
Einfacher ist die Ausgangslage beim Projektierungskredit für die Sanierung des Lehrschwimmbeckens Bünzmatt. 14 500 Franken sind beantragt. Die Notwendigkeit ist wohl unbestritten. Ohne eine grundlegende Sanierung der Badwassertechnik müsste das Lehrschwimmbecken geschlossen werden, schreibt der Gemeinderat in Bericht und Antrag.
Das Becken wurde 1966 in Betrieb genommen und im Jahr 2007 wurden dringend notwendige Revisionen ausgeführt. Nun ist eine umfassende Sanierung unumgänglich. Der Gemeinderat möchte im Februar ein Generalplanerteam mit den Planungsarbeiten beauftragen. Für die Sanierung des Schwimmbeckens sind im aktuellen Finanzplan 1,5 Millionen Franken vorgesehen. Der Kredit für die Ausführung des Projekts soll im zweiten Quartal 2021 dem Einwohnerrat vorgelegt werden. Nach der umfassenden Sanierung soll dann das Bad laut Gemeinderat und Schulpflege für weitere 20 Jahre genutzt werden können. «Die Lernziele der Schule können so weiterhin gewährleistet werden», heisst es in Bericht und Antrag.
Die Traktandenliste
1. Eingänge. – 2. Inpflichtnahmen Monika Alder, SVP, und Dieter Stäger, FDP. – 3. Ersatzwahl Mitglied der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. – 4. Bericht und Antrag Verwaltungsrat IB Wohlen AG, Wahlvorschläge. – 5. Bericht und Antrag Erhöhung Stellenplan um 360 Stellenprozent. – 6. Bericht und Antrag Schulzentrum Bünzmatt, Sanierung Badwassertechnik Lehrschwimmbecken, Verpf lichtungskredit für Projektierung. – 7. Antwort Anfrage Sistierung der 5G-Baugesuche in der Gemeinde. – 8. Antwort Anfrage Verzögerungen bei laufenden und bevorstehenden Projekten der Gemeinde aufgrund der Rückweisung des Budgets 2020. – 9. Motion Unterzeichnung der Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor (Gemeinderat nimmt Motion entgegen). – 10. Motion Durchführung Einbürgerungsgespräche durch Mitglieder der Einbürgerungskommission (Gemeinderat ist bereit, Motion als Postulat entgegenzunehmen).