Unterwegs getötet

  26.07.2019 Bremgarten

In der Stadt Bremgarten wurden zwölf Frauen und ein Mann als Hexen verurteilt und getötet. Der Historiker Fridolin Kurmann hat den Fall des einzigen Hexers für diese Zeitung transkribiert. Der tragische Fall aus Rudolfstetten.


Der Hexer

Hexenverbrennungen im Freiamt (Teil 5): Ein Fall aus Rudolfstetten

Im späten Mittelalter wurden unschuldige Frauen als Hexen denunziert. In der Stadt Bremgarten wurden zwölf Frauen und ein Mann verurteilt und verbrannt. Dies ist die Geschichte von Hans Heinrich Huber.

Chantal Gisler

Ein schmerzerfüllter Schrei hallt durch die Gassen von Bremgarten. Es sind die letzten Minuten von Hans Heinrich Huber. Am 31. Juli 1642 wird der Gefangene vom Gefängnis zum Scheiterhaufen geführt. In den offiziellen Akten aus dem Stadtarchiv ist vermerkt, dass ihm drei Griffe zugeführt werden. «Vermutlich mit glühenden Zangen», sagt der Bremgarter Historiker Fridolin Kurmann. Torturen wie diese waren auf dem Weg zum Scheiterhaufen nicht ungewöhnlich. Denn Hans Heinrich Huber soll ein Hexer sein. Er soll sich mit dem Teufel verbündet und im ganzen Aargau Tiere verhext und Gewitter erschaffen haben. Ebenso soll er am Hexensabbat, an einer Zusammenkunft der Hexen teilgenommen haben.

Nun droht ihm die Todesstrafe. Verbrennen auf dem Scheiterhaufen – bei lebendigem Leib. Hexenverbrennungen waren damals grausame Spektakel. Einmal als Hexe oder Hexer denunziert, verloren diese Menschen ihre Würde. Sie wurden wie Abschaum behandelt. So auch Hans Heinrich Huber.

Tod vor dem Scheiterhaufen

Nach dem dritten Kniff mit den glühenden Zangen hört Hans Heinrich Hubers Herz auf zu schlagen. Er ist tot, noch bevor er den Scheiterhaufen erreicht. Dort, wo er eigentlich lebendig hätte verbrennen sollen. Woran genau er gestorben ist, ist nicht im Protokoll vermerkt. Aber: «Die Menschen sind damals grausam mit Hexen und Hexern umgegangen», weiss Kurmann. Viele waren nach der Folter im Gefängnis mehr tot als lebendig. Essen und Wasser wurde ihnen oft verwehrt.

Mit angeblichen Hexern ging man teilweise noch brutaler um als mit üblichen Gefangenen. Denn die Menschen waren enttäuscht vom «starken» Geschlecht. Männer sollten die Willenskraft haben, sich vom Teufel fernzuhalten und ihm zu widerstehen. Frauen hingegen sollen anfälliger für das «Böse» gewesen sein. Willensschwache Wesen, die sich schnell überzeugen lassen, sich von Gott abzuwenden – so heisst es in historischen Schriften.

Zwölf Menschen verraten

Hans Heinrich Huber gesteht, dass ihm vor 15 Jahren der Teufel begegnet ist. Meister Henslin nannte er sich. Er erschien ihm in Form eines Hauptmannes, der ihn fragte, ob Huber Lust habe, im Krieg zu dienen. Huber sagte Ja und der Teufel gab ihm wie vereinbart einen Taler. «Das war damals die klassische Art, einen Handel abzuschliessen», erklärt der Bremgarter Historiker. Fünf Jahre hatte Hans Heinrich Huber Ruhe. Dann nahm er laut eigener Aussage an einem Tanz im zugerischen Cham teil. Einem Hexensabbat. «Diese Information war für die Bremgarter besonders wichtig», so Kurmann. «Denn jetzt konnte man den Hexer zwingen, die Namen der anderen Hexen preiszugeben. Notfalls auch mit Folter.»

Insgesamt zwölf Menschen verrät Hans Heinrich Huber. Männer, Frauen und Kinder. So auch die Frau und die Tochter, die Schneider mit Nachnamen heissen. Nach der Folter widerruft er diese beiden Namen. Doch er wird erneut gefoltert, bis er gesteht, dass sie «seinesgleichen» sind. Was aus diesen Menschen wurde, ist unklar. Aber man kann davon ausgehen, dass auch sie verfolgt wurden. Durch die erzwungene Aussage von Hans Heinrich Huber.

Wochenlanges Märtyrium

Fast zwei Wochen wird Hans Heinrich Huber festgehalten, verhört und gefoltert. Dann wird er zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Trotz seines Todes auf dem Weg zum Scheiterhaufen bleibt ihm dieser nicht erspart. Der Hexer muss weg. Er wird verbrannt, bis nur noch seine Asche übrig bleibt.

Die Informationen zu diesem Fall stammen aus dem Turmbuch im Stadtarchiv Bremgarten. Der Historiker Fridolin Kurmann hat diese alten Schriften für diese Zeitung transkribiert.

Bildquelle: http://www.pixelio.de / A. Dreher


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