Sehr gute Erinnerungen
30.07.2019 Künten«Was wurde aus»: Josef Wendel und Herbert Keller waren beim Umzug der Firma Birchmeier von Künten nach Stetten dabei
Mitten in Künten steht ein altes Industriegebäude. Wo heute verschiedenes Kleingewerbe wirkt, war über 120 Jahre die Firma ...
«Was wurde aus»: Josef Wendel und Herbert Keller waren beim Umzug der Firma Birchmeier von Künten nach Stetten dabei
Mitten in Künten steht ein altes Industriegebäude. Wo heute verschiedenes Kleingewerbe wirkt, war über 120 Jahre die Firma Birchmeier einquartiert. 1997 zog der für die Region wichtige Arbeitgeber samt Belegschaft nach Stetten.
Roger Wetli
Bei einem Spaziergang mit den pensionierten Mitarbeitern Josef Wendel und Herbert Keller kommen Erinnerungen hoch. «In dieser Wohnung da oben bin ich aufgewachsen», zeigt Wendel zur ehemaligen Abwartswohnung. «In diesem Raum da oben war ich im Büro. Und hier haben wir die Waren für den Abtransport bereitgestellt», ergänzt Keller. Eine alte Sprühflasche wird entdeckt. Die Augen der beiden glänzen. Ein Foto wird gemacht. Vor den geistigen Augen entstehen Bilder aus alten Tagen. Ein wenig Wehmut steigt auf. Auch wenn die Industriebauten heute rege genutzt werden und einen unvergleichlichen Charme ausstrahlen. Umgezogen sind die Angestellten damals ganz gerne.
Einst 280 Angestellte
«Wir waren damals sehr froh», blicken die beiden Künter zurück. Josef Wendel arbeitete von 1956 bis 2005 in verschiedenen Funktionen in der Firma. Als Abwartssohn ist er quasi in die Birchmeier hineingeboren worden. Auch Herbert Keller bringt es von 1966 bis 2008 auf über 40 Jahre. «Um 1969 arbeiteten hier 189 Personen», so Keller. «In den besten Tagen waren es wohl gegen 280. Vor dem Zügeltermin 80 und danach noch 50.» Das Traditionsunternehmen begann 1876 als Metallwaren- und Lampenfabrik. Bereits 13 Jahre später wurden die ersten Rebenspritzen entwickelt. Diese waren mit der Einschleppung des Mehltaus nach Europa und den katastrophalen Folgen für den Rebbau sehr gefragt und entwickelten sich zum Hauptgeschäft. «Die Firma war lange eine Goldgrube», weiss Josef Keller.
In den letzten sieben, acht Jahren vor dem Umzug wurden verschiedene Zweige abgebaut, das Personal aber behalten. Ins Gebäude wurde fast nichts mehr investiert. Auch die Heizung funktionierte nicht mehr richtig. Zudem gab es lange Wege zwischen den einzelnen Produktionsschritten. «Gewisse Räume wurden bereits vor dem Umzug nicht mehr genutzt», weiss Josef Wendel.
Namen behalten
1997 wurde die Firma von Bernhard Galliker gekauft. Dieser hatte bereits mehrere Firmen erfolgreich saniert. «Da die Birchmeier weltweit einen guten Ruf hatte, wollte er den Namen unbedingt behalten», weiss Josef Wendel. Deshalb hängte er das Wort «Sprühtechnik» an den Namen an. Zur gleichen Zeit meldete in Stetten die Küchenfabrik Belinox Konkurs an. Deren neuere Gebäude kaufte die Franke AG in Aarburg. «Es ging dann sehr schnell», erinnert sich Keller. «Galliker schloss einen Mietvertrag mit der Franke. Dieser gilt bis heute.»
Besitzer fuhr selber Lastwagen
Umgezogen wurde im November 1997. «Ich habe alleine über 2000 Artikel am neuen Ort eingeordnet», so Keller. Für den ganzen Umzug waren etwa 90 Lastwagenfuhren nötig. «Galliker besass die entsprechende Prüfung und ist zusammen mit unserem Lastwagenchauffeur selber gefahren», ergänzt Wendel. Das Ganze dauerte rund eine Woche. Wobei die schweren Maschinen an drei Nachmittagen nach Stetten gefahren wurden.
«Es war sehr gut organisiert. Jeder hat geholfen. Und es fand ohne Unterbrechung des Telefons und der Bestellungen statt», weiss Josef Wendel. «Das Dorf hat den Umzug bedauert, hatte aber Verständnis dafür. Die Angestellten selber freuten sich darauf.» Am neuen Ort sei es ein ganz anderes Arbeiten gewesen. Und Herbert Keller ergänzt: «Man konnte am neuen Ort für die Transporte rund einen Drittel der Zeit einsparen. Es war plötzlich alles auf einer Ebene und besser organisiert.»
Strenger, aber fairer Chef
Rund um den Umzug wurde die Belegschaft von über 80 auf unter 50 Personen abgebaut. «Bernhard Galliker war ein sehr strenger, aber ehrlicher und fairer Chef. Er hat den Betrieb gestrafft und Leerläufe abgebaut», zollen beide dem damaligen Firmeninhaber Respekt. «War Not am Mann, hat er ein Übergewand angezogen und in der Produktion mitgearbeitet.» Und es ging mit dem Betrieb wieder aufwärts. «Diejenigen, die bleiben konnten, waren froh, dass die Firma nicht kaputtging», so Wendel. «Nach dem Umzug fuhren noch viele Kunden für Reparaturen nach Künten und kamen dann nach Stetten.»
Die Gebäude in Künten standen danach leer. Sie gehörten der alten Firma Birchmeier, die schliesslich 1999 Konkurs anmeldete. Die Immobilie wurde verkauft. Die neuen Besitzer investierten wieder in das Areal und vermieteten es bald an verschiedene Gewerbetreibende. «Das ist sehr positiv», so Wendel. «Die eine Fassade hat in etwa wieder das gleiche Grün wie früher. Zudem gibt es auch Wohnungen darin.» Die beiden Künter laufen nicht mehr oft durch das alte Fabrikgebäude. Dagegen besuchen sie immer wieder ihre alten Kameraden in Stetten und nehmen auch an den Firmenfesten teil. Auch zur heutigen Geschäftsleitung haben sie eine sehr gute Beziehung. «Der Umzug war schlicht nötig und gut», fassen sie zusammen.



