Entfesselte Jugend
24.12.2019 BoswilJugendsinfonieorchester Aargau spielt in Boswil
Am Sonntag, 5. Januar, 11 Uhr, macht das Jugendsinfonieorchester Aargau auf seiner neuen Tournee halt in Boswil. Und dies getreu nach den Worten des Dichters Friedrich Hölderlin: «Das gibt dem Menschen seine ganze ...
Jugendsinfonieorchester Aargau spielt in Boswil
Am Sonntag, 5. Januar, 11 Uhr, macht das Jugendsinfonieorchester Aargau auf seiner neuen Tournee halt in Boswil. Und dies getreu nach den Worten des Dichters Friedrich Hölderlin: «Das gibt dem Menschen seine ganze Jugend, dass er Fesseln zerreisst.»
Ludwig van Beethovens «Leonore», Kurt Weills «Eliza Eliott» und Richard Strauss’ sterbende Menschen sind gefangen in ihren Fesseln, körperlich, geistig und emotional. Im Song «Unleashed» von Epica geht es um finale Selbstfindung: «When will I be unleashed? It’s not the way it should be. Yearning again only to be myself. When I’m free.» Die drei Figuren befreien sich: ein Verwandlungsprozess, der Komponistinnen und Komponisten in seiner Intensität und Unausweichlichkeit seit jeher zu existenziellen Umsetzungen inspiriert hat.
Und ist nicht das Leben – im Idealfall – ein fortwährender, einziger Houdini-Akt? Leonore ist auf radikaler Rettungsmission: Ihr Mann Florestan ist aus politischen Gründen inhaftiert und wartet auf seine Exekution. Beethovens «Fidelio», vielleicht das grossartigste Beispiel der Gattung Befreiungsoper, funktioniert auf zwei Ebenen. Die individuelle Befreiungsaktion steht sinnbildlich für die gesellschaftliche Entfesselung im Sinne der Ideale der französischen Revolution.
Eliza Eliott will sich mittels Psychoanalyse von belastenden persönlichen Erfahrungen befreien. 1941 von Weill vertont und von Ira Gershwin getextet, greift das Broadway-Musical ein für die damalige Zeit hochaktuelles Thema auf. Die psychologische Gesundung der Hauptfigur ist in vier Traumsequenzen gespiegelt und kulminiert in einem buchstäblich entfesselten Song – «My Ship». Eliza ist befreit und hat sich selbst wiedergefunden.
«... die Todesstunde naht, die Seele verlässt den Körper, um im ewigen Weltenraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was es hienieden nicht erfüllen konnte.» Es ist die grosse, endgültige Befreiung, die Strauss in seinem ehrgeizig-dramatischen Wurf «Tod und Verklärung» beschreibt.
Klanglich luxuriös und überirdisch schön: Hier erscheint der Tod als Übergang in einen paradiesischen Zustand, wo alle Fesseln fallen und der Mensch seine letzte Erfüllung findet. Anders ausgedrückt: Das Leben ist ein grosser Umweg: von c-Moll nach C-Dur.
Weitere Konzerte finden am Samstag, 4. Januar, 19 Uhr, im Kultur- und Kongresshaus in Aarau, am Freitag, 10. Januar, 19.30 Uhr, im Kunsthaus Zürich und am Sonntag, 12. Januar, 16 Uhr, in der Aula Margeläcker in Wettingen statt. --red
Vorverkauf: www.kulturticket.ch, vorverkauf@kuenstlerhausboswil.ch, oder Telefon 056 666 12 85.