Im Kopf und in den Genen
30.07.2019 BremgartenBeller – ein spezieller Laden
Bei Beller Eisenwaren findet man an die 55 000 Artikel. «Wir haben unser ganzes Sortiment im Kopf», sagten Rolf und Monika Beller, welche das Geschäft in dritter Generation führen. «Oder in den Genen.» Lachend ...
Beller – ein spezieller Laden
Bei Beller Eisenwaren findet man an die 55 000 Artikel. «Wir haben unser ganzes Sortiment im Kopf», sagten Rolf und Monika Beller, welche das Geschäft in dritter Generation führen. «Oder in den Genen.» Lachend verraten sie ihre Geschäftsphilosophie: «Wir haben alles. Und alles, was wir nicht haben, brauchen Sie nicht.» Und tatsächlich findet man am Eingang zur Altstadt, rechts nach dem Spittelturm, wirklich fast alles. 1921 wurde das Geschäft gegründet. Die Kundschaft hat sich seither geändert. Geblieben sind das riesige Angebot und die gute Beratung. --red
Dritte Generation am Werk
«In der Nische»: Beller Eisenwaren in Bremgarten
Schrauben aller Art, Werkzeuge, Gartenartikel, Schlüssel, Container oder Haushaltartikel sind einige der 55 000 Artikel, welche Monika und Rolf Beller in ihrem Geschäft verkaufen. Zusätzlich bieten sie auch Dienstleistungen an wie einen Schleif- oder Gravurservice.
Bernadette Oswald
Ein Kunde verlangt einen Dübel. Der nächste holt seinen nach Mass bestellten Gartenschlauch ab. Ein Mann braucht Rat wegen eines abgebrochenen Schlüssels und eine Kundin will ein Namensschild gravieren lassen. Bereits nach wenigen Minuten im Laden ist klar, hier wird eine breite Palette an Kundenwünschen erfüllt. «Wir haben unser ganzes Sortiment im Kopf», erklären Monika und Rolf Beller. «Oder im Gen», ergänzt der Inhaber in dritter Generation. Lachend verraten die Geschäftsleute ihre Firmenphilosophie: «Wir haben alles und alles, was wir nicht haben, brauchen Sie nicht.» Aber natürlich könnten alle nicht vorrätigen Artikel jederzeit kurzfristig bestellt werden.
Schicksalsjahr 1991
1921 eröffneten die Grosseltern Elise und Richard Beller an der damaligen Poststrasse (heute Rechengasse) ihre Eisenwarenhandlung. Einige Jahre später konnte das Geschäft dank dem Kauf des Nachbarhauses vergrössert werden. Nach dem frühen Tod von Richard Beller 1932 übernahmen sein Sohn Richard und Ehefrau Hilda das Geschäft. Der Geschäftsinhaber war auch diplomierter Pilzkontrolleur. Rolf Beller, der zusammen mit seinem Bruder Richard über dem Laden aufgewachsen ist, erinnert sich, wie die Leute jeweils am Samstag Schlange standen, um ihre Pilze kontrollieren zu lassen. «Das war dem Vater manchmal fast zu viel, denn er wurde ja im Geschäft gebraucht.» Auch die Buben waren bald Pilzkenner, denn sie gingen jeden Sonntag mit dem Vater zum Sammeln in den Wald. Dieser starb 1987, worauf der dritte Richard Beller Geschäftsinhaber wurde. Rolf Beller arbeitete damals als Angestellter mit.
«1991 starb mein Bruder und ich übernahm das Geschäft. Sechs Wochen später hatte ich einen schweren Töffunfall. Danach war ich über drei Jahre arbeitsunfähig», schaut Rolf Beller zurück. Deshalb entschloss sich seine Partnerin Monika, ihren Beruf in der Textilbranche aufzugeben und ins Geschäft einzusteigen. «Das war für mich totales Neuland. Ich musste alles von der Pike auf lernen. Am Abend war ich jeweils völlig geschafft», erzählt sie. Zur Seite standen ihr die Mutter Hilda Beller und ein Angestellter.
Das sei eine wahnsinnige Zeit gewesen, die sie alle letztlich gut überstanden haben. «Dank dem Einsatz meiner Frau konnte das Geschäft gerettet werden», betont Rolf Beller. Mutter Hilda arbeitete bis ins 90. Altersjahr mit. Sie wohnte bis zu ihrem Tod vor einem Jahr in der Wohnung über dem Laden. «Wir hatten sie immer bei uns», sagt Monika Beller.
«Darin sind wir stark»
«Die Kundschaft hat sich im Laufe der Jahre verändert. Früher waren die Bauern mit ihren Landwirtschaftssachen ein wichtiges Standbein. Heute ist zum Beispiel das riesige Grillangebot nebst Gasdepot ein erfolgreicher Geschäftszweig», geben Bellers weiter Auskunft. Wünscht der Kunde einen Grill, bekommt er Beratung zu allen Modellen von A bis Z. Nach der Wahl wird der Grill montiert, geliefert, alte Modelle werden mitgenommen und umweltgerecht entsorgt. «Wenn irgendetwas ist, sind wir auch anschliessend mit Reparaturen, Ersatzteilen und weiterer Beratung für den Käufer da. Darin sind wir stark.»
Ein wichtiges Standbein ist auch die Montage von mechanischen Schliessanlagen in Einfamilienhäusern bis zu ganzen Überbauungen. Rolf Beller erstellt dafür mit dem Architekten oder Bauleiter einen Schliessplan und nimmt die genauen Masse auf. «Da muss alles passen, von der Wohnungstüren und dem Garagentor bis zum Keller, Briefkasten oder Lift», weiss der Fachmann. Das sei eine interessante und anspruchsvolle Arbeit, die er gerne mache. Ausserdem gehe auch hier der Kundenkontakt oft weiter, denn viele Leute würden Schlüssel nachbestellen. «Die einen Schlüssel machen wir selber und fertigen anhand des Schlosses auch solche an, die es gar nicht mehr gibt. Andere bestellen wir.» Frei Haus geliefert werden auch verzinkte Kippcontainer oder solche für die Grünabfuhr. Auf Wunsch wird ein Schloss installiert, passend zum Hausschlüssel. Das sei sehr gefragt.
Reisen in alle Welt
«Vor ein paar Jahren wollte ein Kunde erstmals einen Rasenmäher-Roboter.» Mitarbeiter Stefan Keller sei mit der Programmierung der Roboter und der Verlegung der Schranken sozusagen ins kalte Wasser gesprungen und es habe sofort geklappt. Seither hat Beller auch diese Dienstleistung im Angebot. Stefan Keller ist seit 19 Jahren im Team. «Mir gefällt hier die Vielseitigkeit, das ist interessant. Kein Tag ist wie der andere», fasst er seine Arbeit zusammen. «Wir schätzen Stefan Keller sehr. Er ist handwerklich sehr begabt. Wir ergänzen uns gut», loben die Patrons. Jeder habe seinen Bereich. So ist zum Beispiel Monika Beller nebst ihrem täglichen Einsatz im Laden auch zuständig für die Bestellungen und alle Büroarbeiten. «Wir machen sehr viel auf Rechnung, denn zu unserer Kundschaft zählen auch Abwarte von Schulhäusern, Bauämter und diverse Firmen.»
Als Ausgleich zum Geschäftsleben reist das Ehepaar in den Betriebsferien im Februar und September gerne und viel. «Wir waren schon auf den Malediven, in Asien und Afrika.»
Serie «In der Nische»
Der Druck ist gross. Seitens der Grossverteiler und immer mehr auch seitens des Internets. Aber nichtsdestotrotz, es gibt sie, die kleinen Läden mit ganz speziellem Sortiment. Sie bewegen sich in einer Nische. In dieser Serie stellen wir einige davon vor. Bisher erschienen:
Barfstube, Waltenschwil (Ausgabe 55), Teehaus Jacaranda, Wohlen (Ausgabe 56), «eimalig» Bünzen (Ausgabe 57). Reitshop «Mustang» Wohlen (Ausgabe 58). «Duschmödeli» in Zufikon (Ausgabe 59).



